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Jede Tagesetappe tippt Willi Schwoll sofort in sein Notebook. [Foto: bwp]

Wander-Autor Willi Schwoll: „Mein Rucksack ist immer gepackt!“

Umland: Seit Kindertagen ist er stets zu Fuß unterwegs: Mit einem alten Diktiergerät aus seiner ehemaligen Kanzlei machte sich Willi Schwoll von Aachen aus auf den Weg und wanderte diesmal durch das Hohe Venn, die luxemburgische Schweiz bis nach Luxemburg. Seine Erlebnisse und Beobachtungen hielt der Berliner Jurist und Autor in einer liebens- und lesenswerten Reisebeschreibung fest. „Wandern von Aachen nach Luxemburg – Eine Reise in 11 Etappen“ heißt sein dritter Wanderführer. Zuvor hatte er die Bände „Wandern auf dem Matthiasweg – 11 Etappen von Aachen nach Trier“ und „Wandern von Koblenz nach Aachen in elf Etappen“ veröffentlicht.

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Die Bronzestatue des Hauptmanns von Köpenick inspirierte Willi Schwoll zu seinem dritten Wanderführer. [Foto: Willi Schwoll]

Bevor der mittlerweile 75-Jährige auf Schusters Rappen seine Fußreisen beginnt, bereitet er sich im Vorfeld kulturell auf die jeweilige Region vor. Geschichtliche Fundgruben sind für ihn dabei auch alte Reiseführer, die bereits vor dem Ersten Weltkrieg erschienen. „Anschließend überprüfe ich vor Ort die einzelnen Infos“, meint er mit einem verschmitzten Lächeln. Impuls für seine dritte „Wegbeschreibung“ war ein Erlebnis in Berlin-Köpenick. Als ebenfalls studierter Germanist und Publizist kannte der Anwalt Willi Schwoll das Carl Zuckmayer-Stück „Der Hauptmann von Köpenick“, als Jurist aber auch die Gerichtsakten über das Husarenstück des Schuhmachers Friedrich Wilhelm Voigt aus dem Jahr 1906. Als er las, dass der preußische Hasadeur in Luxemburg beerdigt ist, stand für ihn fest: „Da geh ich hin, das schau ich mir an.“ Die Initialzündung für sein neues Buch.

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Das leere „Musée des Artistes“ in Vianden wird zur Projektionsfläche eigener Vorstellungen. [Foto: Willi Schwoll]

Im feuilletonistischen Plauderstil lässt er uns Leser an seiner Wanderung teilhaben: Mit Blick auf skurrile Details macht er – quasi im Vorbeigehen – nicht nur auf „Anti-Museen, die sich trotzig der Mainstream-Museumskultur widersetzen und ihr mehr oder weniger unangefochtenes Eigenleben führen“, aufmerksam – wie auf das „Möhrenmuseum“ in Raeren, das „Musée des Artistes“ in Vianden, oder das „Museum für Bankwesen“ in Luxemburg: „Ein wirklich bildschönes Museum, mit viel Art déco. […] Das, was wirklich interessant ist, sucht man vergebens. Z.B. die ineffektive, oder praktisch nicht existierende Bankenaufsicht.“

Es sind solch pointierte Randbemerkungen, die immer wieder aufhorchen lassen. Egal, ob Clara Viebig oder Wohnwagen mit Butzenscheiben… Willi Schwoll gelingt es immer, selbst kontroverse Themen atmosphärisch unter einen Hut zu bringen. Ganz wichtig ist es für ihn, mit den Menschen, denen er bei seinen Touren begegnet, ins Gespräch zu kommen. Mit belgischen Bauern diskutiert er über die Milchquote, mit Müllmännern über die Abfallflut mitten in idyllischer Natur und mit einer Bäckersfrau nahe der luxemburgischen Grenze über Brötchen- und Benzinpreise hüben und drüben. Am Ende jeder Tagesetappe tippt er dann seine Eindrücke und Erlebnisse sofort in sein Notebook.

„Auf dem Weg folgt mir eine ganze Weile eine junge Kuh. Sie läuft am Zaun entlang neben mir her. Es muss wohl eine Verwechselung vorliegen. Sie schaut mich mit ihren wunderschönen treuen Augen an, aber ich kann nichts für sie tun. Als ständiges Haustier scheint sie mir etwas groß geraten.“

Willi Schwoll wandert gerne. Getreu des Goethe-Spruchs „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen“, erkundet er die Welt. „Spaziergänge“ nennt er die kurzen Touren, „Fußreisen“ die langen Distanzen – Wege wie von Berlin nach Genua oder Rom. Gerne ist er auch in Begleitung unterwegs, „doch alleine kriegt man mehr mit“, davon ist Schwoll überzeugt. „Mein Rucksack ist immer gepackt“, verrät der passionierte Fußgänger. Meine Frage, wie viele Kilometer er denn im Laufe seines Lebens bereits zurückgelegt habe, bringt Willi Schwoll ins Grübeln. „Darüber habe ich noch nie nachgedacht“, räumt er ein und beginnt die Touren all der Jahrzehnte zusammenzurechnen. „Mehrmals um den Äquator ganz bestimmt“, meint er nachdenklich. Auf die Frage nach seinem nächsten Projekt zögert Willi Schwoll allerdings nicht lange. „Eifelsteig“, lautet seine Antwort. Natürlich sei ihm bewusst, dass es bereits einige Publikationen über diese Wanderroute gebe, aber ihn als Berliner lockt eben der besondere Blick auf diese Premium-Strecke durch die Eifel.

Bei aller Sympathie für seinen „erfrischend anders“ aufbereiteten Wanderführer nach Luxemburg – zwei Kritikpunkte gibt es trotzdem: Wer die Tour nachwandern will, muss eine detaillierte Wanderkarte im Gepäck haben, denn für die im Buch viel zu blass gedruckten Karten-Ausschnitte braucht man eine Lupe, die garantiert keinen Platz im Rucksack hat. Zudem wäre ein klareres Cover-Design wünschenswert.

Der reich bebilderte, 224-seitige Band „Wandern von Aachen nach Luxemburg – Eine Reise in 11 Etappen“ ist im Verlag Meyer & Meyer erschienen und kostet 19,95 Euro. [ISBN: 978-3-89899-938-0]

24.6.2016LebenUmland0 Kommentare bwp

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