Eifel: In den letzten Wochen und Monaten stand die Vlattener Volksbank im hellen Scheinwerferlicht vieler Fernseh-Teams. Nun aber werden hier die Lichter endgültig ausgeknipst.
Wie Sie der regionalen Presse in der Vergangenheit sicherlich entnommen haben, stellt die langanhaltende Niedrigzinsphase mit Negativzinsen die Banken vor erhebliche Herausforderungen, ihr Geschäftsmodell kostendeckend zu betreiben. Verschärft wird dieser Kostendruck durch die zunehmenden Auflagen der Bankenaufseher aus Brüssel und Frankfurt. Ferner nehmen die behördlichen Auflagen in Form von Brandschutz, Unfallverhütungsvorschriften, Überfallprävention usw. überproportional zu
mussten die Bankkunden in einem persönlichen Anschreiben vom 31. August 2017 lesen.
Kein Einzelfall. Überall – nicht nur in Vlatten – wird die „zukünftige strategische Ausrichtung“ der Banken ‚optimiert‘. Fazit: Ländliche Filialen werden abgewickelt. „Letzter Schalteröffnungstag in Vlatten wird Freitag, 13.10.2017 sein“, ist in dem Anschreiben zu lesen…
Ich stolpere über dieses Datum. Lese diesen Satz erneut. Wie bitte? Ausgerechnet Freitag, der 13.? Hätte man dieses Datum nicht ein wenig bedachter wählen können? Geldautomat und Kontoauszugsdrucker gehen allerdings erst Montag, den 16. Oktober, vom Netz. Wie beruhigend.
Die Eifel boomt. Zukunftsmodelle werden entwickelt. Natur, Kultur und Tourismus sind die drei Säulen, auf denen die Region ruht. Ein überzeugendes Konzept. Aufbruchstimmung allerorten. Geniale LEADER-Projekte werden großzügig gefördert. Gleichzeitig aber überall Abschiednehmen von der ländlichen Infrastruktur? Vorne Aufbruchstimmung und hinten Abbruch? Eifel – quo vadis?!? Wieder bröckelt ein Stück gewachsener Tradition.
„Wir beteiligen uns nicht am Wettbewerb ‚Radikalschnitt‘, um Kosten zu sparen“, erklärt Michael Weber als Vorstandsmitglied der „regional tätigen Primärbank“ auf Nachfrage von EIFELON. Doch die Rahmenbedingungen seien eng. Laut Vorgaben hätte in der Vlattener Volksbank-Filiale bis zum 31. Dezember 2017 ein neuer Geldautomat (20.000 Euro) und ein Kontoauszugsdrucker (7.500 Euro) installiert werden müssen. Dazu kämen zusätzliche Technikerkosten von etwa 2.500 Euro. Gesamt also eine Investition von circa 30.000 Euro: „Das ist nicht mehr tragbar!“
Und wie geht es nun weiter? Warten wir gemeinsam darauf, bis auch der letzte Senior-Kunde, der seit Jahrzehnten den gewohnten Weg zu seiner vertrauten Bank gegangen ist und – noch – kein Online-Banking betreibt, verstirbt?
Ist es ein Ausblick in die Zukunft, dass auf der Internet-Seite „Unsere Geschäftsstellen in der Übersicht“ selbst beim Stichwort „Geldautomaten“ eine leere Liste erscheint?
Ein Teil selbstbewusster, selbstgestalteter und selbstverwalteter Tradition wird hier geopfert. Früher, vor einem Vierteljahrhundert tuckerten die Traktoren auf der Waage der Vlattener Genossenschaftsbank. Da gab es noch zusätzlich das dörfliche „Lagerhaus“ vor Ort, in dem alles – von der Harke bis zum Strohhut – gekauft werden konnte. Ohne lange Wege in die Stadt.Heute soll ein „kostenloser Bringservice zur Bargeldversorgung“ für Kunden mit eingeschränkter Mobilität eingerichtet werden. Klingt kundennah und verlockend, aber was kostet der denn dauerhaft? Der sympathische Slogan „Wir sind dort zu Hause, wo auch Sie zu Hause sind“ wirkt mittlerweile ein bisschen brüchig…
Bisher 4 Kommentare
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Das ist schon ein starkes Stück! Da macht eine GENOSSENschaftsbank eine Filiale dicht, wegen einmaliger Kosten in Höhe von 30.000 € und begründet das mit der Niedrigzinspolitik der EZB. Okay. Und im SELBEN Jahr erzielt DIESELBE Bank einen Überschuss von 113.000€?
Mit anderen Worten: 1/4 des Jahresüberschusses hätte ausgereicht, um die Filiale offen zu halten? Einmalig! Das erscheint mir wenig zukunftsorientiert, bzw. nachhaltig.
Ich hoffe, dass es wenigstens eine Befragung der Genossen gegeben hat, und diese den Schritt in einer Urabstimmung gebilligt haben. Alles andere wäre mehr als dreist!
Obwohl, dieser Schritt duftet eher nach einer „Vorstandsentscheidung“, gestützt auf schnittige „Analysen“ von kompetenten „Unternehmensberatern“, nicht nach dem Willen von Genossen vor Ort.
Vielleicht bin ich altmodisch, aber es ist NICHT die primäre Aufgabe einer Genossenschaftsbank Gewinne für Ihre Aktionäre zu erwirtschaften, sondern Bankdienstleistungen für ihre Genossen zu bieten!
Ihre Einschätzung teile ich.
Ich bin Genosse, und ich wurde nicht gefragt.
Ich bin STINKSAUER!
Liebes EIFELON, was du hier beschrieben hast wird zukünftig überall zum Tragen kommen.
Nicht nur in den ländlichen Bereichen werden Infrastrukturen zerschlagen, sondern deine Analyse wird die Blaupause in allen Regionen sein, selbst in einem Mittelzentrum wie Düren werden in zentralen Stadtteilen einfach Filialen geschlossen. Gerade auch hier wissen die Bürger nicht mehr wie ihnen geschieht. Dies ist nichts anders als ein massiver Abbau von Dienstleistungen.
Dies ein Indiz und nichts anders als ein Programm mit Beschäftigungstherapien für Verwaltungen, anscheinend scheint dies der „Neue Bürokratieabbau“ zu sein?
Vorne Aufbruchsstimmung und hinten Abbruch? Eifel – quo vadis?!? Wieder bröckelt ein Stück gewachsener Tradition.
So werden die Menschen für dumm verkauft, wann wachen sie endlich auf?
„Bürger erkennt die Signale“.
Hier werden bewusst und zielgerichtet bestehende Infrastrukturen zerschlagen.
Dank Onlinebanking sollte jeder (ok, getagte Senioren mit Hilfe Dritter) in der Lage sein, seine Bankgeschäfte online zu erledigen. Ich habe seit 20 Jahren keine Bankfiliale von Innen gesehen, ausgenommen zum Geldabheben. Und das kann man heute schon in vielen Supermärkten. Ein Laden vor Ort mit vielen Dienstleistungsangeboten (Geld abheben, Reinigung, Postfiliale), eine Gemeinschaftsschule bis zur 10. Klasse, eine Gastwirtschaft: DAS sind die zentralen Infrastrukturangebote, die kleine Orte am Leben halten. Also Bankdienstleistungen in den Dorfladen integrieren. Vielleicht ein schönes Projekt für die Volksbank?
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