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Dr. Susanne Kirchhof auf ihrem Grundstück in Windradnähe. [Foto: privat]

Dr. Susanne Kirchhof: „Ich helfe den Menschen, sich zu wehren“

Umland: In der Eifel und anderswo war am 8. März Weltfrauentag, ein Tag, an dem Frau an ihre Rechte von Freiheit und Gleichberechtigung appeliert. Das ist zu begrüßen. Gemäß Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ sollten diese geforderten Rechte eigentlich selbstverständlich sein. Umgekehrt zu glauben, eine Welt werde durch Frauen an der Macht besser, nur weil sie zwei X-Chromosomen haben, ist wohl reichlich naiv.

Und so sitzt Dr. Susanne Kirchhof am Weltfrauentag am Schreibtisch vor ihrem Computer und versucht wenigstens für Schleswig-Holstein die Fehler einer anderen Frau wenn nicht zu beheben, so doch sichtbar zu machen: die Energiewende während der Regierungsperiode der Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Kirchhof ist promovierte Agrarwissenschaftlerin, 46 Jahre und Mutter von vier Kindern. Nach Holtsee bei Eckernförde ist sie gezogen, um ein ruhiges Familienleben auf dem Land zu führen. Dann kamen die Windräder. Seitdem die Betreiber der Familie zehn 150 und 180 Meter hohe Anlagen 800 Meter vor die Tür gesetzt haben, sind Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Herzrasen, Gereiztheit für die Wissenschaftlerin Alltag. Geht euch das auch so? fragte sie ihre Nachbarn. 80 Rückmeldungen waren positiv. „Wir waren geschockt, dass sich die Windräder so massiv auf unser Leben und das der anderen Anwohner auswirken“, erzählt Kirchhof gegenüber EIFELON.

Es ist eine Geschichte, wie man sie zuhauf im Land von den Landbewohnern hört, wenn man sich denn für das Thema interessiert, von der Eifel, über Schleswig-Holstein bis nach Mecklenburg-Vorpommern. Viele Menschen sind von den negativen Auswirkungen der Windräder betroffen. Die Öffentlichkeit nimmt das allerdings so gut wie nicht wahr. „Eigentlich wäre es der mediale Auftrag, die Menschen hinter dem Problem darzustellen. Das passiert aber nur selten“, sagt Kirchhof. Der etwa vom Wirtschaftsminister Altmaier gewählte Begriff „Akzeptanzdebatte“ im Zusammenhang mit der Windenergie verschleiere das Problem. Es gehe um kein Luxusproblem, wie gern dargestellt und auch nicht um eine Relativierung, die Leute neben dem Flughafen oder der Autobahn müssten den Lärm ja auch ertragen. Dr. Susanne Kirchhof: „Es geht hier schlicht um die Existenz und zwar gesundheitlich durch den stillen Infraschall und den lauten Lärm und durch den Wertverlust eines Eigenheimes in Windradnähe. Wohneigentümer in Windradnähe erhalten vom deutschen Staat keine Entschädigung.“ Die angedachte Gemeindebeteiligung an Windparks sei fragwürdig: Werde hier eine gewünschte Akzeptanz künstlich erzwungen? Auch werde eine finanzielle Beteiligung einer Gemeinde den direkt Betroffenen immer noch nicht bei den oben genannten Nöten helfen.

Freiheit und Gleichberechtigung sind für die 46-Jährige keine abstrakten Ziele. 2015 nahm sich Kirchhof als Frau die Freiheit, den ersten Vorsitz des Landesverband Schleswig-Holstein von Vernunftkraft zu übernehmen. 2018 gewann sie als Spitzenkandidatin ein Direktmandat der neu gegründeten Wählergemeinschaft Kreis Rendsburg-Eckernförde. Dort weist sie etwa auf die soziale Ungerechtigkeit der Energiewende hin und kann nicht verstehen, dass etwa eine antikapitalistische Partei wie die Linke ein komplett subventioniertes Energiemodell unterstützt, bei dem auch die sozial Schwachen über die EEG-Umlage die Pfründe der wenigen Windradinvestoren bezahlen.

Kirchhof interessiert sich für ihre Mitmenschen, die Betroffenen: „Ich wünsche niemandem, aber auch wirklich niemandem, dass er so dermaßen ahnungslos von dieser Windradrealität überrollt wird, wie wir es damals wurden. Das Mindeste, was ich tun kann, ist die Menschen vorher zu warnen und ihnen bestenfalls zu helfen, sich zu wehren. Mich hat damals niemand gewarnt, mich hat keiner an die Hand genommen und gesagt: ,Hier fängst Du an, Deine Verteidigungsstrategie aufzubauen.’“

Es sei eine Frage der Gerechtigkeit. „Ich finde es einfach ungerecht,
dass Menschen mit Un- oder Halbwahrheiten dazu genötigt werden, stillschweigend etwas zu erdulden.“ Mit Blick auf die Energiewende und dem dahintersteckenden neuen Gesellschaftsmodell sagt sie: „Über jede gesellschaftliche Transformation kann man reden, aber man muss ehrlich die Vor- und Nachteile benennen und benennen dürfen.“

Kirchhof macht die Erfahrung, dass inzwischen viele in Deutschland eine Privatmeinung und eine Dienstmeinung hätten wie früher in der diktatorischen DDR und hält das für eine bedenkliche Entwicklung. Das gelte auch für die Windkraft und die Energiewende. Ein falsches Wort und das Framing schlage zu. Wer kritisiert, wird in eine finstere Ecke gestellt, in die er nicht gehöre. In Deutschland müsse man heute nicht um sein Leben fürchten, wohl aber um die Existenz des Jobs, wenn die kundgetane Meinung vom grün-linken Mainstream abweiche.

In ihren Anfängen, an der belastenden Windradsituation etwas zu ändern, habe sie sich mit ihrem Anliegen an den Bürgermeister und Gemeinderat gewandt. Die, so habe sie festgestellt, hätten jedoch Angst vor windradkritischen Argumenten wie der Dunkelflaute, der fehlenden Speicherung und der damit instabilen Stromversorgung, den exorbitanten Kosten oder der bisher sehr geringen Einsparung von CO2 und dem damit ausgebliebenen Beitrag zum Klimawandel. Und: „Sie hatten alle ein schlechtes Gewissen. Sie wussten ja, dass neben den Windrädern Menschen leben, die richtig betroffen sind. Dennoch haben sie geschwiegen und nichts getan“, sagt Kirchhof. Immerhin habe sie mit ihrem Engagement bei Vernunftkraft für Schleswig-Holstein erreicht, dass das Thema kein No-Go mehr sei. Phasenweise werde sie sogar von Pressevertretern wegen einer Stellungnahme angefragt. Auch beim Ministerpräsidenten Daniel Günther, CDU, bekäme sie ab und an einen Gesprächstermin.

Sie hätten keine Chance. Sie seien zu wenige. Sie sollten sich im Vergleich dazu die Fridays for Future-Bewegung ansehen. Das sagte Günther ihr erst Ende Januar in einem Gespräch. Er, der im Wahlkampf 2017 versprochen hatte, 1.200 Meter Abstand der Windräder zur Bebauung durchsetzen zu wollen, werde er denn Ministerpräsident in einem Bundesland, in dem Windräder bis 450 Meter zur Bebauung errichtet werden dürfen. Selbst die 1.200 Meter Abstand wären eigentlich eine Farce, hat eine 2016 von der Finnish Association for Environmental Health (SYTe) durchgeführte Pilotstudie ergeben, dass der durch Infraschall verursachte Schaden durch Windenergieanlagen erst ab einer Entfernung von mehr als 15 Kilometern von Windenergieanlagen deutlich abnimmt.

Jetzt im Amt, so Kirchhof, setze der schleswig-holsteinische Ministerpräsident sein Wahlversprechen nicht um. Die Leute seien verzweifelt und sauer. Sie litten unter den Windrädern. Er habe Koalitionspartner, da könne man nichts machen, erhielt sie als Antwort. So geht Politik in Deutschland vor und nach den Wahlen. Kirchhofs Eindruck: Die CDU in Schleswig-Holstein konzentriere sich auf die Städter, denen sie moderne grüne Themen am besten verkaufen könne, weil es sie im Gegensatz zu der Landbevölkerung am wenigsten betreffe.

Gegenüber EIFELON fragt sich Kirchhof, woher die hohen Zahlen zur Windradakzeptanz kommen bzw. wie wohl die Entscheidungsfragen in den Befragungen formuliert wurden? Man müsse sich nur die Stellungnahmen der schleswig-holsteinischen Gemeinden zu den aktuellen Flächenplanungen durchlesen, wenn es um die Ausweisung neuer Windradzonen gehe. Da werde nach sämtlichen Gründen gesucht, weshalb der Standort just in der Gemeinde ungeeignet sei. „Das ist doch ein Signal. Zwar gehen die Betroffenen vielleicht selten auf die Straße, aber wenn in der Zeitung eine hohe Zustimmung der Bevölkerung vermeldet wird, dann kann das nicht stimmen“, sagt Kirchhof.

Für sehr bedenklich hält sie auch eine Befragung des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz HAW-Hamburg zur Akzeptanz der Energiewende nicht nur wegen der Art der gestellten Fragen, sondern weil sie sich eigentlich nur an die Bewohner von Cuxhaven und Nordfriesland richtet. Der Clou: Die Befragung ist online und anonym. Jeder kann daran teilnehmen, sooft er möchte und damit manipulieren. Der Beweis, dass die Person auch tatsächlich in Cuxhaven wohnt, muss nicht erbracht werden. Das Ergebnis der Befragung spiegele daher möglicherweise ein falsches Bild wider, dass sich dann aber über die Presse bei Politikern verankere, die daraufhin Entscheidungen träfen, gibt Kirchhof zu bedenken.

„Die Menschen vor Ort resignieren irgendwann. Darauf warten die Politiker und die Windradbetreiber“, sagt Kirchhof. Noch ist es in Schleswig-Holstein aber nicht so weit. Nach ihrem letzten Treffen mit dem Ministerpräsidenten trommelte sie 200 Menschen zusammen, die vor dem Landtag demonstrierten. Darauf ist sie stolz, weil sich diese Menschen einen Tag Urlaub nehmen mussten, keinen Gewerkschafts- oder Parteibus zum Transfer erhielten, keine Aufwandsentschädigung bekamen und trotzdem im strömenden Regen an einem Donnerstag um halb 10 Uhr Ministerpräsident Günther ihre Meinung kundtaten. Von den eingeladenen Pressevertretern war genau einer eines kommerziellen Fernsehsenders vor Ort.

Obwohl das windraddichteste Bundesland Schleswig-Holstein schon heute an einigen Tagen viele seiner Windanlagen wegen Überlastung abschalten muss und wir Stromkunden den Windradbetreibern dennoch diesen so genannten Geisterstrom vergüten müssen, sollen weitere Flächen für Windräder bereitgestellt werden. Und so sitzt Dr. Susanne Kirchhof am Weltfrauentag am Computer und beginnt ihre Gegenstellungnahme zur Stellungnahme des dritten Entwurfs des Flächennutzungsplans. Dabei wird sie in Hinblick auf die hohen Abschaltungen der Windräder und der exorbitanten Entschädigungszahlungen an die Windparkbetreiber gerade in Schleswig-Holstein darauf hinweisen, dass das Verwaltungsgericht in Schleswig 2015 und 2017 urteilte, dass Windkraftanlagen nur privilegiert gebaut werden dürfen, wenn sie auch Strom erzeugen. Nicht, wenn sie nur gebaut werden, um Entschädigungsansprüche gegen das EEG geltend zu machen.

Auf dem Papier gibt es seit 2015 ein Moratorium in Schleswig-Holstein für den Ausbau der Windenergie, um einheitliche Standards im Rahmen des Flächennutzungsplans für den Weiterausbau entwickeln zu können. Faktisch werden jedoch schubweise Ausnahmegenehmigungen erteilt.

Susanne Kirchhof: „Wer wirklich eine Welt oder zumindest ein Land zum Wohle aller dort Wohnenden gestalten möchte, der fragt am Weltfrauentag wohl besser nicht nach weiblicher oder männlicher Führungskraft, der schaut auf die fachliche Kompetenz und die menschliche Integrität des Kandidaten.“

13.3.2020LebenUmland0 Kommentare js

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