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Gastautor Hubert vom Venn kommentiert kritisch den üblichen Weihnachtsrummel. [Foto: bwp]

Es ist einmal: Der Alte vom Eifelberg

Eifel: Das ist doch der Gipfel!!! Nein, das ist so nicht ganz richtig: Das WAR der Gipfel, allerdings kein NATO- und auch kein G-8-Gipfel, sondern das Gipfeltreffen all’ derer, die in den letzten Wochen in Sachen Füllhornausschütten unterwegs waren.

Aber der Reihe nach: Mitten in der Eifel, auf einem herrlichen Gipfel (da haben wir ihn wieder, den Gipfel) lebt schon seit vielen Jahren der Alte vom Berg mit seinem Kater: Lange weiße Haare, ein vom Tabakrauch vergilbter Bart, schwere Stiefel der Freiwilligen Feuerwehr und derbe Kleidung. Von seinem einsam gelegenen Fachwerkhaus hat er einen herrlichen Blick über die Eifel – wenn auch hier und dort von Windrädern verstellt: Da winkt in der Ferne die Hohe Acht, lässt man den Blick schweifen, erahnt man irgendwo die Moselberge oder die Zülpicher Börde und kann schließlich ein Licht am Horizont ausmachen, wie es nur in Sourbrodt vorkommt. Der Alte vom Berg hat sich schon vor Jahren auf diesen schönsten Hügel der Eifel zurückgezogen, um – wie er frei nach Einstein erklärte – „auf einer Bank vor meinem Haus zu sitzen, Pfeife zu rauchen und gemütlich zu verblöden. Das Letztere ist ihm noch nicht so ganz geglückt.

Eines Abends nun, es war vor einigen Wochen in der Nacht des großen Schnees, hatte der Alte vom Berg ein knisterndes Kaminfeuer entfacht und einen Topf mit Glühwein auf den Herd gestellt, als vor dem Fenster ein heller Lichtkegel erschien und mit einer Stimme, die ein wenig an Mario Adorf erinnerte, sprach:

„Ich bin der alte Mann von da oben, nenne mich meinetwegen Gott, nenne mich Energiefeld, nenne mich die Kraft des Geistes – es ist mir, ehrlich gesagt, egal. Egal ist mir nur nicht der Unsinn, der in diesen Wochen um die Geburt des guten Menschen von Bethlehem gemacht wird. Daher habe ich dich, Alter vorm Berg, auserwählt, um ein wenig Ordnung in die ganze Angelegenheit zu bringen. Ich habe alle, die zur Zeit Kisten, Pakete, Freundlichkeiten und Überflüssiges unters Volk bringen, auf deinen Berg bestellt, damit du für die Zukunft alle unter einen Hut bringst. Du bekommst also in den nächsten Stunden Besuch vom Nikolaus, von Sinterklaas, vom Weihnachtsmann, vom Christkind und von Väterchen Frost. Ich habe diesen Ort ausgewählt, weil die Eifel das wahre Gelobte Land ist.“

„Aber was soll ich denn…?“, rief der Alte vom Berg aus, doch da hatte sich der helle Lichtschein schon aufgelöst und eine sternenklare Eifeler Nacht legte sich um das Haus auf dem Gipfel. Wer nun zartes Glöckchengebimmel erahnt, liegt völlig daneben, denn es tat sich nichts mehr in dieser Nacht. Der Alte vom Berg glaubte schon, dass sich in seinem Oberstübchen tatsächlich die ersten Anzeichen der gemütlichen Verblödung gezeigt hätten, als es in dem gepflasterten Hof vor dem Haus sehr laut wurde. Er trat hinaus und sah sich plötzlich einer bunten Gruppe gegenüber, die so gar nicht in sein misanthropisches Weltbild passen wollte, da alle wild durcheinander redeten.

„Ich bin das Christkind, verdammt kalt hier, in meinem kurzen Kleidchen“. „Dawai! Einen Wodka für Väterchen Frost!“ „Hat einer zufällig einen fliegenden Schlitten oder einen beleuchteten Cola-Laster gesehen? Ich bin der Weihnachtsmann, ok, auch Santa Claus genannt.“ „Ich bin Nikolaus, Bischof Nikolaus. Ich kenne sogar die Kollegen in dieser einsamen Gegend. Der aus Lüttich soll ja ganz nett sein, ein Eifeler eben, aber der aus Köln… oh, Gott.“ „Ich bin Sinterklaas aus Holland, kann ich hier irgendwo meinen von Hirschen gezogenen Wohnwagen abstellen?“

Der Alte vom Berg bat alle in sein Haus, wo die bunte Gesellschaft an einem großen, grob gezimmerten Tisch Platz nahm. „Väterchen Frost“ zog einen Stiefel aus, schlug damit laut auf den Tisch und ergriff sofort das Wort. „Друзья°! Mir gebührt die Herrschaft als die Nummer 1. Wie Ihr wisst, bringe ich mit meiner Enkelin Snegurotschka, in eurer Sprache heißt das „Schneeflöckchen“, am 31. Dezember die Geschenke. Meine Geschichte geht viele Jahrhunderte zurück in die Taiga, wo ich jedes Jahr mit meiner Troika starte…“

Weiter kam er nicht, da Santa Claus ihm das Wort abschnitt: „Dass ich nicht lache, du Nikita Sergejewitsch. Du bist eine kommunistische Erfindung, um das orthodoxe Weihnachtsfest im alten Russland zu untergraben. Selbst Stalin hat dich geduldet und dann hast du dich auch noch im östlichen Teil der Deutschen breitgemacht. Da nannte sich deine Enkelin Jahresendflügelfigur und dein Sack hieß sogar Weichraumcontainer. Nein, das Erbe steht mir zu.“

„Väterchen Frost“ war aufgesprungen: „Du Sohn eines Kapitalisten! Im Namen des bärtigen Karls aus Trier, das ist doch auch noch Eifel: Dich hat Coca Cola erfunden – mit dem Gesicht eines pensionierten Arbeiters der Limofirma. Durch und durch amerikanisch. Aber das passt ja zu euch Weltpolizisten. Deine Begleiter Ruprecht oder Hans Muff sind wohl außerhalb der Weihnachtszeit in Guantánamo beschäftigt. Wenn du wenigstens schwarz wärst….“

Sinterklaas aus Holland, der abseits von den anderen saß, da er etwas nach Matjes roch, mischte sich ein: „Ich bin der wahre Herrscher und Mittelpunkt der letzten Wochen des Jahres. Es waren holländische Auswanderer, die mich nach Amerika brachten. Die Indianer hatten nichts Vergleichbares, noch nicht einmal einen Bart. Wo der Ossi recht hat, da hat er recht: Du, Santa Claus, bist eine Reklamefigur.“

Draußen fuhr klingelnd auf dem Fahrrad der Briefträger vors Haus und warf eine Zeitung vor die Tür. Sinterklaas fühlte sich gestört: „Niet met de fiets bellen.“ „Er kann noch nicht mal ein Fahrrad von einem Hund unterscheiden“, schimpfte Santa Claus, schwieg dann aber, da Nikolaus das Wort ergriff: „Euer aller Vorbild bin ja wohl ich. Nikolaus von Myra. Meine Lebensgeschichte kennt jedes Kind.“ „Der Grieche“, stöhnte der Holländer auf, „dessen Odysseus hätte in unseren Grachten nie mehr nach Hause gefunden.“

„Und was ist mit mir?“, schimpfte plötzlich das Christkind los, „meine Geburt hat euch doch erst alle möglich gemacht?“ Nikolaus hob den Finger, wie man es aus dem Struwwelpeter kennt: „Du bist das Christkind, aber nicht das Jesuskind. Da ist ein feiner Unterschied. Und zieh dir endlich mal was Vernünftiges an.“

Der Streit wurde lauter und lauter und alle schrieen durcheinander: „Bolschewiki“, „Kapitalist“, „Käskopp“, „Jiaitharos, Palianthropos“, „Alte Männer.“

Leise stand der Alte vom Berg auf, schlich aus dem Haus, schob einen schweren Riegel vor die Tür, schloss alle Fensterläden von außen und kerkerte somit die Streithähne in seinem Haus ein. Dann lud er all’ die Geschenke, die auf Schlitten, Eseln, in Säcken und in bunt beleuchteten LKW-Trucks vor seinem Haus zwischengelagert waren, in seinen alten VW-Käfer und besuchte damit alle Kinder der Eifel.

Wundern Sie sich also nicht, wenn in diesem Jahr bei uns die Geschenke etwas üppiger ausfallen, und sollten Sie irgendwo in der Eifel ein einsames Haus auf einem Hügel sehen, aus dem laute Streitgespräche und Lärm zu hören sind – gehen Sie einfach weiter und freuen sich aufs nächste Weihnachten. Dann gibt es nämlich nur noch Santa Eifel, den Alten vom Berg.

Erste Werbeagenturen wollten sich schon Rechte sichern, Hollywood wird bald anklopfen…

www.hubert-vom-venn.de

26.12.2014LebenEifel0 Kommentare hvv

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