Eifel: Die Fluggesellschaft Air Berlin ist pleite und hat zwischenzeitlich ihren gesamten Flugbetrieb eingestellt. Das Amtsgericht Berlin hat am 1. November 2017 das Insolvenzverfahren nunmehr offiziell eröffnet und die Fluggesellschaft wird in den nächsten Monaten nach und nach abgewickelt.
Für rund 8.000 Mitarbeiter bedeutet dies eine Zeit des Bangens und der Unsicherheit. Die meisten von ihnen sind von ihrem Arbeitgeber freigestellt, ohne dass bisher eine einzige Kündigung ausgesprochen wurde. Air Berlin verhandelt hinter verschlossenen Türen mit anderen Fluggesellschaften über die Übernahme von Maschinen und Flugrechten. Was aber am Ende vom wem übernommen wird, ist völlig unklar.
Um mehr Informationen über die vorgesehenen Verkäufe zu erhalten, zog die „Personalvertretung Kabine“ vor das Arbeitsgericht in Berlin und forderte von Air Berlin im Wege einer einstweiligen Verfügung eine umfassende Unterrichtung der Personalvertretung zu Kaufangeboten, Verträgen und Start- und Landerechten.
Air Berlin muss der Personalvertretung vorerst keine Informationen über Umstände des Verkaufs erteilen (ArbG Berlin , Beschluss vom 02.11.2017 – 38 BVGa 13035/17)
In dieser Situation der Unwissenheit, in der eigentlich nur ein kleiner Kreis von Personen die tatsächlichen Pläne und Hintergründe kennt, preschen gerade in den sozialen Medien einige Anwaltskanzleien damit hervor, den Arbeitnehmern Abfindungen in Aussicht zu stellen und zu Kündigungsschutzklagen zu raten. So versucht beispielsweise eine Kölner Anwaltskanzlei damit zu werben, dass sie verspricht: „Wir haben gute Chancen einen Prozess zu gewinnen, da es sich bei der Air Berlin Insolvenz mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Betriebsübergang handelt und damit ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung besteht.“ Ein solcher anwaltlicher Rat dürfte aber bei der derzeitigen Informationslage völlig verfrüht und daher unseriös sein.
Die rechtliche Lage der Air Berlin-Mitarbeiter ist nämlich in höchstem Maße schwierig und äußerst komplex. Die Kernfrage, die sich für die betroffenen Mitarbeiter stellt, ist, ob der Verkauf von Flugzeugen oder der Flugrechte zu einem Betriebsübergang führt. Dies hätte zur Folge, dass aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 613 a BGB auch bei dem Verkauf von Betriebsteilen der Erwerber automatisch in ein bestehendes Arbeitsverhältnisse eintreten muss, die Mitarbeiter also ihre gesamten Rechte, insbesondere ihre Vergütungsansprüche behalten.
Da alle potentiellen Erwerber um dieses Risiko wissen, ist es vielmehr wahrscheinlicher, dass in den Verkaufsgesprächen mit Air Berlin juristische Mittel und Wege gefunden werden, die einen solchen (Teil-)Betriebsübergang verhindern. Gerade am Standort von Air Berlin in Düsseldorf haben viele Mitarbeiter im Jahr 2011 den Betriebsübergang von der LTU auf Air Berlin mitgemacht und werden sich daran erinnern, dass die Lage damals und heute eine völlig andere ist.
Die Lufthansa, die ganz offiziell hat verlauten lassen, bis zu 3.000 Mitarbeiter von Air Berlin und ihren Tochterunternehmen übernehmen zu wollen, rät allen Air-Berlin-Mitarbeiter, sich bei ihr neu zu bewerben, was allerdings wohl mit deutlichen Gehaltseinbußen verbunden sein soll.
Die Gewerkschaft Verdi möchte die schwierige Lage der Mitarbeiter mit Tarifverträgen verbessern der Insolvenzverwalter hat Sozialplanverhandlungen angekündigt. Erst die nächsten Wochen werden zeigen, was für jeden einzelnen Mitarbeiter der richtige Weg sein wird. Vor allzu optimistischen Werbeversprechen einiger Anwaltskanzleien sei allerdings gewarnt.
Gunther Lorbach
www.rechtsanwalt-dueren.com
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