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Ausgekaspert. Puppenspieler Gebhard Cherubim führte zum vorletzten Mal im Heimbacher Haus des Gastes ein Stück auf. Am 31.10.2016 wird das Gebäude geschlossen. [Foto: Kristiane Kunth]

Heimbacher Stadtrat schließt Haus des Gastes über Rur

Heimbach: „Tritratrullala, der Kasperle ist wieder da“, tönte Gebhard Cherubim alias „Kasper“ diesen Mittwoch im Heimbacher Haus des Gastes vor circa 80 kleinen und großen Gästen seines Theaterstückes. Es war sein vorletzter Auftritt in diesen Räumen. Am 31. Oktober 2016 schließt das Haus des Gastes über Rur samt der dort beherbergten Stadtbücherei. So hat es der Heimbacher Stadtrat während seiner öffentlichen Haushaltssitzung diesen Dienstag mehrheitlich beschlossen. „Ich habe eben erst von der Schließung erfahren und bin total überrascht“, wundert sich Puppenspieler Cherubim. „Wieder eine kulturelle Einrichtung, die in der Eifel zumacht. Wir Künstler leben ein Stück weit von solchen Orten. Wo sollen wir jetzt in Heimbach auftreten?“

Dabei ist die Schließung des Haus des Gastes über Rur nur eine von vielen Sparmaßnahmen, die im Rahmen des Haushaltssicherungskonzepts vorgesehen sind. „Wir werden uns von etlichen lieb gewonnenen Dingen verabschieden müssen, wenn wir unseren Haushalt konsolidieren wollen“, erklärte der Heimbacher Bürgermeister Peter Cremer. Da die Ausgaben, die die Stadt laut Cremer tätigen muss, um ihre Aufgaben zu erfüllen, die Einnahmen übersteigen, schließt der Haushalt jährlich mit einem Defizit. Das Eigenkapital der Stadt ist so von rund 23 Millionen Euro im Jahr 2009 auf voraussichtlich rund sechs Millionen Euro Ende 2016 gesunken.

Bereits seit 2013 greift das in den Gemeindeordnungen zur Sanierung der kommunalen Haushalte vorgesehene Haushaltssicherungskonzept in Heimbach. Diese Maßnahme zielt darauf ab, dass die Gemeinden innerhalb von bis zu zehn Jahren ihre Ausgaben vollständig gedeckt haben, ihr Haushalt ausgeglichen ist. Berechnungen zufolge beträgt das Eigenkapital der Stadt Heimbach im Jahr 2023 dann nur noch rund 343.000 Euro.

Mit der – mit fünf Gegenstimmen – beschlossenen Schließung des Haus des Gastes kann die Stadt jährlich rund 26.000 Euro Personal- und 6.000 Euro Bewirtschaftungskosten des über 30 Jahre alten Hauses einsparen, bei dem mit kostenintensiven Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen zu rechnen ist. Durch die Aufgabe der im Gebäude untergebrachten Stadtbücherei will die Stadt weitere 3.500 Euro pro Jahr sparen. Angesichts des 2016 berechneten Haushaltsdefizits von rund 1,8 Millionen Euro ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Für Bürgermeister Peter Cremer aber ein Zeichen in Richtung Landesregierung, dass sich die Stadt Heimbach bemüht, ihre Finanzlage in den Griff zu bekommen. Die Stadt möchte selbst Herr über ihre Finanzen bleiben und vermeiden, dass die Landesregierung ihr einen so genannten Sparkommissar – wie 2013 in der Nachbarstadt Nideggen geschehen – zuweist. Dieser hätte dann die Entscheidungsbefugnis über alle finanziellen sowie haushaltstechnischen Fragen der Stadt, nicht mehr der Stadtrat.

Die Funktionen des Haus des Gastes sollen zum Teil in andere Einrichtungen verlagert werden: Aufenthaltsräume für Touristen möchte die Stadt im Nationalpark-Tor und im Wasser-Informationszentrum (W.I.Z.E) anbieten. In letzterem sollen auch die Naturerlebnis- und Kunstausstellungen stattfinden. Das W.I.Z.E könnte seinen Ertrag so um zirka 3.000 Euro pro Jahr verbessern. Selbst kann es derzeit nicht geschlossen werden, da es sich in „einer Zweckbindung“ befindet. Die Stadt erhielt für den Umbau des W.I.Z.E Fördergelder, die bei sofortiger Schließung der Einrichtung anteilig zurückbezahlt werden müssten. Künstler, die bisher im Haus des Gastes aufgetreten sind, könnten möglicherweise auch in der Aula der Grundschule auftreten.

Die Stadtbücherei wird es in ihrer jetzigen Form nicht mehr geben. Zuletzt wurde die Bibliothek nur noch von etwa 70 Erwachsenen genutzt. In den Ortsteilen sollen stattdessen von Ehrenamtlern betreute offene Bücherschränke oder -räume eingerichtet werden. Angedacht ist ebenso, dass Gewerbetreibende – Restaurants und Geschäfte – „offene Bücherregale“ einrichten. Dies können sich jedoch einige finanziell gar nicht leisten, da ihnen dann die entsprechende Verkaufsfläche fehlt. Kinder- und Jugendbücher sollen nach Vorstellung der Stadt in die Grundschule und auf die Kindergärten verteilt werden.

Das defizitäre Freibad wird weiter betrieben. Der Stadtrat hat beschlossen, hier versuchsweise bei der Beheizung zu sparen. Auch die Funktion der Ortsvorsteher, die eine Aufwandsentschädigung für ihr Amt erhalten, bleibt bestehen, das Stadtjournal erhalten. Vereine und wirtschaftlich geführte Institutionen wie Jagd- und Fischereigenossenschaften sollen jedoch zukünftig für die Anzeigenschaltung bezahlen und das Journal so mittragen. Investiert wird auch: Die Stadt lässt vier Internet-Hotspots probeweise für ein Jahr in Heimbach einrichten.

Und wie haben die Bürger auf die Schließung des Haus des Gastes reagiert? Die Bürger kritisierten vor allem, dass sie nicht im Vorfeld über die Schließungspläne informiert, bei der Debatte nicht eingebunden wurden. Sie erfuhren erst im öffentlichen Teil der Sitzung von den Schließungsplänen. Viele hätten sich gewünscht, aktiv Ideen einzubringen, wie es mit dem Haus des Gastes weitergehen könnte, für das offenbar kein Konzept für die Zeit nach der Schließung besteht. Dazu hatten sie jedoch keine Chance. Selbst die Einwohnerfragestunde fand erst nach der Abstimmung zur Schließung des Haus des Gastes statt. „Wenn nur über die Köpfe der Bürger entschieden wird, nimmt man ihnen das Interesse an der Politik“, formulierte es eine enttäuschte Bürgerin nach der Stadtratssitzung im Gespräch mit EIFELON. „Vermittlung ist alles“, formulierte ein weiterer Bürger. Er sei froh, dass zumindest das Stadtjournal erhalten bleibe und sieht hier eine Chance, dieses Medium zur Vermittlung zwischen Politik und Bürger zu nutzen. Eine Seite in diesem Journal solle reserviert werden, um Ideen und Wünsche der Einwohner zur Stadtentwicklung abzudrucken, regte eine weitere Bürgerin an.

Bürgermeister Peter Cremer betonte auf Nachfrage EIFELON gegenüber, dass er überzeugt sei, dass sich „die Vertretung und die Verwaltung die Entscheidung [zur Schließung des Haus des Gastes, Anmerkung der Redaktion] nicht leichtgemacht haben.”

Angesprochen auf die von einigen Bürgern kritisierte mangelnde Beteiligung bei der Entscheidungsfindung, antwortete er, dass die Gemeindeverordnung zwar regele, dass die Verwaltung der Gemeinde ausschließlich durch den Willen der Bürgerschaft bestimmt, aber die Bürgerschaft durch den Rat und den Bürgermeister vertreten werde.

Dass Heimbach diesen Alleinvertretungsanspruch nicht in allen Entscheidungen geltend mache, zeigten die Bürgerbeteiligungen, die die Stadt außerhalb der gesetzlichen Verpflichtung durchgeführt habe und auch zukünftig durchführen werde. Als Beispiele nannte er den „Ausbau der Nebenanlagen Kermeterstraße in Hergarten“, die „Offenlegung des Heimbachs“, den „Generationenplatz in Hasenfeld“ oder das „Integrierte Handlungskonzept für den Stadtkern Heimbach“.

Dennoch würde es dem Grundgedanken der Gemeindeordnung widersprechen, wenn der gewählte Rat in seiner Verantwortung nach bestem Wissen und Gewissen Entscheidungen träfe, die durch eine bis ins Kleinste gehende Einwohnerbeteiligung gelähmt oder gar stillgelegt würde – so Cremer weiter.

Selbstverständlich sollten Bürger und Einwohner jederzeit die Möglichkeit haben, an der Gestaltung der Kommunalpolitik mitzuwirken. Dies könnten sie tun, indem sie sich an ihre gewählten Vertreter wendeten und diese als Mittler zwischen Bürgerschaft und Rat/Verwaltung beanspruchten. Auch hätten sie die Möglichkeit, öffentliche Rats- und Ausschusssitzungen zu besuchen und dort aktiv im Rahmen des Fragerechts mitzuwirken, ist der Bürgermeister überzeugt.

Wer mit zu den Letzten gehören möchte, der eine kulturelle Veranstaltung im Haus des Gastes erlebt, hat beispielsweise am 12. Oktober dazu Gelegenheit. Dann kehrt Puppenspieler Cherubim nochmals mit seinem Kasperletheater zurück.

23.4.2016PolitikHeimbach0 Kommentare js

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