Eifel: Dass Darlehensnehmer unter Umständen eine Möglichkeit haben, sich aus ungünstigen Darlehensverträgen zu lösen, hat sich weitgehend herumgesprochen. Der rechtliche Ansatz hierfür ist die fehlerhafte Widerrufsbelehrung in den Darlehensverträgen, die es dem Kunden ermöglicht, auch noch nach Jahren den Darlehensvertrag zu widerrufen, obwohl die eigentliche gesetzliche Widerrufsfrist von zwei Wochen lange abgelaufen ist.
Dieser Formfehler hat bei Immobilienkrediten und Lebensversicherungen dazu geführt, das hundertausende von Verbrauchern ihre Verträge gegenüber Banken und Versicherungen erfolgreich rückabwickeln konnten.
Unter dem Stichwort „Widerrufsjoker nutzen“ stellten manche Anwälte und Verbraucherschützer auch für den finanzierten Autokauf solche Möglichkeiten für den Verbraucher in Aussicht, bishin gar zu Werbeversprechen für ein gänzlich kostenloses Autofahren. Die ersten Entscheidungen der Gerichte in Braunschweig, Köln und Stuttgart dämpften den verbraucherfreundlichen Optimismus sehr schnell, denn diese Gerichte vertraten eine für die Bank freundliche Auffassung über den Umfang der Aufklärungspflicht.
Erfolgreicher verliefen jetzt aktuell für die Verbraucher die Prozesse vor dem Landgericht Berlin (Urteil vom 05.12.2017, Az. 4 O 150/16) und LG Arnsberg (Urteil vom 17.11.2017, Az. I 2 O 45/17). Beide Urteile beinhalten in ihrer Urteilsbegründung durchaus Sprengkraft. Nicht nur, dass sie sich mit den gegenteiligen Ausführungen ihrer Richterkollegen aus den oben genannten Heimatstädten der Automobilindustrie auseinandersetzten und deren Urteile als nicht überzeugend brandmarkten, sie zeigten in ihren Entscheidungen sehr konkret auf, wo der formelle Fehler in der Widerrufsbelehrung, hier speziell der VW Bank steckt.
Vor dem LG Berlin hatte ein VW-Touran-Fahrer geklagt, um seinen Kredit- und Kaufvertrag aus dem August 2014 rückabzuwickeln. Sein Ziel war es, sein Auto herauszugeben und im Gegenzug seine gesamten bisher geleisteten Zahlungen, das heißt Anzahlung und die Raten zurückzubekommen. Um eine negative Entscheidung des Gerichtes zu verhindern, bot der VW Konzern dem Kläger sogar an, man werde ihm das Auto schenken, wenn er sich zum Stillschweigen verpflichte. Der Kläger lehnte ab und wollte eine gerichtliche Entscheidung
Der Kläger ist nicht klar und verständlich über alle Möglichkeiten aufgeklärt worden, den Vertrag durch Kündigung zu beenden (Landgericht Berlin, Urteil vom 05.12.2017, Az. 4 O 150/16).
Dieser fehlende Hinweis und weitere, von Gericht festgestellte Unrichtigkeiten führen zu einer Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung und damit zur Möglichkeit, den Darlehensvertrag auch noch nach 1,5 Jahren zu widerrufen. Ganz erfolgreich war der Kunde dennoch nicht. Das Gericht sprach ihm seine erbrachten Zahlungen von 17.300,00 Euro zwar grundsätzlich zu, brachte aber einen Wertersatz für die gefahrenen Kilometer in Abzug, so dass der Kläger letztendlich nur 12.400,00 Euro zurück erhielt.
Trotzdem scheint hiermit ein neuer Weg aufgetan, sich von unliebsamen Autos, die über die Herstellerbanken finanziert wurden, auch noch nach Jahren zu trennen. Das Problem fehlerhafter Belehrungen trifft nicht nur die Volkswagen Bank und deren Schwesterbanken (Audi-Bank, Seat-Bank und Skoda-Bank), sondern alle Auto-Banken, die ihren Darlehensverträgen die Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite und deren Widerrufsbelehrung beigefügt haben.
Gunther Lorbach
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