Umland, Düren: Die Würde des Menschen ist unantastbar, heißt es in unserem Grundgesetz. Doch was, wenn die Würde angetastet wird? Wenn Kind, Frau, Mann unfreiwillig angefasst, sexuell genötigt oder gar vergewaltigt werden? Wehren können sich die Opfer vor allem mit einer Anzeige bei der Polizei. Wichtig ist hierbei auch, Spuren sichern zu lassen – am Körper und an der Kleidung. Selbst geringste Mengen DNA, die beim Berühren auf dem Opfer zurückbleibt, so genannte Touch-DNA, können durch moderne molekulargenetische Nachweisverfahren ermittelt werden.
„Bei einem Sexualdelikt wird massiv in die Intimsphäre des Opfers eingegriffen. Dies macht verständlich, dass eine Anzeigenerstattung oftmals eine zusätzliche Belastung darstellen kann”, schildert Melanie Mallmann, Polizeihauptkommissarin der Kreispolizeibehörde Düren. Die Polizei ist daher im Umgang mit Opfern von Sexualdelikten besonders sensibilisiert. Nur ein geschulter Kollege bzw. Kollegin stellt detaillierte Fragen zum Tatablauf. Auch Spuren sollten zeitnah zum Tathergang fachkundig gesichert werden. Eine Spurensicherung am Körper des Opfers führt die Polizei jedoch nur mit dessen Zustimmung durch. „Für das Opfer kann es in einem späteren Verfahren durchaus eine Entlastung darstellen, wenn ausreichend Sachbeweise vorhanden sind, die die Aussage des Opfers stützen können”, erklärt Mallmann.
Die molekulargenetische Untersuchung der Spuren übernimmt das Labor des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes. Selbst wenn nur wenige Kontaktspuren von den Händen des Täters an der Haut oder Kleidung des Opfers zurückgeblieben sind, können die Spurensucher sie finden. So unangenehm es ist: Opfer sollten sich daher auch nicht waschen, bevor sie zur Polizei gehen. Ist der Täter männlich und das Opfer weiblich, wenden die Experten die Y-Chromosomenanalyse an. „Mit den konventionellen DNA-Untersuchungsmethoden, die nicht zwischen Mann und Frau unterscheiden, geht statistisch gesehen mindestens ein Drittel dieser Beweise verloren“, erläutert Lutz Roewer. Er ist Professor und Leiter der Abteilung Forensische Genetik an der Berliner Charité. Vor 27 Jahren hat er die Y-Chromosomen-Analyse entwickelt, die durch immer spezifischere Detektionssysteme sehr genaue Aussagen zum genetischen Profil des Täters liefern kann. Auch sein größtes Anliegen an die Opfer: „Gehen Sie zur Polizei und erstatten Sie Anzeige. Bringen Sie Ihre Kleidung mit, die Sie zum Tatzeitpunkt getragen haben.“Doch manchmal ist die Hemmschwelle einfach zu groß, um direkt nach der Tat die Polizei aufzusuchen. Um trotzdem die Täterspuren sichern zu lassen, solange diese noch nachweisbar sind, können Opfer zu einem Arzt gehen. Das Krankenhaus Düren und das Birkesdorfer St. Marien-Hospital beispielsweise bieten die Möglichkeit der „anonymen Spurensicherung” an, das heißt, die Opfer müssen nicht ihre Identität angeben. Die Spuren werden dann beim Institut für Rechtsmedizin in Köln chiffriert aufbewahrt. Entscheidet sich das Opfer, später Anzeige zu erstatten, werden die chiffrierten Spuren für die Polizeiermittlungen verwendet. Weibliche Vergewaltigungsopfer sollten sich die “Pille danach” vom Arzt verschreiben lassen.
36 Vergewaltigungen (darunter neun Fälle von versuchter Vergewaltigung) und acht Fälle von sexueller Nötigung haben Opfer in der Polizeistelle Düren 2014 angezeigt. Je 75 Prozent dieser Taten konnte die Polizei aufklären. Die Aufklärungsquote ist im Vergleich zu anderen Straftaten laut Mallmann sehr hoch. Die Polizeihauptkommisarin begründet dies damit, dass Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen oftmals sogenannte „Beziehungstaten“ sind, Opfer und Täter sich also kennen oder sogar miteinander verwandt sind. Hier sei die Hemmschwelle des Opfers, eine derartige Tat anzuzeigen, ungleich höher, als wenn es sich um einen „fremden“ Täter handelt. Wird jedoch Anzeige erstattet, kann die Polizei den Täter oft durch ihre Ermittlungen im Umfeld des Opfers, sowie aufgrund der Personal- und Sachbeweise identifizieren und ergreifen.
Speziell für Kinder und Jugendliche gibt es den Aufklärungsflyer „Trau dich!“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, abrufbar unter http://www.bzga.de/infomaterialien/praevention-sexueller-kindesmissbrauch/trau-dich-initiativen-faltblatt/
Mögliche Ansprechpartner:
Polizei NRW
Notruf: 110
www.polizei.nrw.de
WEISSER RING e.V.
Opfertelefon (kostenfrei): 116006
Telefon des Landesbüros NRW/Rheinland: 02421 – 16622
www.weisser-ring.de
Frauennotrufe NRW
www.frauennotrufe-nrw.de
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband NRW e.V.
Kinder- und Jugendtelefon (kostenfrei): 0800 111 033 3
www.kinderschutzbund-nrw.de
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