Kreise, Kreis Euskirchen: Da könnte eine gewaltige Antragsflut auf die Kreisverwaltung zukommen: Die von Bund und Land kurzfristig anvisierte Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) dürfte zu einer Verdopplung der Anträge führen. Unweigerliche Folge: Es müssten zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden. Landrat Günter Rosenke hat jetzt die hiesigen Bundes- und Landtagsabgeordneten angeschrieben und gegen diesen „Schnellschuss“ protestiert.
Politik ist in der Regel ein Thema für die Langstrecke. Aber ausnahmsweise wird auch schon mal ein Sprint eingelegt – wie jetzt beim UVG. Vor wenigen Wochen haben sich Bund und Länder auf eine Neuregelung der Finanzbeziehungen geeinigt. Ein Bestandteil dieser Regelung sind auch Änderungen beim UVG, die bereits zum 1. Januar 2017 in Kraft treten sollen. Das Bundeskabinett brachte am Mittwoch eine Ausweitung des Unterhaltsvorschusses auf den Weg. Dieses Gesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen das Kind eines alleinerziehenden Elternteils eine Unterhaltsleistung als staatliche Sozialleistung erhält. Neu ist jetzt, dass die Altersgrenze von zwölf auf 18 Jahre angehoben wird und die Befristung der Bezugsdauer (bisher sechs Jahre) aufgehoben wird.
In einer Pressemitteilung erklärte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig dazu: „Bislang zahlt der Staat höchstens sechs Jahre lang und für Elternteile mit Kindern ab zwölf Jahren gar nicht. Kinder wachsen, kommen in die Schule. Jetzt zum Beispiel werden dicke Jacken und Winterschuhe gebraucht. Gerade, wenn der Partner keinen Unterhalt zahlt, muss der Staat besser unterstützen. Deswegen soll der staatliche Vorschuss jetzt für Kinder bis zum Alter von 18 Jahren ausgeweitet werden. Davon werden zusätzlich mindestens 260.000 Kinder profitieren.
So sinnvoll die Gesetzesänderung für die Betroffenen ist, für das Kreisjugendamt bedeutet die Umsetzung zum 1. Januar 2017 ein großes Problem: Über tausend zusätzliche „Fälle“ werden zu bearbeiten sein, was einer Steigerung von etwa 112 Prozent entspricht. Kurzfristig müsste mehr Personal eingestellt werden, außerdem müssten Büroräume dafür freigemacht und die Software angepasst werden. Da das Gesetz frühestens Mitte Dezember 2016 verabschiedet werden kann, ist nach Auffassung der Kreisverwaltung eine ordnungsgemäße und bürgerfreundliche Vorbereitung für die Kommunen faktisch ausgeschlossen.
Landrat Rosenke ist daher der Meinung, dass eine Umsetzung zum 1. Januar 2017 ein „Schnellschuss“ wäre, der automatisch zu Frustration bei den Bürgern führen würde. „Ich denke, dies kann weder im Sinne der Bundes- noch der Landespolitik liegen“, so Rosenke. Aus diesem Grund hat er nun die hiesigen Bundes- und Landtagsabgeordneten angeschrieben und auf die Problematik aufmerksam gemacht.Dazu zählt auch, dass es noch erheblichen Klärungsbedarf bei den finanziellen Folgewirkungen der beabsichtigten Änderungen des UVG gibt, denn valide Kostenschätzungen liegen noch nicht vor. Landrat Rosenke dazu: „Es muss sichergestellt werden, dass die finanzielle Zusatzbelastung der Kommunen vollständig ausgeglichen wird.“
Er regt weiter an, die derzeit bestehende Doppelbürokratie abzuschaffen. Er hält das Nebeneinander von Leistungsansprüchen im SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) und im UVG weder für sinnvoll noch für zeitgemäß. Eine aktuelle Studie des Statistischen Bundesamtes hat nämlich ergeben, dass 87 Prozent der derzeitigen Leistungsbezieher nach UVG auch SGB II-Leistungen erhalten. Diese Leistungen werden von den Jobcentern und den UVG-Stellen miteinander verrechnet, so dass die Familien hierdurch keinerlei finanzielle Vorteile haben. Auf das Problem dieser Doppelbürokratie hatte bereits der Bundesrechnungshof 2012 hingewiesen, ohne dass sich seither etwas getan hätte.
Hier finden Sie das Schreiben an die Abgeordneten
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