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Von April bis November ist das nostalgische Kolonialwarengeschäft jeden Tag geöffnet. [Fotos: bwp]

Tante Emma-Läden: Erinnerung an frühere Einkaufskultur

Mechernich, Kommern: Früher gab es in jedem Dorf noch einen Gemischtwarenladen, in dem sich die Bewohner mit Lebensmitteln und notwendigen Utensilien für das tägliche Leben eindecken konnten. Zudem waren diese Tante Emma-Läden Treffpunkt der Dorfbevölkerung, an dem Neuigkeiten, Klatsch und Tratsch ausgetauscht wurden… In Zeiten von Einkaufszentren und wachsendem Internethandel müssen jedoch immer mehr kleine Dorfläden schließen.

In lockerer Reihenfolge wollen wir Tante Emma-Läden und Fachgeschäfte in der Eifel vorstellen, die oft seit Generationen für ihre Kunden da sind und dem Trend trotzen. In manchen Dörfer lassen findige Geschäftsleute diese alte Tradition – Nahversorgung vor Ort – ganz bewusst wieder aufleben. Wenn auch Sie solch einen liebenswerten Dorfladen in Ihrer Nähe kennen, schreiben Sie uns. Wir freuen uns auf Ihre Anregungen!

In unserer ersten Folge stellen wir Ihnen das Tante Emma-Lädchen im Freilichtmuseum Kommern vor:

„Handlung“ steht über der Tür des dreihundert Jahre alten Fachwerkhauses mit den Butzenscheiben-Fenstern und dem dickem Reetdach. Auf der Sandsteinstufe vor dem Haus räkelt sich eine Katze in der Sonne. Neben dem Eingang eine Tafel mit den Worten „Tante Emma Laden Anno 1930 mit Verkauf“. Seit fast 20 Jahren betreibt das Kommerner Freilichtmuseum diesen kleinen Laden und bewahrt so die Erinnerung an eine Einkaufskultur, wie sie früher in jedem Dorf zu finden war.
Cornelia Jaeck heißt die „Tante Emma“, die hinter der Ladentheke des musealen Kolonialwarenladens steht. Lächelnd, mit blau-weiß geblümter Schürze – inmitten von Schätzen aus einer vergangenen Zeit. Emaillierte Töpfe und Tiegel, blau getupfte Keramik, Holzlöffel, Bürsten und Klammern füllen die alten, eierschalfarben gestrichenen Holzregale und stehen zum Verkauf. In Gewürztütchen werden Wacholderbeeren, Lorbeerblätter und getrocknete Kräuter angeboten. Gleich daneben stehen braune Packpapiertüten gefüllt mit Lindenblüten-, Salbei- oder Brennnesseltee. Davor ein strohgefüllter Korb mit frischen Eiern der Museumsgänse.

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Vom hölzernen Treppenpodest haben die Kinder freien Blick auf das süße Sortiment.

Drops, Pastillen, Liebesperlen, Lollies und Lakritzstangen leuchten aus prall gefüllten Bonbongläsern neben einer verschnörkelten Metallkasse. Griffbereit hängen dreieckige, weiße Papiertütchen, in die die Wünsche der großen und kleinen Kunden abgefüllt werden. Sobald Kinder das süße Angebot entdecken, strahlen die Augen. Ehrfürchtig staunend steigen die Pänz auf das zweistufige Leiterpodest und betrachten die verlockende Fülle. Mit Bedacht wählen sie aus der bunten Vielfalt und Cornelia Jaeck lässt die Leckereien in die Dreieckstütchen fallen, während sie in Gedanken die einzelnen Posten addiert. „Da muss man schon seinen Kopf beisammenhalten“, erzählt sie. „Wenn hintereinander drei Schulklassen hier hineinstürmen, wird’s eng.“ Dann muss sie manchmal die gemischte Süßigkeitentüte noch einmal leeren und mit dem Rechnen von vorne anfangen.

Bei den Erwachsenen sind Wurstwaren wie Mettwürstchen, Speck oder Schinken vom so genannten KommernSchwein begehrt. „Das ist eine robuste Rückzüchtung des deutschen Weideschweins. Unsere Tiere laufen hier frei auf den Museumswiesen herum“, erklärt sie. Die Qualität der herzhaften Würstchen hat sich mittlerweile bei den Besuchern herumgesprochen. „Viele Gäste kaufen sie vor Beginn ihrer Tour hier im Laden und machen dann ein Picknick im Gelände.“ Auch Museumsschmied Dieter Knoll, der seine Werkstatt in einem kleinen Häuschen schräg gegenüber hat, schaut regelmäßig vorbei und versorgt sich mit den würzigen Würstchen für seine Brotzeit. Während des historischen Jahrmarkts war die Nachfrage so groß, dass alle Vorräte verkauft wurden. „Heute wurde aber bereits eins unserer Schweine in die Schlachtung gebracht“, erzählt die 51-Jährige. Die Verkaufsvitrine des Museumsladens ist also bald wieder gefüllt. Beliebt sind auch die frischen Eier der Museumsgänse und -Hühner. „Stammkunden reservieren sich vor ihrem Rundgang ihre Eier bei uns im Laden und nehmen sie sich dann auf dem Rückweg mit nach Hause.“

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Kindheitserinnerungen werden wach beim Besuch des musealen Tante Emma-Ladens.

Absoluter Hingucker ist der große, hölzerne Verkaufsschrank mit zahllosen, fast quadratischen Schubladen. Gerste, Erbsen, Linsen, Rosinen und Pflaumen, Kartoffelmehl oder Malzkaffee steht auf den alten Metallschildchen. „Nein, das können wir aus hygienischen Gründen heute nicht mehr lose verkaufen“, erklärt Cornelia Jaeck und zieht lachend eine der Schubladen heraus. „Hier verstecken wir unsere Süßigkeitenvorräte.“ Im Vitrinenschrank daneben sind hinter den gläsernen Schiebetüren nostalgische Verpackungen dekoriert: Da lagern aufwändig verzierte Pralinen- und Parfümverpackungen, alte 4711 Kölnisch Wasser-Fläschchen in allen erdenklichen Größen, original verpackte Haarklammern und Hosenträger, nostalgische Bierflaschen und Blechdosen.


„Bis vor Kurzem funktionierte die alte Kasse noch“, bedauert Cornelia Jaeck, während sie die Münzen der Kinder in eine schlichte, moderne Kasse sortiert. „Bald werden wir auch Kartenzahlung anbieten können“, fährt sie fort. Eigentlich ein Anachronismus in diesem Bilderbuch-Laden, „aber viele Kunden wollen das so.“

Das nostalgische Lädchen ist bis November montags bis samstags ab 10.00 Uhr geöffnet. An Sonn- und Feiertagen können die Besucher bereits ab 9.00 Uhr stöbern. Untergebracht ist der kleine Kolonialwarenladen in einem reetgedeckten Fachwerkhaus aus dem frühen 18. Jahrhundert. Ursprünglich stammt dieses Haus aus Großholbach im Westerwaldkreis. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein so genanntes „Rauchhaus“, das über keinen Kaminabzug verfügt. Der Rauch des Herdfeuers stieg ungehindert zum Dach auf und präparierte dort die Balken vor Schädlingsbefall. Die Stallungen für das Vieh waren unter dem tiefergezogenen Dach an der hinteren Giebelseite angebaut.

8.4.2016LebenMechernich, Kommern0 Kommentare bwp

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