Eifel: »Vezäll me nix, äve sach me alles«, mit dieser Formel habe er als junger Anästhesist manchem eingefleischten Eifeler Patienten die Lippen geöffnet, berichtete der frühere Mechernicher Kreiskrankenhaus-Chefarzt Dr. Udo Freiberger anlässlich seiner Pensionierung. Im Sinne von »Butter bei die Fische, keine Ausflüchte«, werde der »Verzäll« so als unverbindlichste aller Eifeler Sprech- und Erzählweisen abgekanzelt. »Saare« ist hingegen im Rheinland fast gleichbedeutend mit »die Wahrheit sagen«.
Mit »Wells de me net jett saare?«, signalisiert der Zuhörer größte Diskretion, auf die sich der Sprechende (»Ich moss de jett saare«) auch verlassen können muss. Wohingegen »Sach ens« ebenso wie »Hüer ens« oder »Luer ens« nur nichts sagende Einleitungsfloskeln sind.
Das Tätigkeitswort »fragen« hat ebenfalls meist rein rituelle Bedeutung. Wer wirklich etwas wissen will, der fragt und kündigt die Frage nicht groß an: »Frooch mich nett«, signalisiert entweder »Ich habe keine Ahnung« oder aber »Nun frag mich schon, damit ich loslegen kann«.
Die Ankündigung »Ich moss Dich ens jett froore« kann aber auch eine verhörähnliche längere Befragung einleiten, weshalb nach dieser Ankündigung die meisten Linksrheinländer innerlich in »Habacht-Stellung« gehen.
Mit »Fragen« wurde ehedem auch der entscheidende Moment umschrieben, in dem eine heimliche Liebe zutage tritt, nämlich wenn häer seij »jefrooht« hätt. Oder auch nicht: Pitte hätt Paula jefroht, ovv ött mött ömm john well – unn stell de vüer, datt Mensch hätt eefaach Nee jesaht.
Geht es darum, jemandem zu erklären, wo es lang geht, dann »säht me ömm de Meenung« (die Meinung) oder sogar »de Wohrheet« (die Wahrheit), was selbstverständlich voraussetzt, dass der Redeführer auch tatsächlich Recht hat. So ist es bei moralischer Selbstüberhöhung in der Eifel auch ohne weiteres möglich, »eenem de Kaanes ze säähne«, also jemandem die Leviten zu lesen, die Meinung zu geigen, ihm »bescheid zu sagen«.
Wer oder was ist dieser »Kaanes«, der da sprichwörtlich »gesegnet« wird? Manfred Konrads aus Manscheid, pensionierter Lehrer, versierter Eifelkundler, Buchautor und Inhaber des Rheinlandtalers, gab bereits 1981 in der Buchreihe »Rheinische Mundarten« in seinem Werk »Wörter und Sachen im Wildenburger Ländchen« Auskunft.
Darin steht nachzulesen, dass der Ausdruck von dem hierzulande sehr geachteten, aber auch sehr gefürchteten Kirchenlehrer, dem Heiligen Petrus Canisius (1521 – 1597), kommt, mit dessen Katechismus in der Hand sich leicht Vorhaltungen machen ließen.
Konrads berichtet in seinem Buch, dass bereits das wissenschaftliche Rheinische Wörterbuch (Band IV, Spalte 136) von 1938 aus Dollendorf (heute Gemeinde Blankenheim) die Redewendung überliefert hatte: »Ech han em de Kanisius gesent« im Sinne von »Ich habe ihm Vorwürfe gemacht«.
Aus: Manfred Lang “Platt öss prima! II”, KVB-Verlag, Edition Eyfalia, ISBN: 978-3-942446-00-6
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