Umland: Vier Wochen lang reiste unsere EIFELON-Topfguckerin durch Neuseeland und lernte Land und Leute, Flora und Fauna kennen. Im zweiten Teil ihres Reiseberichts erzählt sie vom neuseeländischen National-Vogel Kiwi, von Umweltproblemen durch intensive Schafzucht, berichtet vom ungewöhnlichen „Wild Food Festival“ und über Hangi, das Traditionsgericht der neuseeländischen Ureinwohner Maori:
Die Abgeschottetheit der neuseeländischen Inseln brachte es mit sich, dass viele Tiere lange Zeit keinerlei natürliche Feinde hatten. Somit mussten manche Vögel auch keine Flügel ausbilden. Der typische Vertreter, flügellos, war der Kiwi, eines der Nationalsymbole Neuseelands. Der nachtaktive Vogel lebt im Gebüsch in Erdhöhlen, wo er auch sein überdimensional großes Ei ausbrütet. Heute ist er von dem Feind Mensch wohl geschützt, nicht aber vor „eingebürgerten“ tierischen Feinden, allen voran dem Possum, einer Beutelratte, die nicht mit dem in Amerika heimischen Opossum verwechselt werden sollte.
Die Neuseeländer nennen das Possum „Pest“, weil es mit seinen 70.000.000 Exemplaren in der Tat große Schäden anrichtet: Es ist wie der Kiwi nachtaktiv, frisst dann Insekten, Vogeleier und ganze Bäume kahl. Gift und andere Maßnahmen zur Dezimierung wirken nur bedingt. Jeder Neuseeländer freut sich über ein überfahrenes Exemplar, das auf den Straßen liegt. So wurde die Idee geboren, einmal im Jahr ein sogenanntes „Wild Food Festival“ zu veranstalten. Hier kreieren Köche verschiedene Gerichte , die allesamt zur Reduzierung der Possum-Population beitragen sollen – mit mäßigem Erfolg. Die Kiwis haben wenig Zutrauen in Gerichte wie „Road kill“ (Unfallopfer), „Headlight delight pie“( Stoßstangenschmaus) „Guess that mess“ (Rate mal, was das hier ist). Auch auf mich wirkte der Gedanke an ein Possum-Gericht nicht unbedingt appetitanregend… So wird die Natur weiter leiden an den 1837 von Australien eingeschleppten Tieren, die ursprünglich zum Aufbau der Fellindustrie dienen sollten. Heute wird aus dem Fell der Tiere eine Wolle gewonnen, die zu sehr warmen Pullovern und Mützen verarbeitet wird.
Zu den nützlichen Tieren gehören die Schafe, sehr schön anzuschauen: Weiße Flecken auf unendlichem Grün, wenn man als Autofahrer über Landstraßen fährt. Aber mussten es 50.000.000 sein? Die europäischen Einwanderer rodeten zahllose Wälder, um Farmland zu gewinnen, speziell für eben diese Schafe. Sie taugen heute zur Vermarktung von Fleisch, weniger zum Verkauf der Wolle, da der Wollpreis extrem gesunken ist. Als begeisterte Köchin habe ich selbstverständlich ein typisches neuseeländisches Lammgericht für Sie mitgebracht und in der „Topfgucker“-Rubrik eingestellt. Da die neuseeländischen Schafe das ganze Jahr über auf den Weiden grasen, bekommt ihr Fleisch einen zart-würzigen Geschmack. Ein Problem der intensiven Schaf-Zucht ist der Ausstoß von jährlich 13 Megatonnen Methan, das die Atmosphäre erheblich schädigt: Ein Kilogramm Methan trägt so stark zur globalen Erwärmung bei wie 21 Kilogramm Kohlendioxid. Die Schafe sind für 58 Prozent des gesamten Methanausstoßes in Neuseeland verantwortlich.
Neuseeländer haben bekanntlich einen trockenen Humor. So meinen einige Spaßvögel, man könne diesem Problem nur Herr werden, indem man Fackeln an den Hinterteilen der Schafe anbringt, um das austretende Gas durch Verbrennen in Kohlendioxid zu verwandeln. Wissenschaftler experimentieren währenddessen mit Darmbakterien, um so den Verdauungsvorgang der Tiere zu verbessern. Ob das dem Rückgang der Ozonloches dienen könnte? Wir haben uns auf jeden Fall ständig mit Schutzfaktor 50 eingecremt, um einem Sonnenbrand vorzubeugen. Genauso handhaben es alle Neuseeländer, besonders streng wird an Schulen darauf geachtet, dass kein Kind in die Pause geht, ohne zuvor Sonnenschutz aufgetragen zu haben.
Was uns neben der großartigen Landschaft sehr beeindruckt hat, war, wie die Neuseeländer die Kultur der Maori integriert haben. Anders als die Aborigenies in Australien leben sie ein gleichberechtigtes Leben in der neuseeländischen Gesellschaft.
Vor etwa 1.000 Jahren ließen sich auf der Nordinsel Polynesier nieder, die die Maori-Kultur begründeten, während die ersten Europäer erst 1642 neuseeländischen Boden betraten. 1840 wurde ein für die Maori fataler Vertrag unterzeichnet. Er sah vor, dass die britische Krone das Recht erhielt, von den Maoris Land zu kaufen. Im Gegenzug wurden sie britische Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten. Missverständnisse ergaben sich aus zwei Sprachversionen, die unterschiedlich interpretiert wurden. Die Streitigkeiten dauern bis heute, manche werden mit Geldzuweisungen an die Maoris beigelegt.
Heute leben und arbeiten die Maoris inmitten der modernen neuseeländischen Gesellschaft und pflegen trotzdem ihr kulturelles Erbe. So können Touristen an abendlichen Performances teilnehmen, die in nachgebauten Maoridörfern zelebriert werden. Wir genossen einen Abend mit Haka-Tänzen. Die Zuschauer erleben den traditionellen, ritualisierten Kriegstanz vor einer nachgestellten Dorfkulissse auf einer Bühne mit offenem Feuer und geschnitzten Säulen. Das Rollen der Augen und das Herausstrecken der Zunge diente zur Abschreckung des Gegners. Noch heute wird dieser Tanz vor jedem Rugby-Spiel getanzt. Ob die Maoris die gegnerische Mannschaft dadurch einschüchtern können, wer weiß? Zu der abschreckenden Wirkung trägt der Moko bei, eine ehemals dauerhafte Verzierung von Gesicht und Körper. Moko wird mit Schab- und Kratzwerkzeugen aus Stein und Knochen erzeugt. Es galt als Symbol der Stammeszugehörigkeit und markierte auch den Eintritt ins Erwachsenenleben. Heute bemalen sich die Maoris mit abwischbaren Farben, wenn sie eine Performance tanzen. Gäste können am Ende der Vorstellung auch das traditionelle Hangi-Gericht zu sich nehmen. Bei dieser Zubereitungsart nach Art der Polynesier wird Essen in Flachs zu Päckchen gewickelt, das dann in einer Grube mit Erde bedeckt auf heißen Steinen gegart wird. Dieses Ritual ist noch heute in ganz Neuseeland beliebt, obgleich es viel Übung und Geduld erfordert, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Es soll ein besonderes Geschmackserlebnis hervorbringen. Die Touristen konnten Hangi verspeisen, das aber sicher mit modernen Methoden zubereitet und gegart wurde. Es bestand aus Kartoffeln, Kürbis, Lamm oder Huhn.Eine vierwöchige Reise kann sich lang oder kurz anfühlen. Wir auf jeden Fall wussten am Ende, dass es noch so viel zu sehen und zu erleben gibt, dass das Fazit nur heißen kann: Tu’s noch einmal. Die Rezepte, die ich von der Reise mitgebracht habe, werde ich garantiert noch einmal kochen.
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