Umland: Die Finnen haben es gut, denn bei ihnen wohnt der Weihnachtsmann. Oben im hohen Norden, in Lappland. Der Berg Korvatunturi nahe der russischen Grenze ist sein Zuhause. Von hier aus kann der Weihnachtsmann die Wünsche aller Kinder auf der Welt hören, denn Korvatunturi hat die Form eines Ohres. Allerdings ist der Berg weit abgelegen. Deshalb hat sich der Weihnachtsmann einen Zweitwohnsitz zugelegt, 238 Kilometer südlicher, am Rande der läppischen Stadt Rovaniemi. Hier können die Menschen ihn besser besuchen, vor allem Touristen und Einheimische mit ihren kleinen Kindern. Und immerhin: Die Sonne ist dort im Dezember wenigstens zur Mittagszeit am Horizont zu sehen. Dann reflektiert der feste, weiße Schnee die ankommenden Strahlen und sorgt für einen Lichtblick am Tag. Das erzählt Paula Saarenpää, Dozentin für Deutsch an der Technischen Universität Tampere, nach Helsinki zweitgrößte Stadt Finnlands. Selbst lebt sie in Kangasala, Partnerstadt von Zülpich, die sie schon besucht hat. Für EIFELON stellt Paula Saarenpää einige Weihnachtsbräuche in ihrer finnischen Heimat vor:
Abends am 23. Dezember – zur Zeit der Hauptnachrichten – spaziert höchstens noch die Katze auf der Straße. Die Finnen aber sitzen allesamt drinnen vor dem Fernseher und erleben live den Start mit, wenn sich der Weihnachtsmann mit seinen Helfern, den Wichteln, auf dem Schlitten mit vorgespannten Rentieren von seinem Ohrberg Korvatunturi auf den Weg zu den Kindern im Süden des Landes macht. Und das schafft er natürlich binnen 24 Stunden, weil der Weihnachtsmann ja quasi um die Ecke wohnt. Die Zwischenzeit vertreiben sich die Finnen mit Baumaufstellen, Schmücken, Essen und dem Kirchgang. Dabei steht traditionell am 24. Dezember Reisbrei auf dem Mittagstisch. Anders als bei uns, gibt es bereits zu Heilig Abend das Festessen, ein Dreigängemenü. Über Nacht hat der sieben bis zehn Kilo schwere Schweinebraten den ganzen Ofen ausgefüllt und bei niedriger Temperatur vor sich hin gegart. Er wird kalt mit warmer Soße nach der Vorspeise – zum Beispiel ein Büffet mit Hering oder Lachs – gereicht, zusammen mit Kartoffel-, Möhren- oder Steckrüben-Aufläufen, sowie „Rosolli“, einem Salat aus Roter Beete, Äpfeln, Kartoffeln und Salzgurken. Für die Nachspeise gibt es kein traditionelles Rezept, sie kann etwa aus Eis bestehen.
Danach ist es soweit: Es klingelt an der Haustür und hereinspaziert kommt der Weihnachtsmann. Singend wird er von der Familie begrüßt und setzt sich gemütlich zu ihr ins Wohnzimmer. Dort halten alle erst einmal einen Plausch. Der Weihnachtsmann erzählt, dass die Kinder brav waren und wie beschäftigt er mit den Geschenken war. Und die liegen in Finnland traditionell nicht unter dem Weihnachtsbaum, einer finnischen Fichte, sondern der Weihnachtsmann bringt die Geschenke mit zu den Kindern in seinem Sack. Anschließend erhebt er sich wieder und zieht weiter zu den anderen Familien.
Am 25. Dezember laden in der Früh die Glocken zum Weihnachtsgottesdienst um 8.00 Uhr ein. Früher gingen die Menschen auf dem Land erst dann in den Gottesdienst und nicht schon am Heiligen Abend, wie es heute allgemein üblich ist – mit Krippenspiel nachmittags für die Kinder und abends der Nachtmesse. Die meisten Christen gehören der evangelisch-lutherischen Glaubensgemeinschaft an.
Ein frisch gezaubertes Festessen gibt es am ersten Weihnachtstag nicht. Jetzt wird der Rest des Zehn-Kilo-Bratens verputzt. Der 26. Dezember ist auch in Finnland zweiter Weihnachtstag. Paula Saarenpää erzählt, dass dann viel Verkehr auf den Landstraßen herrscht, weil sich nun die Verwandten untereinander besuchen. Die meisten Finnen haben zwischen den Jahren frei. Am Silvesterabend gibt es Würstchen mit Kartoffelsalat. Auf das neue Jahr stoßen Paula Saarenpää und ihre Landsleute wie wir mit Sekt an und schießen Feuerwerk in die Luft.
Verschneite Weihnachten und ein weißer Jahreswechsel in Kangasala? Gern hätte die 53-Jährige diese Frage mit einem eindeutigen Ja beantwortet. Die Warmluft aus dem Süden lässt sie jedoch zögern. Naja, dann hat es der Weihnachtsmann auf seinem Schlitten nicht so kalt.
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