Zülpich: Auf welche Schule soll mein Kind nach der Grundschule gehen? Diese Frage ist für Familien wichtig, schließlich geht es um die Zukunft der Kinder. In Zülpich hat diese Frage nun zu Problemen geführt. Denn die Hauptschule hat im Gegensatz zum Gymnasium und zur Realschule sinkende Schülerzahlen zu vermelden. Was also kann getan werden? Würde nur der Rat und nicht die Bürger gefragt, wären die Ratsmitglieder sicherlich Ende August der Empfehlung des Ausschuss für Schulen, Soziales, Sport und Kultur gefolgt. Der hatte in seiner Sitzung am 29. Juni empfohlen, mit Beginn des Schuljahres 2016/2017 Real- und Hauptschule aufzulösen und eine Gesamtschule einzurichten. Doch die Eltern liefen Sturm. Es gründete sich eine Elterninitiative, es gab eine Demonstration und schließlich entschieden die Politiker, einen Ratsbürgerentscheid zum Thema Schulentwicklung herbeizuführen. Am 27. September haben die Bürger nun die Wahl und können abstimmen, ob sie eine Gesamtschule oder lieber das bisherige Schulsystem in Zülpich haben wollen.
Kurzfristig hatte Bürgermeister Albert Bergmann am vergangenen Dienstag zu einer Informationsveranstaltung ins Forum eingeladen, zu der rund 300 Eltern und Lehrer erschienen waren.
Der Beigeordnete Ulf Hürtgen hatte Argumente Für und Wider eine Gesamtschule aus Lehrer- und Elternschaft gesammelt und diese zunächst vorgestellt. Unter anderem hieß es dort, dass die Zahlen sowohl für das Gymnasium als auch für die Realschule stabil sind und dass ein dreigliedriges Schulsystem auch eine Nische für Zülpich sein könnte. Trotzdem es gab die Befürchtung, dass das Franken-Gymnasium neben einer Gesamtschule in seiner Existenz bedroht wäre. Außerdem wurde aufgeführt, dass es nach dem 12. Schulrechtsänderungsgesetz möglich ist, eine Realschule „plus“ einzurichten. Das bedeutet, die Realschule könnte einen Hauptschulzweig anbieten.
Die Pro-Argumente für die Gesamtschule beinhalteten unter anderem die Befürchtung, dass die Hauptschule keine Zukunft mehr hat und zum Auffangbecken auch für schwer beschulbare Schüler aus anderen Kommune werden könnte. Die Kooperationsmöglichkeiten der Oberstufen von Gesamtschule und Gymnasium wurden hervorgehoben und dass die Gesamtschulen als Ganztagsschulen eine gesicherte Betreuung anbieten können.
Alle Argumente wurden von Expertenmeinungen unterfüttert. Klaus Fischer war 17 Jahre Jahre didaktischer Leiter der Gesamtschule Weilerswist und warb für die Einrichtung einer Gesamtschule in der Römerstadt. Professor Dr. Jochen Krautz stand dem entgegen. Er lehrt Kunstpädagogik am Fachbereich Design und Kunst der Bergischen Universität Wuppertal und zu seinen Forschungsgebieten zählen Allgemeine Pädagogik und Bildungstheorie sowie die Bildungspolitik.
Fischer bemängelte am dreigliedrigen Schulsystem die frühe Selektierung der Kinder. Die frühzeitige Festlegung behindere ihre Entwicklungsmöglichkeiten- und chancen. Die Gesamtschule halte dagegen die Schullaufbahn lange offen und vergebe alle Schulabschlüsse vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur. Die Kinder lebten in der Schule und könnten eine andere Beziehung zu ihren Lehrern aufbauen. Der Ganztag biete unglaubliche Möglichkeiten für die Kinder, hob Klaus Fischer hervor.
Jochen Krautz stimmte Fischer darin zu, dass es die Aufgabe des Pädagogen sei, jedes Kind optimal zu fördern. Doch dies liege nicht an der Schulform, betonte der Dozent. Die frühe Schulformentscheidung sei kein Problem, da die Durchlässigkeit gegeben sei. Von der Zülpicher Realschule wechselten etwa 50 Prozent an das Gymnasium. Während Fischer den hohen Bedarf an Nachhilfeunterricht der Gymnasial- und Realschüler bemängelte, führte Krautz dies eher auf den Akademikerwahn zurück, der bei Eltern zu Fehlentscheidungen bei der Schulwahl führe. Den Handwerksbetrieben fehle der Nachwuchs, bemängelte er die hohe Zahl der Abiturienten. Die Hauptschule sei auch ein Refugium gerade für schwache Schüler, hob Krautz hervor.
Eines wurde während der anschließenden Diskussion schnell klar: Die anwesenden Eltern haben sich ihre Meinung eigentlich schon gebildet und so prallten die unterschiedlichen Auffassungen aufeinander. Ursula Pielen, Leiterin der Hauptschule, beklagte, dass sie zum einen sehr viele Rückläufer aus den anderen Schulformen aufnehmen und die in die bestehenden Klassen integrieren müsse. Mit Blick auf die umliegenden Kommunen, die nach und nach ihre Hauptschulen schließen und Gesamtschulen einrichten, sagte sie, dass ihre Schule dann alle Schüler mit Hauptschulempfehlung aufnehmen müsse und das sei nicht gut. Eine Mutter meinte, anscheinend werde in Zülpich doch gute Arbeit an den Schulen geleistet. Sie richtete sich dann direkt an Bergmann und Hürtgen. Die Frage sei doch, wie könne man der Hauptschule helfen und „warum glauben Sie denn, dass eine Gesamtschule die Probleme löst?“.
Bürgermeister Albert Bergmann und Ulf Hürtgen verwiesen darauf, dass sie Verwaltungsbeamte seien, „da müssen sie die Politiker fragen“, sagte Bergmann. Diese Bemerkung rief jedoch CDU-Fraktionschef Ralf Engels auf den Plan. „Mir platzt hier gleich der Kragen“, rief er aus und betonte, dass das Problem an die Politik von der Verwaltung herangetragen worden sei.
Die Bürger haben nun also am 27. September die Wahl: Gesamtschule oder doch lieber das bisherige Schulsystem mit Gymnasium, Real- und Hauptschule behalten?
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