Eifel: Es ist Ferienzeit, der Urlaub steht kurz vor der Tür und man hat endlich Zeit, ein gutes Buch zu lesen. Hier ein paar Tipps für die Urlaubslektüre:
Hokku, Haikai, Haiku
Drei Zeilen, in denen die Welt erklärt wird. Drei Zeilen, die berühren, die aufmerksam machen. Drei Zeilen – mehr nicht. Die Rede ist von Haikus. Diese Gedichtform gilt als kürzeste Form der Welt und hat seinen Ursprung in Japan. Dort werden Haiku-Dichter hoch verehrt. Inzwischen haben die Haikus ihren Weg auch in andere Regionen der Welt gefunden und erfreuen sich zunehmend größerer Beliebtheit.
Corinna Griesbach hat sich von dieser strengen Form zu dichten, gefangennehmen lassen und brachte zusammen mit Peter Schnell ein ganz besonders Büchlein heraus: Haikus in vier Sprachen. Gemeinsam mit Peter Schnell teilt sie die Liebe zu den Haikus. Die Gedichte von Corinna Griesbach sind in Deutsch, Peter Schnell schreibt auf spanisch, hat aber Griesbachs Haikus ins Spanische und seine ins Deutsche übersetzt. Außerdem gibt es eine englische und japanische Übersetzung von allen Haikus, die bewusst nebeneinander stehen. Es macht einen besonderen Reiz aus, diese Gedichte auch in den anderen Sprachen wirken zu lassen – auch wenn man nicht unbedingt viel davon versteht. In jeder Sprache klingt das Gedicht anders. Die wenigsten werden die japanischen Schriftzeichen lesen können. Doch man kann sie einfach nehmen wie die Autorin es ihrem Vorwort beschreibt: als kleine kalligrafische Wunderwerke. Die Haikus in dem Bändchen sind poetische Kleinode, die vom Leben erzählen und berühren.
„Ich atme ein, atme aus
ich lese, schreibe
erst Ebbe, nun Flut“
heißt es in einem Haiku von Peter Schnell. Wie dies im englischen oder spanischen klingt? Lesen Sie selbst: Corinna Griesbach, Peter Schnell, „Hokku, Haikai, Haiku – „Von Fröschen und Menschen“, Außer der Reihe 17, ISBN 978-3-95765-060-3, 12,90 Euro.
Etwas mehr Zeit ist notwendig, um Nino Haratischwilis Werk „Das achte Leben (für Brilka)“ zu lesen, denn das Epos umfasst 1.275 Seiten. Doch wer dicke Schmöker liebt, wird auch dieses Buch erst beiseite legen, wenn die letzte Seite gelesen ist. Die Autorin lebt in Hamburg, wurde in Tbilisi, der Hauptstadt Georgiens, geboren und ist eigentlich Theaterautorin und -regisseurin. Ihren Roman lässt sie in Georgien im Jahr 1900 beginnen mit der Geburt von Stasias, der Tochter eines angesehenen Schokoladenfabrikanten in Tbilisi. Voller Intensität entwickelt Haratischwili ihre Charaktere und zieht den Leser sofort in ihre Welt. Sie verknüpft meisterhaft die bewegenden Erlebnisse einer georgischen Familie mit den gewaltigen Umbrüchen, Revolutionen und Kriegen, die das kleine Land im Kaukasus im 20. Jahrhundert mehrfach umwälzten. Sechs Generationen begleiten die Leser. Von Liebe und Hass, Hoffnungen und Zerstörungen, Triumph und Verrat schreibt Nino Haratischwili. Sie lässt Niza, Stasias Urenkelin, erzählen. Die Schicksale der Menschen sind wie Fäden in einem alten Teppich miteinander verwoben. Die Autorin erzählt das Epos in einer packenden und lebendigen Sprache und die Charaktere sind förmlich greifbar. Ein Buch für einen Urlaub am Strand oder in einer verlassenen Berghütte.
Nino Haratischwili, „Das achte Leben (für Brilka)“, Frankfurter-Verlagsanstalt, ISBN 978-3-627-00208-4, 37,00 Euro.
Marc Bielefeld beschäftigt sich dagegen in seinem Buch „Wer Meer hat, braucht weniger – Über den Rückzug auf ein altes Segelboot“ mit sich selbst. Er macht sich Gedanken, was er wirklich braucht und startet ein Experiment: Er entschließt sich, auf seinem Segelboot zu leben. Er reduziert seinen Besitz, kündigt seine Wohnung und nennt künftig eine Lion Class sein Heim – sein kleines schwimmende Kloster, wie er es nennt. Zehn Meter und vierundsiebzig Zentimeter ist sein Boot lang.
Hektik, Lärm und Überfluss stören ihn immer mehr und er zieht sich immer öfter in sein schwimmende Refugium zurück, bis er ganz auf sein Boot zieht. Er erkundet die Küsten Dänemarks und Schwedens und segelt durch die Irische See. Dabei lernt er immer wieder Menschen kennen, die die Liebe zum Meer teilen. Und er macht sich Gedanken über Zeit, über das, was er wirklich zum Leben braucht, über Verschwendung und über Sehnsüchte. Der Leser taucht ein in diese kleine, schwimmende Welt auf wenigen Quadratmetern. Man spürt den Wind und lauscht den Regentropfen auf dem Bootsdeck. Es ist ein wundervolles Buch, um dem Alltag zu entfliehen und die Einfachheit des Lebens kennenzulernen.
Marc Bielefeld, Wer Meer hat, braucht weniger – Über den Rückzug auf ein altes Segelboot“, Ludwig Verlag, ISBN 978-3-453-28040-3, 19,99 Euro
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