Kreise, Kreis Euskirchen: Sie ist eine streitbare Frau, die gerne Dinge anschiebt und sich einmischt: Brigitte Siegel ist „Die Frau des Jahres 2016“ und hat den diesjährigen Margaretha Linnery Preis kürzlich während eines Festaktes im Alten Rathaus in Euskirchen verliehen bekommen. Er wird seit zwölf Jahren vom Arbeitskreis Frauen an verdiente Frauen überreicht, die sich besonders für ihre Geschlechtsgenossinnen im Kreis einsetzen.
„Die freiheitliche, besonders auch berufliche Entwicklung von Mädchen und Frauen ist ihr Herzensanliegen und prägt ihren bisherigen Lebensweg in außergewöhnlicher Weise“, sagte Isabelle Stock in ihrer Laudatio über die Preisträgerin und weiter: „Die Frau, der Sie heute Abend den Preis zuerkennen, hat sich damit in ihrem bisherigen Engagement mehr als würdig erwiesen, gerade diese Auszeichnung zu erhalten und damit rund 400 Jahre später in die ideellen Fußstapfen Margaretha Linnery zu treten, die um 1600 herum die erste öffentliche Mädchenschule gründete“.Viel hat die 63-Jährige in ihrem Leben schon angestoßen. Sie war (Mit-)Begründerin zahlreicher politischer Kampagnen, Initiativen und Zusammenschlüssen – national wie international. 1979 wird in Zülpich-Lövenich das Frauenbildungshaus eröffnet und Brigitte Siegel gehört zu den ersten Besucherinnen, bald übernimmt sie dort die Buchhaltung und steigt Anfang der 80er Jahre mit ins Team ein. Für Brigitte Siegel markiere die Arbeit im Frauenbildungshaus Zülpich den Beginn einer neuen Ära in ihrem Leben, erzählte Isabella Stock und zitierte sie: „Ab hier wurde die Frauen- und Lesbenbewegung zu meinem Beruf“. In Euskirchen hat sie zudem einen Grundstein für den Verein „Frauen helfen Frauen“ gelegt. Und sie ist Mitbegründerin der „Fraueninitiative 04“ e.V. in Euskirchen, die ein Konzept entwickelt hat, wie Frauen im Alter, bei Krankheit und im Sterbeprozess nach ihren Bedürfnissen unterstützt werden können.
„Seit jeher setzt Brigitte sich also für die Selbstbestimmung von Frauen ein. Bis heute ist sie in ihrem 1986 gegründeten feministischen Beratungsunternehmen Geld & Rosen (zusammen mit Marie Sichtermann) tätig“, beschrieb Stock weitere Punkte im Lebensweg der Preisträgerin. Moderatorin Karin Stottmeister vom Arbeitskreis Frauen meinte, dass an diesem Abend gleich zwei Frauen in den Mittelpunkt gerückt würden. Zum einen die Preisträgerin und zum anderen die Künstlerin, die den Preis gestaltete: In diesem Jahr fertigte Maf Räderscheid ein Gemälde an.
„Ich stehe hier und bin überwältigt“, erklärte Brigitte Siegel in ihrer Dankesrede. Sie müsse aber an diesem Abend, der am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen stattfinde, auch auf die vielen Fälle häuslicher Gewalt eingehen. „Ich dachte, irgendwann brauchen wir diesen Tag nicht mehr“, doch Taten wie der Mord an einer Frau in Zülpich-Enzen zeigten, „Gewalt ist auch ganz nah“. Sie wies aber auch auf die politische „Großwetterlage“ hin – auf einen Riesenmacho, der Präsident der USA wurde, auf den ungarischen Präsidenten – einen Despoten, der Zäune mit Stacheldraht ziehe – und sie ließ den „türkischen Obermacho“ nicht weg. Sie warf ebenfalls einen Blick auf Nachbarländer wie Frankreich und Österreich. „Wo die Rechten Platz finden, gehen Frauenrechte dahin“, betonte Brigitte Siegel, „wir sind alle aufgerufen, uns zu engagieren – auch die Männer“.
„Es ist wichtig, dass wir hier im Kreis Euskirchen Frauen ehren“, meinte Markus Ramers, Stellvertreter des Landrates, in seinem Grußwort. Frauen in Führungspositionen seien nach wie vor etwas, was nicht selbstverständlich sei: „Die Welt der Wirtschaft wird von Männern dominiert“. Auch Rita Witt, Direktorin des Vorstandsstabes Kreissparkasse Euskirchen, meinte, es sei noch viel zu tun. „Gute Bildung und Qualifizierung ist wichtig und da setzen sie sich ein“, lobte Witt das Engagement der Preisträgerin. Grußworte überbrachten auch Horst Belter als stellvertretender Bürgermeister der Stadt Euskirchen und Holger Schmitz, Fachbereichsleiter Kultur und Soziales der Stadt Mechernich.Trotz aller schweren Themen, die an diesem Abend angesprochen wurden, war es ein Tag des Feierns. Dafür sorgte nicht zuletzt Martina Neschen, die für den musikalischen Rahmen sorgte. „Brigitte hat sich Frauenkampflieder gewünscht“, meinte sie. Mit ihrem Akkordeon „bewaffnet“ setzte sie diesen Wunsch in die Tat um und brachte das Auditorium sogar zum Walzertanzen. Zu den Höhepunkten zählte sicherlich ihre Version der Europahymne „Freude schöner Götterfunken“. „Töchter, Frau‘n aus aller Welt, wir bekehren die Halunken, Liebe zählt, nicht Macht und Geld“, hieß es dort. Doch die Männer ließ sie nicht außen vor: „Alle Menschen werden Schwestern, Brüder ihr seid mitgemeint“, beendete Martina Neschen ihr Lied.
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.