Kall, Urft: „Ich habe gebetet, dass nichts passiert.“ Jochen Dieckmann erinnerte sich an seine Zeit als Lastwagenfahrer. Rund 15 Jahre lang war er in ganz Europa unterwegs – immer begleitet von der Gefahrenquelle „toter Winkel“. Mit dem Team der „Transportbotschafter“ kam er zur Förderschule des Hermann-Josef-Hauses in Urft, um die Schüler bei einem speziellen Verkehrsunterricht auf die Gefahr des toten Winkels aufmerksam zu machen. Ziel der Aktion war es, die Schüler so für das Thema zu sensibilisieren, dass sie mithelfen können, gefährliche Situationen zu verhindern. Denn: „Jeder Fußgänger und jeder Radfahrer ist gefährdet, wenn ein LKW, ein Bus oder ein Transporter rechts abbiegt“, erklärte Alexander Schröder von den „Transportbotschaftern“. Vier tote Winkel gibt es bei einem Lastwagen: Vor und hinter dem Fahrzeug, sowie rechts und links an der Seite. Diese Bereiche sind trotz Spiegel und Fenster für den Fahrer unsichtbar – und wachsen mit der Größe des Fahrzeugs.
Davon konnten sich die Schüler der fünften bis zehnten Klassen der Schule im Hermann-Josef-Haus in Urft selbst überzeugen. Auf dem Schulhof war neben dem Fahrzeug – einem zehn Meter langen Show-Truck aus den USA – eine rote Dreiecksplane ausgebreitet, die den toten Winkel markierte. So konnten ganze Schulklassen buchstäblich neben dem Fahrzeug „verschwinden“, während sich einzelne Schüler abwechselnd ans Steuer setzen durften, um sich zu überzeugen, dass ihre Mitschüler tatsächlich nicht zu sehen sind. In der Fahrerkabine wurde schnell deutlich, welch große Bereiche für den Lenkenden gar nicht einsehbar sind. Am besten bleiben Fußgänger und Radfahrer deshalb schräg hinter dem Fahrzeug – und nicht daneben. Als Merkregel gilt: „Nur wenn du den Fahrer siehst (direkt oder über den Spiegel), kann auch er dich sehen.“
Im Unterricht gingen die „Transportbotschafter“ die Abbiegesituation zunächst theoretisch mit den Schülern durch. Normalerweise führen sie die Veranstaltungen mit Schülern der ersten bis sechsten Klassen durch, aber Marion Maxeiner, stellvertretende Schulleiterin der privaten katholischen Förderschule, hatte sich dafür eingesetzt, dass die ganze Schule an der Aktion teilnehmen konnte. „Einige unserer Schüler sind kognitiv eingeschränkt, deshalb sind abstrakte Dinge wie der »tote Winkel« für sie schwieriger zu verstehen.“ Die „Transportbotschafter“ – ein gemeinnütziger Verein aus Erkrath – waren sofort mit ihrer kostenlosen Aktion „Achtung: Toter Winkel!“ dabei.
So setzten sich auch Schüler mit dem Thema auseinander, die bereits ihren Mofa-Führerschein machen oder gemacht haben. Viele von ihnen kennen den Schulterblick aus der Fahrschule, aber „dem Lastwagenfahrer nützt der nichts“, erklärte Jochen Dieckmann. Und wer hat eigentlich Vorfahrt an der Ampel, wenn der LKW rechts abbiegen will? „Radfahrer und Fußgänger“ wussten die Schüler, aber im Zweifel sollte dennoch Sicherheit über Vorfahrt gehen. Jochen Dieckmann: „Was ist, wenn der LKW-Fahrer abbiegen möchte und dich nicht sieht?“ Für Maurice war die Sache klar: „Dann bin ich platt“, sagte er geradeheraus. Allein in Köln, so berichtete „Transportbotschafter“ Alexander Schröder, habe es im Jahr 2014 insgesamt 55 Verkehrsunfälle wegen des toten Winkels gegeben, davon 15 mit tödlichem Ausgang. Jochen Dieckmann: „Natürlich fahren einige Lastwagen mit Zusatzspiegeln, Kameras und Assistenz-Systemen – aber nicht alle Unfälle können so verhindert werden.“ [pp]
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