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Hans-Jürgen Sittig: „Honigmuscheln“

Eifel: Das Glück des Nilpferds

Das Nilpferd Gerd war ziemlich eitel
Vom hintern Ende bis zum Scheitel.
Er hasste auch sich zu versauen
Und ließ sich eine Dusche bauen.

Gerd mied auch seine Artgenossen,
Die sich zu gern mit Schlamm begossen.
Stattdessen ging er eig‘ne Wege
Und frönte oft der Körperpflege.

Trotzdem war er von sanftem Wesen
Und liebte sehr das Zeitungslesen.
Da las er eines Tags von Pferden,
Den sicher schönsten Tier’n auf Erden.

Ein Foto brachte den Beweis:
Darauf ein Schimmel, groß und weiß
Mit schwarzen Augen voller Glanz
Und hinten dran – ein Pferdeschwanz.

Jetzt wusste Gerd was er begehrte,
Was er als Pferd vom Nil entbehrte.
Sein Pferdeschweif – das war der Gipfel –
War lediglich ein kleiner Zipfel.

Ein Schmerz den armen Gerd durchzuckt,
Im Lexikon stand abgedruckt:
Das Nilpferd sei verwandt mit Schweinen,
Mit großem Kopf und Schwanz, ‘nem kleinen.

Die Nachricht tat den Gerd entsetzen
Und in der Seele tief verletzen.
Sein Selbstbewusstsein wurd’ ganz klein,
Denn jetzt war klar: Er war ein Schwein

Wie sollte er das nur ertragen?
Sein Kummer schlug ihm auf den Magen.
Drei Tage lag er in der Ecke
in einem seiner Grasverstecke.

Bis Harald sein Cousin ihn fand.
Der nahm ihn mit zum Badestrand
Und sprach: Ein Bad wird Dich gewiss kurieren,
Du musst es einfach mal probieren.

So prüfte Gerd mit großem Zeh
den Schlamm – und der tat gar nicht weh.
Und langsam glitt er ins Gewässer
Und bald schon ging es ihm viel besser.

Seitdem lebt er ganz unverdrossen
inmitten seiner Artgenossen.
Vom Kummer konnt’ er sich befrei’n,
Denn auch ein Schwein kann glücklich sein.

(Die Dusche nutzt jetzt ne Hyäne
Für Körper und für ihre Zähne)

Aus: „Honigmuscheln“ von Hans Jürgen Sittig, erschienen im Eifelbildverlag, ISBN 978-3-946328-15-5, 10,90 Euro

17.8.2018LebenEifel0 Kommentare Gast Autor

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