Eifel: Das Thema lässt ihn nicht mehr los. Bereits 1984 beteiligte sich der damalige Hauptschullehrer Franz-Josef Brandenburg mit seinen Schülern an einem Bundeswettbewerb zum Thema Geschichte. Gemeinsam mit 18 Schülern verfasste er ein Buch „Nideggen in schwerer Zeit – Evakuierung und Neubeginn“ und landete mit dieser Dokumentation auf dem fünften Platz. Eins der Kapitel widmete er schon damals dem Schicksal der jüdischen Bevölkerung im Stadtgebiet von Nideggen.
In Vorbereitung der letztjährigen Schmidter Ausstellung „Routes of Liberation“ rückte Brandenburg die systematische Verfolgung und Vernichtung jüdischer Mitbürger während der Nazi-Herrschaft erneut in den Vordergrund. „2013 habe ich mit unserer Bürgermeisterin Margit Göckemeyer Kontakt aufgenommen und vorgeschlagen, auch im Nideggener Stadtgebiet ‚Stolpersteine‘ des Kölner Künstlers Gunter Demnig vor jenen Hauseingängen zu verlegen, aus denen die jüdischen Mitbürger vertrieben und verschleppt wurden.“
Um die Erinnerung an die verfolgten Mitbürger wachzuhalten, überzeugte Franz-Josef Brandenburg in zahlreichen Gesprächen und Briefen viele Menschen, die sich dann seiner Idee anschlossen. Bislang ist genügend Geld gespendet worden, um 43 Stolpersteine auf Nideggener Gemeindegebiet einzulassen. Teilweise begleitet vom Kirchenchor wurden heute die ersten 19 Gedenksteine in den Bürgersteigen von Embken, Wollersheim, Nideggen und Schmidt verlegt. Die restlichen Stolpersteine sollen Mitte nächsten Jahres eingefügt werden.
Manche der privaten Sponsoren haben das Projekt ganz generell unterstützt. Andere wollten gezielt an frühere, verfolgte und verschleppte Freunde und Nachbarn erinnern. So finanzierten sie mit jeweils 120 Euro ganz bewusst zehn mal zehn Zentimeter große Gedenksteine, in die die Lebensdaten der Opfer eingraviert sind: Vor- und Nachnamen, Geburtsdaten und zusätzliche Hinweise wie „geflohen“, „ermordet“, „befreit“. Um an die Schicksale zu erinnern, führte Franz-Josef Brandenburg gemeinsam mit Dieter Weber, dem allgemeinen Stellvertreter der noch amtierenden Bürgermeisterin, kurz in die Geschichte der einzelnen Familien ein und erläuterte anhand seiner Recherchen den Leidensweg vieler ermordeter Juden.
Seit über 30 Jahren erforscht Brandenburg die Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Einwohner im Nideggener Stadtgebiet. Zusammen mit Doris Muders, die er mittlerweile geheiratet hat. Gemeinsam sprachen sie in den vergangenen Jahrzehnten mit den wenigen Eifeler Überlebenden des Holocausts, archivierten Fotos und Erinnerungen. Seit 1989 bringen sie ihre Forschungsergebnisse immer wieder als überarbeitete Publikation in Eigenproduktion heraus. „Umfasste die erste Auflage noch bescheidene 154 Seiten zuzüglich eines Bildteils von 22 Seiten, so hat die Neubearbeitung, die wir derzeit in Arbeit haben, bereits 370 Seiten“, hebt der passionierte Hobby-Historiker hervor. Mitte nächsten Jahres wollen Brandenburgs die aktualisierte Fassung veröffentlichen. Bei seinen jahrzehntelangen Recherchen musste Franz-Josef Brandenburg manchen Rückschlag verkraften. Ein durch technischen Defekt ausgelöster Dachstuhlbrand vernichtete 2011 einen Großteil seines historischen Archivs und wichtige Ergebnisse seiner Arbeit. Doch er gab nicht auf und fing von vorne an. Ihm ist klar, dass die Thematik „Stolpersteine“ kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Trotz alledem will er mit dieser Aktion ein Zeichen gegen das Vergessen setzen.
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