Umland, Köln: Die Party ist zu Ende. Eine einsame Unbekannte ist der letzte Gast. Was tun, fragt sich der Gastgeber. Und es beginnt das Spiel um die genutzten und verpassten Gelegenheiten des Lebens. Ein zentrales Thema für Max Frisch, das er auch in „Biografie: Ein Spiel“ variiert. Jetzt hatte das Stück im Theater der Keller seine begeistert gefeierte Premiere.
Ein gutes halbes Jahrhundert hat das Theaterstück des Schweizers auf dem Buckel. Regisseurin Sandra Reitmeyer hat das Spiel des Lebens in eine variable Zirkusarena verlegt und mit leichter Hand inszeniert – eine überraschend aktuelle, frische, muntere und oft heitere Tragikomödie. Und es sind ja auch ewige Fragen, die sich wohl jeder und jede einmal gestellt hat: Habe ich in meinem Leben alles richtig gemacht? Was wäre geschehen, wenn ich mich in der ein oder anderen Situation anders entschieden hätte? Wenn man doch alles anders hätte machen können…
In „Biografie: Ein Spiel“ darf dies Hannes Kürmann ausprobieren. Marc Fischer spielt den Verhaltensforscher mal zurückhaltend, mal forsch, mal selbstsicher, mal voller Selbstzweifel. Er ist der Gastgeber der Party, mit der er seine Ernennung zum Professor gefeiert hat. Der letzte Gast ist Antoinette Stein, im „realen“ Leben wurde sie nach der Party Kürmanns Ehefrau. Sabine Wolf bringt sie mit spielerischer Zurückhaltung auf die Bühne, die Figur in einem Spiel, die keinen eigenen Willen zu haben scheint, aber charmant und spöttisch Kürmann kommentiert.
Als Leiter für dieses „Was wäre gewesen, wenn…“-Spiel treten Caroline Kohl und Tobias van Dieken auf: er der bestimmende Part, sie eher spielerisch-heiter. Kürmann kann nun sein Leben noch einmal durchspielen – auch eines ohne Antoinette: die Schule, die erste Liebe, die tödliche Krankheit, die Eifersucht auf den Liebhaber seiner Frau, die er in einer der Variationen gleichsam probeweise erschießen darf.
Hat sich Kürmann nun immer richtig entschieden? Zum Schluss singt er den Klassiker „I did it my way“ – doch nicht mit dem Selbstbewusstsein, mit der einst Frank Sinatra ihn vortrug. Sondern als verzweifelten Versuch der Selbstvergewisserung, doch alles richtig gemacht zu haben. Da darf der endgültige Nackenschlag nicht fehlen: Diesmal erhält Antoinette die Chance, ihr Leben ab der Party noch einmal zu beginnen. Und tatsächlich: Sie geht und lässt Hannes stehen. Nun wäre er frei – aber wozu? Ein verdammt starker Auftakt zur neuen Spielzeit. [ehu]
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