Umland, Köln: Mit seiner zeitgemäßen Inszenierung des Schiller-Klassikers „Kabale und Liebe“ lockte Regisseur Simon Solberg die Jugend ins Schauspiel. An dieses Erfolgsrezept knüpft er jetzt mit „Cyrano de Bergerac“ von Edmond Rostand an – und das noch eine Spur aufgedrehter. Bei der Kölner Premiere war der Beifall lang und laut.
Schön, intelligent und charmant – so sollte der ideale Liebes- und Lebenspartner sein. Hier ist bewusst nur die männliche Form genannt, denn schließlich geht es um Roxane und deren Traumbild von einem Mann. Was aber, wenn auf den Angebeteten nur eins dieser Merkmale zutrifft? Dann kann es nur übel ausgehen.
Wie eben in „Cyrano de Bergerac“: Der angebetete und von Gegenliebe befallene Christian nämlich ist vor allem nur schön. Geht’s aber ums Sprechen, dann kommt er über gestotterte Phrasen nicht hinaus. Zum Glück gibt es Cyrano: Der ist zwar hässlich (nicht nur wegen seiner großen Nase, bei der die Maske zum Glück gespart hat) – weswegen Roxane nicht merkt, dass auch er in sie verliebt ist. Dafür aber kann er wunderschöne poetische Verse drechseln. Seinen Witz und Geist leiht er – gegen dessen anfänglichen Widerstand – Christian. Und es klappt: Die beiden landen nach –zig vergeblichen Sprüngen – gemeinsam auf der Matratze. Roxane merkt nichts von der kleinen List
Wenn zwei sich nicht trauen, hat der Dritte leichtes Spiel
Pech nur, dass Christian und Cyrano Soldaten sind, denn ihr Chef, Graf Guiche, ist ebenfalls in Roxane verliebt. Als er merkt, er ist abgemeldet, schickt er die beiden Kontrahenten in den Krieg. Christian fällt, Roxane trauert und kehrt zum Grafen zurück. Erst 14 Jahre später beichtet ihr Cyrano den gut gemeinten Betrug und stirbt an einer kurz zuvor erlittenen tödlichen Verletzung. Also kein spätes Happy End zwischen den beiden.
Es geht um die Liebe. Und eng damit verbunden ist das Bild von der eigenen Persönlichkeit und dem des Gegenüber. Zwei ewige Themen – und man sollte sie rechtzeitig lösen, will man nicht im Nichts enden wie die Protagonisten dieses Stücks.
Grelle Lichtspiele, dröhnende Bässe, Slapstick-Effekte und viel Nebel
Eine Mahnung also an das jugendliche Publikum, das Solberg im Blick hat – aber auch der älteren Generation im Publikum hat’s gefallen. Solberg versetzt die 120 Jahre alte Geschichte radikal ins Jetzt: Man trifft sich in der Disco mit grellen Lichtspielen. Zäune werden aufgebaut und andere Anzüglichkeiten zum aktuellen politischen Geschehen eingestreut. Vor allem aber setzt er auf Musik und rappende Schaupieler, ein Quintett liefert dazu lautstarken Live-Hiphop mit wummernden Bässen. Dazu jede Menge Nebel, Pantomime und immer wieder Kampfeinlagen, Slapstick-Effekte, die mit Szenenapplaus belohnt werden. Mag sein, dass vom Original nicht mehr allzu viel übrig ist, doch das tut hier nichts zur Sache.
Sein Ensemble zieht begeistert mit: Witzig, überdreht und voller Selbstzweifel Stefko Hanushevsky in der Titelrolle, kokett und sich durch die Liebe mogelnd Annika Schilling als Roxane, Nikolaus Benda als liebender Tor, der seine Tumbheit erkennt und daran verzweifelt. Benjamin Höppner schließlich spielt einen kalt berechnenden Grafen. Und dann ist da noch Özgür Karadeniz: Cyranos Freund und erklärender Story-Teller darf im Rollstuhl sitzen. Klappt doch mit der Inklusion.
„Cyrano de Bergerac“ – weitere Vorstellungen: 8., 13., 21., 26. und 31. Mai, jeweils 19.30 Uhr, Schauspiel Köln, Depot 1 im Carlswerk, Schanzenstr. 6-20, 51063 Köln-Mülheim, Karten: Tel. 0221 - 221 284 00, Fax 0221 - 221 282 49, E-Mail: , dazu bei allen Vorverkaufsstellen von KölnTicket. Kartenservice mit Vorverkauf und Abo-Büro in der Opernpassage zwischen Glockengasse und Breite Straße. [ehu]
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.