Zülpich, Langendorf: Mit einem fulminanten Klavierabend startete die Veranstaltungsreihe „Konzert in der Remise“ in die Jubiläums-Saison 2016. Grund zum Feiern gab es genug: Seit 15 Jahren besteht die „Manfred Vetter-Stiftung“ und die hochkarätigen Konzerte in der Wasserburg Langendorf feiern in diesem Jahr bereits das 20-jährige Bestehen.
Pianist Carl Wolf, der bereits 1995 als 18-Jähriger mit seinem Klaviertrio „Trio con spirito“ in der Remise debütierte, bot zum Jubiläumsauftakt einen Klavierabend der Extraklasse. Es sei ihm eine Freude und Ehre, erneut hier auftreten zu dürfen, betonte er. Bereits in den Jahren 2000 und 2003 hatte Wolf das Langendorfer Publikum mit seinen Solo-Abenden begeistert und in den Jahren 2005 und 2007 begleitete er das Junge Orchester NRW als Solist. Sein besonderer Respekt und Dank gelte Juliane Vetter, die sich nach dem Tod ihres Mannes entschlossen habe, diese einzigartige Konzertreihe fortzusetzen, begann er die Moderation des Abends.
Mit den 1849 komponierten „Funérailles“ von Franz Liszt eröffnete Carl Wolf sein Klavierkonzert. In dieser Komposition verarbeitete Liszt den Tod seines Freundes Frédéric Chopin – aufgewühlt, mal brausend und stürmend, dann wieder tragisch und getragen. „Es ist eine gewagte Wahl, einen Klavierabend mit solch einem Stück über den Tod zu beginnen“, räumte der Pianist ein, doch sein Publikum wertete die Musikauswahl als persönliche Reminiszenz an den 2014 verstorbenen Kunstmäzen Manfred Vetter. Drei 1910 komponierte kurze „Préludes“ von Claude Debussy – „La Sérénade interrompue“, „La puerta del vino“ und „Général Lavine – excentrique“ – ließen spanische Assoziationen anklingen und zauberten eine Atmosphäre voll schmerzlicher Leidenschaft. Diese Kompositionen seien damals nicht für den großen Konzertsaal, sondern eher „für das Spiel unter vier Augen“ geschrieben worden, erläuterte Carl Wolf schmunzelnd.
Virtuos interpretierte Wolf im Anschluss die 1920 entstandene Ravel-Komposition „La valse“ – ein ursprünglich für Orchester konzipiertes Werk. Wie verwirrende Traumbilder wirbeln die Walzermotive durcheinander, verschwimmen, werden seziert, rhythmisch verzerrt, bis am Ende nur noch surreale Walzerfetzen überbleiben. Grandios, wie Wolf „mit zehn Fingern auf 88 Tasten“ scheinbar ein ganzes Orchester aufspielen ließ – mit Flöten, Fagott und Kontrabass. Dieses Werk provoziere bei den Zuhörern entweder Bewunderung oder Fassungslosigkeit, hatte Wolf einführend erläutert. Begeisterter Applaus des Publikums begleitete ihn in die Pause.
Absoluter Höhepunkt des Abends war Carl Wolfs Interpretation von Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“. In nur drei Monaten hatte sich der Komponist 1874 die assoziativen Vertonungen von der Seele geschrieben. Egal, ob das „Alte Schloss“, das „Ballett der Küklein in ihren Eierschalen“ oder die „Katakomben“ – Carl Wolf erlebte die einzelnen Stationen behänd am Steinway-Flügel. Ohne Noten, mit geschlossenen Augen begab er sich auf die „Promenade“ durch die zehnbildrige Ausstellung. Mit stehenden Ovationen, Bravo-Rufen und Rosen aus dem Publikum bedankten sich die gut 200 Gäste für den exzellenten Klavierabend.
Seine brillante Wandlungsfähigkeit bewies Carl Wolf in den Zugaben. Absolut spannend das 1997 komponierte „Black Earth“ des türkischen Pianisten Fazil Say. Perlten einerseits – mit der rechten Hand gespielt – melodiöse Passagen, griff Carl Wolf mit der linken wiederholt dämpfend auf die Saiten des Flügels. So entstanden zum Teil schnarrende Töne, die an das Klangvolumen einer Mandoline erinnerten.
Mit Debussys „Claire de lune“ verabschiedete Carl Wolf sein Remisen-Publikum in die mondbeschienene Nacht und mit einem anschließenden Empfang für die Abonnement-Gäste ließ Juliane Vetter den gelungenen Konzert-Abend im historischen Kreuzrippengewölbe der Burg ausklingen.
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