Euskirchen: Um einen guten Sketch auf die Bühne zu bringen, braucht man mehrere Minuten. Um einen witzigen Comic zu zeichnen, unzählige Bilder. Doch die Cartoons von Peter Gaymann benötigen oft nur einige schräge Hühner und ein, zwei Sprechblasen, um eine verzwickte Alltagssituation humorvoll auf Papier zu bannen. In seinem „Huhniversum“ reden die Hühner, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist…
Bis zum 29. Januar 2017 zeigt das Euskirchener Stadtmuseum die kleine, aber feine Ausstellung „Irgendwas ist immer!“ mit gut 50 Originalzeichnungen des Karikaturisten. „Kurz vor Weihnachten letzten Jahres habe ich erstmals Kontakt mit ihm aufgenommen“, erzählt Museumsleiterin Dr. Heike Lützenkirchen über die Entstehungsgeschichte der Ausstellung. Die Exponate sind in fünf Themengruppen gegliedert: Egal, ob Paarprobleme oder Eltern-Kind-Beziehungen – mit seinem gekonnt leichten Strich und fröhlichen Farben gelingt es Peter Gaymann immer, Alltagssituationen liebevoll-bissig abzubilden. Perfekt beobachtet und oftmals genial um die Ecke gedacht, zeigt er Probleme und Schwächen auf, ohne dabei seine Mitmenschen vorzuführen. Auch Museumsleiterin Dr. Heike Lützenkirchen lacht immer noch herzlich, sobald sie vor einem seiner Bildern steht. Und das, obwohl sie die Ausstellung konzipiert hat und die einzelnen Exponate bereits seit Monaten kennt.
Absoluter Hingucker ist eine Glasvitrine. Im bunten Durcheinander liegen dort Utensilien von Peter Gaymanns Ateliertisch, an dem seine Zeichnungen entstehen: Stifte, Farbtuben, Buttons, Stempel, Postkarten. Darüber hängt ein großformatiger Schnappschuss von dem kreativen Chaos im Original. „Als ich Peter Gaymann in seinem Atelier besuchte, bin ich auf einen Stuhl geklettert und hab’s mit seinem Einverständnis fotografiert“, erzählt Heike Lützenkirchen. Mitten in der Vitrine ein aufgeklappter, farbverkleckster Malkasten. „Das ist mein allererster“, verrät Gaymann im Gespräch mit EIFELON schmunzelnd. Erst als im vergangenen Jahr zu seinem 65. Geburtstag eine große Ausstellung in seiner Geburtsstadt Freiburg organisiert wurde, habe er sich nach fast 40 erfolgreichen Jahren als Cartoonist einen neuen Farbkasten zugelegt. „Damals wurde mein gesamtes Atelier-Inventar nach Freiburg gebracht und dort ausgestellt.“ Und mit dem ihm eigenen, pragmatischen Humor fügt er hinzu: „Das war für mich die Chance, endlich mal mein leeres Atelier neu zu streichen!“Ganz diszipliniert verbringt Peter Gaymann seinen Arbeitstag im Atelier. Von morgens zehn bis abends 19.00 Uhr. Manchmal ist es ein zufällig gehörter, schräger Satz oder ein verschrobener Dialog, der ihn zu seinen Zeichnungen inspiriert. Dann sitzt der studierte Sozialpädagoge, der 1976 seine künstlerische Laufbahn startete, mit dem Zeichenstift über dem Papier. Solange, bis Wort und Bild perfekt zusammenpassen. „Über die vielen Jahre habe ich eine gewisse Routine entwickelt“, erklärt er. Manche seiner Zeichnungen sind in fünf Minuten fertig, über anderen grübelt er mehrere Tage, bis die Pointe passt.
„Sie ist schön kuratiert“, lobt Gaymann die Euskirchener Ausstellung. Hierfür fertigte er eigens zwei Zeichnungen mit charakteristischen Stadtmotiven: Während quirlige Küken mit Fußball und Skateboard um sie herumtoben, fragt eine Hühnerdame im geblümten Kleid mitten auf dem Euskirchener Marktplatz ihr Gegenüber: „Sind deine Kinder schon aus dem Haus?“. Als karge Antwort schwebt eine Sprechblase mit den Worten „Nee – aber der Mann!“ über dem zweiten Huhn. Nur eine Frage, nur eine Antwort, aber im Kopf des Betrachters spielt sich ein ganzer Film mit bekannten Alltagsszenen einer Ehe ab… Viele kennen seine humorvollen Bilder aus Zeitungen und Illustrierten. Doch die gerahmten Zeichnungen im Original zu sehen, bereitet doppeltes Vergnügen.
Assoziativ spielt Gaymann mit den wenigen verwendeten Worten und erreicht so eine spontane Situationskomik. Wie bei dem behäbigen Ehepaar, das gelangweilt vor dem Fernseher sitzt. Mit starren Blick auf den Bildschirm meint der Ehemann: „In den letzten 10 Jahren sind die Fernseher ganz schön in die Breite gegangen.“ Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, antwortet seine Frau: „Wir aber auch!“ Geniale Kunst des Reduzierens, die im Kopf eine Lawine von Bildern auslöst…
Selbst bedrückende Themen wie Demenz greift Gaymann in seinen Cartoons auf. Mit wenigen Strichen gelingt es ihm, die Problematik so liebenswert ins Bild zu rücken, dass niemandem das Lachen im Halse steckenbleibt. Wenn auch Sie sich über die kleinen und großen Unzulänglichkeiten des Lebens nicht ärgern, sondern amüsieren wollen, kann ich nur empfehlen: Unbedingt die Gaymann-Ausstellung „Irgendwas ist immer!“ im Euskirchener Stadtmuseum anschauen. Sie gehen mit einem Lächeln im Gesicht wieder hinaus. Garantiert.
Die vergnügliche Sonderausstellung im Euskirchener Stadtmuseum, Wilhelmstraße 32-34, ist dienstags, mittwochs und freitags von 15.00 bis 18.00 Uhr, donnerstags bis 19.00 Uhr geöffnet. An den Wochenenden können sich die Besucher die Ausstellung bereits ab 11.00 Uhr anschauen. An Samstagen schließen die Türen um 15.00, sonntags um 18.00 Uhr. Der Eintritt kostet zwei, ermäßigt ein Euro.
Wer den Zeichner nur als humorvollen Querdenker kennt, kann nun eine ganz andere Facette erleben. Im Belser Verlag ist gerade sein neues Buch mit 140 Reiseskizzen aus der ganzen Welt erschienen. Ein Konvolut an Zeichnungen, das kaum einer zuvor gesehen hat. Für Gaymann-Fans ist zusätzlich eine auf 999 Exemplare limitierte und vom Künstler handsignierte Sonderedition erschienen.
Seit 2008 ist Gaymann auch als Botschafter für den Bundesverband der Kinderhospize e.V. tätig. Während der Vernissagen seiner Ausstellungen entstehen deshalb häufig spontane „Flip-Chart-Zeichnungen“, die anschließend gegen Höchstgebot erworben werden können. Mit diesen Erlösen unterstützt der Künstler die Arbeit der Kinderhospize.
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