Mechernich, Kommern: Es ist ein weiter Bogen, der mit der neuen Ausstellung im LVR-Freilichtmuseum Kommern gespannt wird: Ausgehend von der Kulturgeschichte des bäuerlichen und vorindustriellen Nutzgartens spannt „Stadt, Land, Garten“ den Bogen bis zu neuen experimentellen Formen des Urban Gardening. In der Scheune Sechtem in der Baugruppe Eifel tauchen die Besucher in eine spannende Welt des Gärtnerns ein. Begrüßt werden sie mit einem ganzen Regal voller eingemachter Früchte und Gemüse: Bohnen, Gurken, Pflaumen, Kirschen – in früheren Zeiten haben die Menschen ihr Gemüse frisch vom Feld eingekocht und damit für den Winter haltbar gemacht. Die Gläser stammten alle aus dem Museum, erzählt Dr. Ute Herborg, die das EIFELON-Team durch die Ausstellung führt. Manche haben schon etwas Staub angesetzt und sind laut Beschriftung schon einige Jahre alt. Schimmel hat sich jedoch noch keiner gebildet und aus den Gläsern ließe sich sicher ein vortreffliches Mahl bereiten.
Die Ausstellung hat aber weitaus mehr zu bieten als eingemachte Bohnen. „Stadt, Land, Garten“ erzählt die Kulturgeschichte des Nutzgartens vom Klostergarten, über ländliche Hausgärten und kleinstädtische Siedlungs- und Kleingartenanlagen, bis hin zu heutigen Tendenzen des Gärtnerns in der Stadt anhand der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungen. Urban Gardening, Guerilla Gardening und City-Farming spielen dabei eine große Rolle.
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Gartenarbeit verändert. Anhand von Objekten, Grafiken und Fotos wird dies veranschaulicht. Doch die Ausstellung zeigt mehr als „nur“ die Gartengeräte und Fotos der Gärten. Vielmehr wird auch die Sicht der Gärtnerinnen und Gärtner präsentiert. Warum verbringen sie Zeit im Garten, was bedeutet es für sie, ihr Gemüse selber anzubauen, zu ernten und selbst Gezogenes zu verspeisen? Kleine Holzwürfel liegen an verschiedenen Stellen in der Scheune parat, die mit einem kleinen Lautsprecher versehen sind und aus denen die Gärtner ganz persönlich sprechen und auf diese Weise die Motivation der Menschen verdeutlichen, die viel Zeit mit pflanzen, säen, Unkraut zupfen und ernten verbringen.
Der zweite Teil der Ausstellung dreht sich um die „WILDE VIELFALT im Museum“. Der Blick weitet sich auf die Welt der Wildkräuter und ihre Funktionen für Menschen, Tiere und den Naturhaushalt aus. In diesem Bereich wird das 2020 begonnene gleichnamige Projekt der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft (Projektträger), die mit dem Freilichtmuseum kooperiert, vorgestellt. Zu unrecht sind die Wildkräuter immer noch vielfach als Unkräuter verpönt und werden aus dem Garten entfernt und am Wegesrand und an Feldern meist mit Missachtung bestraft. Doch in früheren Zeiten wussten die Menschen mit diesen Pflanzen viel anzufangen und das Wissen ist langsam wieder gefragt.
Löwenzahn-Limonade, Waschmittel mit Seifenkraut und Kleider aus Brennesselstoff sind im Trend. „Die Riesenvielfalt, was man mit Brennessel alles machen kann, ist enorm“, meint Dr. Ute Herborg.
Viele der wild wachsenden Pflanzen, die früher typisch für Äcker und Dörfer waren, sind heute jedoch gefährdet. Das Projekt „WILDE VIELFALT im Museum“ hat zum Ziel, diese seltenen Arten zu erhalten und das Wissen weiterzugeben. „Im Museum gibt es schon lange einen Wildkräuterschutz“, berichtet Herborg. Sie können dort quasi unbehelligt wachsen, sich weiter aussäen und vermehren.
Aktiv werden!
Gärtnern heißt aber aktiv werden und die Ärmel hochkrempeln. Im Außenbereich der Ausstellung werden die Besucher ermutigt, sich selbst zu betätigen. In einer gemeinschaftlichen Pflanzkiste können sie säen, jäten, gießen und ernten. Hacken, Schaufeln und Gießkanne stehen bereit, eigene Handschuhe sollten mitgebracht werden; es stehen aber auch Einmalhandschuhe zur Verfügung. Es präsentieren sich ebenfalls verschiedene Initiativen und Schulen mit ihren Pflanzkisten, wie beispielsweise die Katholische Grundschule Mechernich, die Stephanusschule Bürvenich und der Waldkindergarten des Museums. Sie haben ihre Kisten mit Blumen, Gemüse oder regionalem Wildpflanzen-Saatgut bestückt und hegen und pflegen ihre Pflanzen.
Die Ausstellung in der Scheune ist natürlich coronakonform gestaltet und als Einbahnstraßensystem aufgebaut. Die Besucher steigen über kleine Holzbrücken, um die verschiedenen Bereiche der Ausstellung erkunden zu können.
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