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Gebärdendolmetscherin Claudia Wigelius-Dubbelfeld (re) übersetzt alles in Gebärdensprache. [Fotos: pg]

Ist ja alles ‚alte Suppe‘ – die Welt der Gehörlosen erleben

Eifel: „Lass mich fühlen, was Du hörst!“ – damit startete vor rund einem Jahr ein besonderer Chor: ein inklusiver GebärdenProjektChor. Das Besondere an diesem Chor ist, dass Hörende und Gehörlose gemeinsam einen Chor bilden. Wie kann das funktionieren? Gehörlose singen in einem Chor? Es funktioniert und alle Mitglieder haben großen Spaß daran. Der Chor ist gelebte Inklusion. Sie hätten am Anfang Sorge gehabt, dass keine Hörenden kommen würden, sagte Udo Klein, Pastoralreferent im Regionalzentrum hörgeschädigten-Pastoral in Bonn und Euskirchen. Die katholische Behindertenseelsorge im Kreisdekanat Euskirchen ist auch Träger des Chores. Über mangelndes Interesse brauchte sich Udo Klein jedoch keine Gedanken machen.

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Im Gebärdenprojektchor wird gesungen, gefühlt, getanzt und gelacht.

Zurzeit proben etwa 20 hörende und acht gehörlose Menschen alle zwei Wochen in Stotzheim mit Musikpädagogin Anna Wagener. Das Altersspektrum ist breit und auch die Vorkenntnisse in der Gebärdensprache sind sehr unterschiedlich. Einige der Hörenden können sich schon in der Gebärdensprache ausdrücken, andere lernen es erst jetzt im Chor. Denn die Lieder werden nicht nur gesungen, sondern auch in der Gebärdensprache ausgedrückt, was für Hörende zunächst eine große Herausforderung ist. Gemeinsam erarbeiten sich die Chormitglieder die Texte der Lieder. Mit welchen Gebärden kann der Text am besten ausgedrückt werden? Wie kann der Inhalt übertragen werden? Schließlich ist die Gebärdensprache eine eigene, anerkannte Sprache mit eigenen Dialekten. Wenn Hörende beispielsweise davon reden, dass etwas ‚kalter Kaffee‘ sei, sprechen die Gehörlosen von der ‚alten Suppe‘.

Almuth Oppermann ist von Anfang an dabei. Über Udo Klein hat sie von dem Projekt erfahren und war sofort Feuer und Flamme. „Die Atmosphäre in der Gruppe ist einmalig“, sagte sie. Musik sei immer etwas gewesen, was sie interessiert habe und nun gehört sie zu denjenigen, die regelmäßig zur Probe erscheinen. Die Musik hören kann sie allerdings nicht, denn sie ist gehörlos und auf die Gebärden angewiesen. Einstiegsübungen helfen zu Beginn der Probe, locker zu werden. Durch die Bewegungen erleben auch die Gehörlosen etwas von dem Rhythmus. Anita Wagener lässt beispielsweise alle im Kreis aufstellen und jeder legt seine Hand auf den Rücken des Vordermannes oder der Vorderfrau. Sie stimmt Töne an und alle fallen mit ein – jeder in seiner eigenen Höhe und über die Hände können auch die Gehörlosen Vibrationen erfahren und auf diese Weise den Klang fühlbar erleben. Oder alle stehen ganz eng zusammen in einem Kreis, Schulter an Schulter. Die langen Töne erzeugen auch hier wieder Vibrationen und Schwingungen, so dass sich die Gruppe schließlich sanft in Wellen bewegt. Ein Gefühl wie auf Wolken zu schweben, war der Tenor aus der Gruppe am Ende der Übung und man blickte überall in entspannte und strahlende Gesichter.

Immer ist auch eine Gebärdendolmetscherin dabei, die alles übersetzt. Meist ist es Claudia Wigelius-Dubbelfeld, die manchmal auf einen Stuhl steigt, damit jeder ihre Gebärden sieht und manchmal sich mitten in der Gruppe bewegt. Denn die Lieder werden nicht nur gesungen und gebärdet, sondern auch getanzt. Und wenn dann ein Kanon dran ist, sieht es für den Außenstehenden zunächst wie ein bunter Wirrwarr aus, doch mit der Zeit lichtet sich das Durcheinander und es hat alles seinen Sinn. Mit den Gebärden erschließt sich besonders für die Hörenden noch ein verstärkter Ausdruck des Gesangs: Die Gebärdensprache öffne ein tieferes Verstehen für das Gehörte, drückte es Udo Klein aus. „Die Gebärdensprache hat ihre eigene Schönheit“, sagte Judith Weichsel und so lernen alle Teilnehmer voneinander. Der Zusammenhalt der Gruppe sei nach dem ersten Jahr schon sehr groß geworden.

Die Anfangsfinanzierung erfolgte durch die Aktion Mensch, denn zunächst sollte es nur ein Projektjahr sein. Doch alle Mitstreiter waren sich einig: Es muss weitergehen. Durch Spenden und Sponsoren ist das nächste Jahr auch erst einmal gesichert, doch natürlich möchten alle, dass der Chor dauerhaft bestehen kann.

Wer Lust bekommen hat, mitzumachen: Geprobt wird montags alle zwei Wochen im Wohnhaus des LVR, In den Hüppen 2. Weitere Informationen bei Udo Klein 0179-4861018 oder Anita Wagener, Tel.: 02257-9590901.

26.3.2015LebenEifel0 Kommentare pg

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