Bad Münstereifel: Acht verkaufsoffene Sonntage waren für 2018 geplant. Damit wollte die Stadt Bad Münstereifel das von der Landesregierung im neuen Laden-Öffnungs-Gesetz (LÖG) vorgegebene jährliche Maximum voll ausnutzen. Zumindest war das der Plan. Leider hatte man beim dafür notwendigen ordnungsbehördlichen Antrag nicht auf die Feinheiten geachtet…
Die Verordnung verstößt gegen den im Grundgesetz verankerten Schutz der Sonn- und Feiertage.
stellte das von Ver.di angerufene Aachener Gericht in einer „Einstweiligen Anordnung“ lapidar fest. Damit war das Verkaufsevent am 5. August – in den Ferien – trotz Sommerwetters ins Wasser gefallen. Vielleicht hätte man bei der Stadt vorher das Kleingedruckte lesen sollen, oder jemanden fragen, der sich damit auskennt. Die Materie hat ihre Tücken.
Das NRW-Ladenöffnungsgesetz (LÖG-NRW) beinhaltet mehrere Ausnahmen, wann gegen die strikt verordnete Sonntagsruhe, laut Grundgesetz, verstoßen werden darf. Anscheinend harmoniert die neue landesgesetzliche Regelung aber nicht mit dem Bundes-LadenSchlussGesetz (LadSchlG).
Verdi hatte argumentiert, dass ein besonderer Anlass (Sachgrund), an diesem Sonntag zu öffnen, in dem städtischen Antrag nicht genannt worden sei und bekam damit vor Gericht Recht.
Also auf ein Neues…
Für den 2. September war der nächste verkaufsoffene Sonntag geplant. Diesmal gab es sogar einen Anlass: Heino tritt auf. Dazu das City Outlet Bad Münstereifel:
Es ist endlich wieder soweit! Unser liebster Schlager-Star singt wieder Live für Sie
in Bad Münstereifel. Erleben Sie HEINO und Band Live, als krönenden Abschluss des Festivalwochenendes am 02.09. ab 18:30 Uhr auf dem Klosterplatz, der Eintritt ist frei.
Das Spiel wiederholt sich: Die Stadt beantragt Ladenöffnung für den 2. September, Ver.di klagt gegen die Ladenöffnung an diesem Sonntag.
Dazu erklärt der Bezirksgeschäftsführer des Ver.di Bezirks Köln-Bonn-Leverkusen, Daniel Kolle:
Es wird Zeit, dass die Kommunen und die politisch Verantwortlichen die Realität erkennen und aufhören, Recht und Gesetz zu brechen. Das neue LÖG hat die Rechtslage nicht zu Gunsten der Kommunen verändert, wie manche glauben mögen. Im Gegenteil. Wir bleiben deshalb dabei, weiterhin konsequent gegen offensichtlich rechtswidrige Sonntagsöffnungen vorzugehen. Aus diesem Grund prüfen wir gerade die geplanten Sonntagsöffnungen sämtlicher Kommunen im Bezirksgebiet.
Das Gericht gibt Ver.di am 28. August recht. Auch dieser verkaufsoffene Sonntag kann nun nicht stattfinden.
Was war also wiederum schief gegangen?
Anlässlich des „Music Festivals“ sollten in Bad Münstereifel am 2. September 2018 die Geschäfte öffnen dürfen. Das Gericht sah jedoch in dem geplanten Musikfest keinen hinreichenden Anlass und gab dem Antrag der Gewerkschaft statt. Das Gericht:
Die von Bad Münstereifel am 21. August 2018 erlassene ordnungsbehördliche Verordnung entspricht nicht dem Ladenöffnungsgesetz.
Das Gericht ist der Meinung, dass das eine Stunde nach der geplanten Schließung der Läden angesetzte Heino-Konzert als Rechtfertigung für eine Sonntagsöffnung der Geschäfte nicht ausreiche. Es sieht vielmehr zwei getrennte Anlässe: Einmal die Ladenöffnung am Sonntag tagsüber, und zum Anderen das Konzert am Abend.
Dem widerspricht die Stadt. Man habe sehr wohl dargelegt, dass auch tagsüber Events stattfinden würden. Auch ein geharnischter Brief des Bad Münstereifeler Stadtmarketing-Vereins an den Ver.di-Geschäftsführer des Bezirks, Daniel Kolle, kann das nicht mehr ändern. Der Verein bezeichnet die Klage der Gewerkschaft als unverhältnismäßig, unverantwortlich und verweist auf die schwierige Situation des Einzelhandels:
Wir verstehen Ihren Antrag beim Verwaltungsgericht Aachen als Attacke auf die Einzelhandelsbetriebe, auf die dort arbeitenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auf die von den Besuchern lebenden Hotel- und Gaststättenbetriebe und auch auf die Bewohner und Besucher der Stadt Bad Münstereifel.
Ein Interessenswiderspruch. EIFELON fragte dazu Gewerkschafter Daniel Kolle. Die Gewerkschaft sei sich durchaus bewusst, dass die Sonntagsöffnungszeiten seit 2016 einen wiederkehrender Zankapfel seien. Kolle sieht auch durchaus das rechtliche Dilemma aus dem sich ergebenden Interessenswiderspruch: Umsatzzahlen gegen den Schutz der Arbeitnehmer.
An 7.800 Stunden im Jahr ist es möglich die Geschäfte offen zu halten. (Das Jahr hat 8.760 Stunden, die Red.) Wenn man darüber hinaus weitere Öffnungszeiten anstrebt, müssen solche Anträge einer gesetzlichen Überprüfung standhalten. Es muss ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen. Wenn die Stadt bei dem neuerlichen Antrag mit der gleichen Begründung wie im August antritt, braucht man sich in Bad Münstereifel nicht zu wundern, wenn man damit wieder scheitert.
Münstereifel ist kein Einzelfall: Ver.di hat gegen acht Kommunen und ihre Anträge auf Sonntagsöffnung im Bezirk geklagt und gewonnen.
Hier stellt sich natürlich die Frage, ob die Landeregierung bei der Formulierung ihres im März 2018 verabschiedeten Laden-Öffnungs-Gesetzes (LÖG) weniger, statt dem beabsichtigten Mehr an Rechtssicherheit erreicht hat. Kirchen und Gewerkschaften hatten gegen die Neuregelung damals protestiert. Für Ver.di bedeutet diese Gesetzesänderung einen Angriff auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Handel. Die Landesregierung und Wirtschaftsminister Pinkwart hingegen, feierten die Modernisierung des Ladenöffnungsgesetzes als einen Teil des „Entfesselungspaket I“. Pinkwart:
Das Entfesselungspaket I ist ein erster Schritt zur Modernisierung unseres Landes. […] Insgesamt sind Streichungen, Änderungen und Vereinfachungen an 13 Gesetzen und drei Rechtsverordnungen vorgesehen.
Vielleicht sollte man in Düsseldorf nochmal überprüfen, was man da beschlossen hat. Anscheinend gilt auch hier: Gut gewollt, ist noch nicht gut gekonnt.
Für alle Heino-Fans: Das Konzert findet trotzdem statt.
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