Kreise, Städtereg. Aachen: Bis zu vier Meter ragen die mächtigen Pflanzen mit ihren riesigen weißen Blüten am Ufer der renaturierten Inde zwischen Eschweiler und Weisweiler in die Höhe. Was auf den ersten Blick schön und naturnah aussieht, ist aber genau das Gegenteil:
Der Riesenbärenklau ist eine invasive Pflanze, die heimische Pflanzen verdrängt. Entscheidender ist aber, dass sie auch für Menschen gefährlich ist. Man sollte sie in keinem Fall direkt ohne Schutzkleidung berührten.
Das sagt Udo Thorwesten. und wenn einer es wissen muss, dann er. Seit mehr als zehn Jahren bekämpft der Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde der StädteRegion Aachen „invasive Neophyten“. Was sich wie eine Krankheit anhört, hat für das Ökosystem ähnliche Auswirkungen: Der Begriff steht für nicht heimische Pflanzen, die sich in unseren Breiten rasant verbreiten.
Neben den wertvollen heimischen Gewächsen, die sie auch in besonders schützenswerten Gebieten wie der Indeaue verdrängt, ist die Pflanze, die man auch „Herkulesstaude“ nennt, zudem „phototoxisch“. Das bedeutet, sie verursacht in Verbindung mit Sonnenlicht schmerzhafte Quaddeln und Blasen, ähnlich wie Verbrennungen, auf der Haut. Wenn Pflanzen hier am Rand eines ausgewiesenen Wanderwegs wachsen, kann es schnell passieren, dass Kinder sie anfassen oder an ihnen mit den Beinen entlangstreifen. Die Folge sind dann üble Wunden, die nur sehr langsam heilen und Narben bilden. Schleimhäute und Atemwege sind ebenfalls gefährdet.
„Der Riesenbärenklau ist also eine echte Problempflanze, hinter der wir schon seit mehr als zehn Jahren her sind“, sagt Thorwesten. Im Auftrag des Umweltamtes beginnen in diesen Tagen die Maßnahmen, die von Teams der Wabe durchgeführt werden. „Insgesamt fahren wir bis in den November fast 60 Standorte in der StädteRegion an, an denen sich die Pflanzen breit gemacht haben. Das Ganze kostet rund 100.000 Euro, wird aber auch vom Land NRW in diesem Jahr mit 80 Prozent gefördert“, so Thorwesten, während er einem schmalen Weg zum Indeufer folgt. „Hier konnten wir im vergangenen Jahr wegen einer Überschwemmung nicht an die Pflanzen ran.“
Das Bild, das sich ihm dann bietet, lässt selbst den altgedienten Naturschützer kurz verstummen. „Irre, die sind ja alle gut und gerne vier Meter hoch.“ Direkt am Indeufer hat sich nämlich ein größerer Bestand des Riesenbärenklaus breit gemacht. „Wenn wir die jetzt hier nicht unschädlich machen, wirft jeder der Pflanzen bis zu 20.000 Samen in die Inde ab. Die werden weggeschwemmt und können noch in zehn Jahren keimen.“ Das Alter der mächtigen Herkulesstauden schätzt er übrigens auf gerade einmal drei Jahre. „An der Inde stehen sie ja mit den Wurzeln immer im Wasser und können extrem schnell wachsen.“ Hier war es höchste Zeit, dass die Naturpfleger von der Wabe angerückt sind. Sie müssen jetzt teils mit Gummistiefeln durch die Inde und dann unter voller Schutzausrüstung die kolossalen Pflanzen entfernen. Dabei gilt es insbesondere die Wurzel komplett auszugraben und sämtliche Samen zu erwischen.
Wir müssen hier sehr genau arbeiten. Es gab vor ein paar Jahren in der Eifel mal eine größere Fläche, die ein Bauer einfach gemäht hat. Das Ergebnis war erschreckend: Die Samen haben sich auf einem fußballfeldgroßen Areal verteilt, auf dem dann ein Wald aus Riesenbärenklau aufgewachsen ist. Hier hat keine andere Pflanze überlebt. Mittlerweile haben wir den Bereich wieder im Griff – das war allerdings eine Heidenarbeit.
Besser ist es immer, man fängt mit den Maßnahmen an, ehe sich so riesige Pflanzen entwickelt haben. „Deshalb kochen wir hier bei den kleinen Pflanzen einfach die Wurzeln durch“. Genießbar werden die Riesenbärenklau-Pflanzen dadurch natürlich nicht. Ihnen wird so im wahrsten Sinne des Wortes einfach nur „der Saft abgedreht“. Mit 95 Grad heißem Wasser, das mit einer Dampfdüse direkt in die Wurzel gespritzt wird, wird diese binnen Sekunden durchgekocht: Die Pflanze stirbt dann komplett ab. „Das kann man allerdings nur bei kleinen Pflänzchen machen, die Riesenexemplare würden darüber nur müde lachen“, fasst Thorwesten es in der ihm eigenen Art und Weise zusammen. Diese Methode ist allerdings sehr effektiv und auch schonender als jede Pflanze einzeln auszugraben.
Die von der StädteRegion beauftragte Wabe ist in den nächsten Monaten an fast 60 Standorten von Herzogenrath im Norden bis Monschau im Süden unterwegs. Und das vor allem in wertvollen Naturschutzgebieten, in denen so die Artenvielfalt erhalten bleibt.
Neben der StädteRegion und den Kommunen sind aber eben auch die Eigentümer der Flächen in der Pflicht. Auf Privatgrundstücken sind nämlich die Besitzer selbst dafür verantwortlich, den Riesenbärenklau zu entfernen. „Um Verletzungen zu vermeiden, ist es sehr wichtig, dabei geeignete Kleidung zu tragen: Wasserdichte Handschuhe sind ein Muss und alle Teile der Haut müssen mit Kleidung bedeckt werden. Gegen Saftspritzer hilft eine Schutzbrille und auch eine Atemmaske sollte nicht fehlen.“ Wichtig ist, dass die Wurzeln der Pflanzen ebenso wie Blütenstände oder gar Samen immer über den Hausmüll entsorgt werden und so in die Müllverbrennung gelangen. „Auf keinen Fall dürfen sie in den Kompost, die Grüne Tonne oder den Grünschnittcontainer. Bei der Kompostierung werden sie nicht abgetötet, sondern später mit dem Kompost nur weiter verteilt“, warnt Thorwesten eindringlich.
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.