Heimbach: „Endlich!“ Dieser spontane Stoßseufzer von Küster Wolfgang Marx kam von Herzen, als die 900 Kilo schwere Clemens-Glocke zentimetergenau auf dem Erdboden aufsetzte. Mehr als zwei Jahre war die wuchtige Glocke zum Schweigen verurteilt, weil ein Haarriss ein weiteres Anschlagen unmöglich gemacht hatte. An einem Misston hatte Wolfgang Marx bereits 2012 die kaum sichtbare Beschädigung herausgehört: „Ein Küster kennt schließlich den Klang seiner Glocken!“
Nun konnte der Koloss aus dem Kirchturm abgeseilt werden, um zu einer Glockenschweißerei im bairischen Nördlingen gebracht zu werden. Dort, in dem deutschlandweit einzigen Spezialbetrieb, der solche Arbeiten noch leisten kann und auch den berühmten „Dicken Pitter“ aus dem Kölner Dom wieder zum Klingen brachte, soll der Riss der Heimbacher Glocke repariert werden. „Zu Pfingsten ist sie hoffentlich wieder einsatzfähig!“
Eine 520 Kilo schwere Spezialwinde mit zusätzlichen 900 Kilo Ballast – darunter auch der alte Klöppel der Salvator-Glocke – sicherte das zweistündige Abseilen des alten Geläuts. Damit die historische Glocke überhaupt aus dem Turm gehievt werden konnte, war zunächst der Glockenturm eingerüstet worden. Dann musste das Mauerwerk geöffnet und der Durchbruch mit vier Stahltraversen gesichert werden. Danach wurde ein Flaschenzug fachgerecht im Dachstuhl verankert. „Früher gab es innerhalb des Turms Bergeluken, damit eine defekte Glocke heruntergelassen werden konnte“, erinnert sich Wolfgang Marx. Durch Umbauarbeiten in den 1970er Jahren muss das Bergen der Glocke aber mittlerweile von außen organisiert werden. „Damals ist vermutlich nicht bedacht worden, dass eine Glocke auch einmal kaputtgehen kann“, wundert sich Wolfgang Marx. Das scheint in den alten Eifel-Kirchen aber öfter zu geschehen, als es den Gemeinden lieb ist. Die Auftragsbücher der Eifeler Glockengießerei sind voll, denn jede Glocke, die älter als 100 Jahre ist, steht automatisch unter Denkmalschutz. Gerade erst hat die Spezialtruppe aus Brockscheid defekte Glocken in Simmerath und Wachendorf zur Reparatur geborgen. Der Einsatz in Heimbach sei aber eine besondere Herausforderung gewesen, denn wegen der Geländelage konnte kein Bergekran eingesetzt werden, erzählt Matthias Faber nach der gelungenen Aktion.
„Man muss Mut mitbringen und schwindelfrei sein“, bringt es Glockenexperte Julius Maas mit wenigen Worten auf den Punkt. Gewandt wie ein Eichhörnchen kletterte er um den eingerüsteten Kirchturm und sorgte dafür, dass die Clemens-Glocke Meter für Meter abgeseilt werden konnte – von ihm vorsichtig an den Zeigern der Kirchturmuhr vorbei gelotst.
Die 1790 von Petrus Legros in Malmedy gegossene Clemens-Glocke hat bereits eine bewegte Geschichte hinter sich. Laut Überlieferung soll sie nach den verheerenden Heimbacher Stadtbränden aus dem Metall der alten Glocken entstanden sein. Während der Kriegswirren im Sommer 1942 wurde sie mit den beiden anderen Glocken beschlagnahmt und sollte eingeschmolzen werden. Doch wie durch ein Wunder blieb das Geläut verschont. Nach Kriegsende entdeckte eine aus Heimbach stammende Ordensschwester im Hamburger Hafen die drei mit der Aufschrift HEIMBACH gekennzeichneten Glocken, die 1948 an die Rur zurückgeholt werden konnten. Noch heute ist auf der 1,22 Meter hohen, mit Jagdmotiven verzierten Clemens-Glocke der Schriftzug der Stadt zu erkennen.
Um die kostenaufwändige Reparatur finanzieren zu können, hat die Kirchengemeinde schon viel Geld zusammengetragen. Mit einem Benefiz-Konzert in der Heimbacher Wallfahrtskirche am Sonntag, dem 8. März,17.00 Uhr, sollen weitere Spendengelder generiert werden. Ausführende sind die in Aachen geborene Sopranistin Martina Garth, die als Oratorien- und Konzertsängerin im deutschsprachigen Raum bekannt ist, und der Heimbacher Kantor und Konzertorganist Peter Mellentin. Auf dem Programm stehen Werke von Georg Friedrich Händel, Johann Sebastian Bach, Giacomo Puccini, Giuseppe Verdi, Max Reger und Gabriel Fauré.
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.