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Archivare können sich mit ihrem Material zur Geschichte des Ersten Weltkriegs an dem Gemeinschaftsprojekt beteiligen. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress

Rheinisches Tagebuch: Blog anno 1914

Mechernich: „Der Erste Weltkrieg ist DAS Ereignis, das die Geschichtswissenschaften, die Kulturinstitutionen und die Archive dazu bringt, ihr Material im Internet zur Verfügung zu stellen“: Monika Marner vom LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum stellte kürzlich den Quellen-Blog „Rheinisches Tagebuch 1914-1918“ im Mechernicher Ratssaal der Öffentlichkeit vor. Die Online-Plattform vereint das Material möglichst vieler Archive im Rheinland in einer Form von Tagebucheinträgen, die um genau 100 Jahre versetzt sind. Als moderne Form der Kommunikation biete der Blog auch kleinen Archiven die Möglichkeit, sich nach außen zu präsentieren und ihre Quellen zur Geschichte des Ersten Weltkriegs einfach zugänglich zu machen, so Dr. Hans-Werner Langbrandtner von der LVR-Archivberatung. Das digitalisierte Material werde den Nutzern „sehr komfortabel zur Verfügung gestellt“, sagte der wissenschaftliche Archivar. Profitieren könnten davon sowohl andere Archive, als auch interessierte Bürger, zum Beispiel natürlich auch Schüler. Der Blog „1914-1918: Ein rheinisches Tagebuch“ sammelt Material aus den Archiven des Rheinlands, die sich auf eben jenen Tag vor 100 Jahren zurückdatieren lassen. Zu finden sind dort zum Beispiel Feldpostkarten, Tagebucheinträge, Zeitungsausschnitte und Bilder. So sind in der Zusammenschau der Daten auch verschiedene Gesellschaftsgruppen mit ihren Äußerungen vertreten. Der Düsseldorfer Künstler Willy Spatz vertritt in seinen Tagebucheinträgen beispielsweise einen besonders kriegseuphorischen Standpunkt, während die Ausschnitte der „Bergischen Arbeiterstimme“ aus dem Stadtarchiv Solingen ideologisch genau die Gegenseite vertreten. „Der Krieg schlägt sich auf allen gesellschaftlichen Ebenen nieder“, so Monika Marner.

Für die Teilnahme am Blog gibt es lediglich zwei Kriterien: Die Einträge müssen chronologisch und geografisch eingeordnet sein. Das digitalisierte Material muss also genau datiert werden, so dass es auf den Tag genau 100 Jahre später gepostet werden kann. Geografisch sollten die Quellen eine Verbindung zum Rheinland aufweisen, also den Kriegsalltag in der rheinischen Heimat darstellen oder als Feldpost einem Soldaten aus dem Rheinland zuzuordnen sein. Die Dateien müssen digital in einer guten Auflösung eingestellt werden, damit es weiterhin möglich bleibt, die Originale zu lesen und zu betrachten. Zusätzlich müssen handschriftliche Teile in Druckbuchstaben transkribiert werden, um das Material für alle Nutzer lesbar zu machen. Über die Zuordnung von Schlagworten soll es dann möglich sein, in dem Blog gezielt nach Einträgen zu einem bestimmten Thema zu suchen. Die Idee zu dem Blog geht auf Monika Marner vom Fortbildungszentrum des Landschaftsverbandes Rheinland zurück. Inspiriert wurde sie von den „Orwell Diaries 1938-1942“, einem Blog, in dem die Tagebucheinträge des englischen Schriftstellers George Orwell veröffentlicht wurden, immer genau 70 Jahre, nachdem er sie aufgeschrieben hatte.

Viele Archivare sind Einzelkämpfer

Monika Marner warb in Mechernich bei den Stadt- und Kreisarchiven um mehr Beteiligung und weitere Autoren. Die Teilnahme an dem Blog sei natürlich kostenlos, die Archivare müssten allerdings Zeit und Arbeit in das „Rheinische Tagebuch“ stecken. Gar nicht so einfach, schließlich sind viele kommunale Archivare im Kreis Euskirchen Einzelkämpfer in ihren Verwaltungen.
Attraktiv ist die Möglichkeit der Nutzbarmachung vor allem für diejenigen, die bereits Zeit und Arbeit in die Vorbereitung einer Ausstellung oder einer Publikation zum Ersten Weltkrieg gesteckt haben. Der Blog bietet dann die Chance, die einzelnen Stücke auch nach Ende einer Ausstellung noch zu nutzen. Das Gemeinschaftsprojekt soll auch Anstoß sein, eine Quelle weithin zugänglich und nutzbar zu machen und sie weiter zu bearbeiten. Außerdem bieten sich vor diesem Hintergrund Zusammenarbeiten etwa mit den örtlichen Geschichtsvereinen oder auch Schulen an. Für das gepostete Material besteht eine freie Lizenz der Creative-Commons-Familie. Die Nutzer dürfen die Dateien also teilen, weiterverbreiten, bearbeiten und sogar remixen – allerdings unter der Bedingung, dass eine Namensnennung der Archive erfolgt, und dass die Daten nicht kommerziell genutzt werden.

Zusammenarbeit von 180 Archiven mittels neuer Medien

Das LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum umfasst rund 180 kommunale Archive im Rheinland sowie eine Vielzahl von privaten Adelsarchiven. Die Arbeitstagung der Archivare im Kreis Euskirchen im Mechernicher Rathaus diente dazu, einen Austausch zwischen den Archivaren zu schaffen. Das Gemeinschaftsprojekt soll die archivarische Vermittlungsarbeit mit Hilfe neuer Medien anstoßen. Seit Juli dieses Jahres verzeichnet der Quellen-Blog täglich neue Einträge aus verschiedenen Archiven im Rheinland. Auch das Kreisarchiv Euskirchen und das Stadtarchiv Weilerswist beteiligen sich schon mit ihren Postings, zum Beispiel mit ausgewählten Akten oder mit der Schulchronik der Volksschule Dürscheven. Bei der Vorstellung des Gemeinschaftsprojektes im Mechernicher Ratssaal sollten nun noch weitere Archivare aus dem Kreisgebiet für das „Rheinische Tagebuch“ gewonnen werden. Inzwischen verzeichnet der Blog knapp 1000 Einträge und täglich bis zu 300 Klicks. [pp]

13.11.2014KulturMechernich0 Kommentare pg

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