Eifel: Im Urlaub möchte jeder etwas Besonderes erleben, dem Alltag entfliehen, sich entspannen – es sollen schöne Tage sein. Für die Touristiker ist dies immer wieder eine neue Herausforderung, die eigene Region in den Fokus zu rücken, sie unverwechselbar zu machen, mit neuen Produkten und Dienstleistungen Aufmerksamkeit zu erzielen. Immer mehr Urlauber zieht es in die Eifel, daher machen sich auch hier die Akteure im Tourismus Gedanken, wie sie mit Ideen jenseits des bisher Bekannten Gäste gewinnen können. Sie sind nicht die einzigen, die neue Wege beschreiten und versuchen, sich mit ungewöhnlichen Konzepten aus dem großen Angebot der Wanderregionen abzusetzen. Allgäuer Touristiker haben sich mit ihrer Wandertrilogie auf den Weg gemacht, mit einem anderen Ansatz die Gäste für die Region zu begeistern. Kürzlich war eine Delegation aus dem Allgäu bei den Eifeler Kollegen zu Besuch. Sie tauschten sich aus, fanden viele Gemeinsamkeiten und konnten wertvolle Erfahrungen teilen.
Beiden gemeinsam ist, dass sie den Österreicher Sieghard Preis von der Agentur TAO ins Boot holten, um ein neues Konzept im Wanderbereich zu entwickeln. In der Eifel begann die Zusammenarbeit 2011, im Allgäu ein paar Jahre vorher. Das Konzept ist einfach, für Touristiker aber komplett neu: Es dreht sich alles um das so genannte „Storytelling“.Mit der Geschichte „Kampf der Elemente“ hat Sieghard Preis für die Eifel eine Geschichte entwickelt, die die ganze Region umspannt. Was auf den ersten Blick vielleicht etwas ungewöhnlich klingt – wer möchte schon in einer Region wandern, wo sich die Element bekämpfen – macht bei genauerer Betrachtung Sinn. Schließlich ist der „Kampf der Elemente“ schon etwas länger her. Die Vulkane spuckten Lava und Gestein, Wind und Wasser wirkten über Jahrtausende auf die Landschaft ein und es bildete sich die Eifel, wie wir sie heute kennen. Bizarre Felsformationen, sanfte Flusstäler, Wiesen, Hochmoore und nicht zuletzt die Maare kennzeichnen heute die Region – die Elemente haben sich „ausgetobt“.
Diese geogeschichtliche Entwicklung hat Sieghard Preis in seine große umfassende Geschichte gebracht. Um das Ganze vor Ort erlebbar zu machen, sind einzelne Episoden entstanden, die sich mit ganz bestimmten Orten befassen und etwas vom Leben der Menschen erzählen, die seit Jahrhunderten in der Eifel leben. Entstanden sind die ersten Muße-Pfade in der Vulkaneifel, auf denen die Urlauber wandern können und mit denen sie die Wege ganz neu erleben. Wie beispielsweise auf dem Maare und Thermen Pfad, der im vergangenen Jahr eröffnet wurde. Die berüchtigte Moselbande trieb in der Region um Ulmen und Lützerath ihr Unwesen und diese Geschichte griff Volker Teuschler von der Cube Werbung GmbH auf. Er schrieb alle Geschichten der verschiedenen Muße-Pfade.
An jedem Punkt wird eine Episode erzählt, die in sich geschlossen ist“,
erklärt Teuschler. Das Wichtigste sei, dass die Geschichten authentisch seien. Auf dem Maare und Thermen Pfad können die Wanderer sich auf die Spuren der wilden Gesellen begeben. An verschiedenen Punkten treffen die sie auf Muße-Plätze mit Erlebniskarten, wo sie die einzelnen Episoden nachlesen können. Zeit erleben, Muße erfahren – dies ist die Kernbotschaft, die sich durch die Geschichten zieht. „Et jiit net jerannt“ (Es wird nicht gerannt) ist die Aufforderung an die Wanderer, die Wege in aller Ruhe und mit allen Sinnen zu erleben und sich von den Geschichten mitreißen zu lassen.
Die Geschichten sind es, die auch Dr. Andreas Schüller vom UNESCO Natur- und Geopark Vulkaneifel überzeugt haben, das Konzept der Muße-Pfade zu übernehmen. „Gute Geschichten unterhalten und berühren uns und hinterlassen einen bleibenden Eindruck“. Die Methodik des Storytelling sei neu im Tourismus und die Umsetzung für sie zu Beginn nicht einfach gewesen, erinnert sich Katharina Bersch, Geschäftsführerin Gesundland Vulkaneifel. Um das Konzept weiter zu tragen, gab es Workshops. Abstimmungsrunden folgten, Gästeführer wurden qualifiziert und Betriebe vor Ort eingebunden. „Alleine geht es nicht, es ist eine Gemeinschaftsleistung der Region“, hebt Schüller das intensive Miteinander hervor. Für jeden Muße-Pfad – drei gibt es bisher, weitere werden folgen – wurde ein Symbol entwickelt. Für den Maare und Thermen Pfad ist es ein Kerbholz. Jeder habe schließlich etwas auf dem Kerbholz, meint Teuschler schmunzelnd. Für den Vulcano-Pfad, ein weiterer Muße-Pfad, der kürzlich fertiggestellt wurde und voraussichtlich auch noch dieses Jahr offiziell eröffnet werden soll, ist es ein Stück Gartenzaun mit einer Bank davor. Die Botschaft: Anhalten, bewusst den Blick in die Landschaft genießen, sich ein wenig Zeit nehmen und gemütlich von der Bank die Natur in sich aufnehmen.„Die Tourismusregion Eifel ist die erste Mittelgebirgsregion, die diesen Ansatz umsetzt und uns verbindet mit den Allgäuer Kolleginnen und Kollegen, dass wir nicht nur Innovationen in Form von Konzepten andenken, sondern sie auch umsetzen“, sagt Klaus Schäfer, Geschäftsführer der Eifel Tourismus GmbH. „Wir sind gerne gekommen“, bedankt sich Joachim Bernhard, Geschäftsführer der Allgäu GmbH, für die Einladung der Eifeler Kollegen. Die regionale Geschlossenheit einer Region sei wichtig. Ein gutes Wanderwegenetz hätten viele, doch mit dem neuen Konzept des Geschichtenerzählens seien beide Regionen anderen einen Schritt voraus. „Die Gäste wünschen sich unverwechselbare und authentische Urlaubserlebnisse“, berichtet Roswitha Lescher von ihren Erfahrungen. Sie ist nicht nur Vermieterin einer Ferienwohnung, sondern auch als Gästeführerin unterwegs. Das Konzept führe zur klaren Profilierung der Wege und Region und sei somit eine Chance für die Betriebe, die Austauschbarkeit der eigenen Angebote zu verlassen, führt Lescher weiter aus:
„Von den Gästen werden die Führungen gut angenommen“.
„Die ersten Schritte sind getan, die Mußepfade konnten in der Region verankert werden“, freut sich Wolfgang Reh von der Eifel Tourismus GmbH, „wir möchten mit den Wegen Sehnsüchte der Wanderer erfüllen.“ Die Gäste kämen zunächst, um ein schönes Wandererlebnis zu bekommen, ergänzt Schüller, „wir müssen die Wege, die wir haben, mit möglichst viel Authentizität belegen“. Dann könnten sie es erreichen, dass die Besucher gerade wegen der Geschichten ein weiteres Mal kämen, ist er sich sicher.
Mit der Einrichtung der Muße-Pfade in der Vulkaneifel ist der Weg der Eifeler Touristiker nicht abgeschlossen. „Weitere Muße-Pfade in der Südeifel im NaturWanderPark delux sind in Vorbereitung. Zu sechs Wegen liegen bereits eigene Geschichten und Umsetzungskonzepte zu den Muße-Plätzen vor“, blickt Klaus Schäfer in die Zukunft. Und er ist sich sicher: „Ausgehend von den Erfahrungen aus der Vulkaneifel wird das Thema in der gesamten Eifel Fuß fassen.“Wichtig sei es, die Bevölkerung von Anfang an mitzunehmen, resümiert Joachim Bernhard. „Das Wir-Gefühl ist entscheidend, der Stolz auf die eigene Landschaft“. Beide Verbände sind sich einig, in dieser Richtung die Arbeit noch zu intensivieren, hier sei noch Luft nach oben. „Wir können viel voneinander lernen und sollten dies vertiefen. Die Eifel und das Allgäu sind auf einem guten Weg“, zogen sie ein gemeinsames Fazit.
Kosten: Für die Konzept-Entwicklung der Wege fielen Kosten in Höhe von insgesamt 60.600 Euro an. Der Anteil der Maare und Thermen Pfad und des Vulcano-Pfades beträgt jeweils 8.650 Euro. Gefördert wurde das Projekt mit LEADER-Mitteln. LEADER ist ein europäisches Förderprogramm für den ländlichen Raum. Hinzu kommen Investitionskosten für den Maare und Thermen Pfad in Höhe von rund 18.500 und für den Vulcano-Pfad in Höhe von 21.000 Euro. Hierunter fallen im Kern die Einrichtungen der Mußeplätze. Die Gesundland Vulkaneifel GmbH wurde finanziell durch den Natur- und Geopark Vulkaneifel unterstützt.
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.