Umland: Der Sommer mit seinen zahlreichen Feiertagen und Ferien bietet viel Zeit zum Lesen – egal, ob im Kurzurlaub am Meer, im eigenen Garten, ob entspannt auf dem Balkon oder im Park. Der Historienroman „Bäckersmann und Tagedieb“ ist genau die richtige Lektüre für Leseratten, die sich gerne in frühere Zeiten zurückversetzen lassen.
Der eigentliche Handlungsverlauf des Romans beginnt mit einer schallenden Ohrfeige: Vom Hunger geplagt versucht Thomas, ein verwahrloster Straßenjunge, 1591 dem Andernacher Bäckermeister Matthias ein Brot zu stehlen. Vergebens, denn der vierschrötige „Mätthes“ ergreift den Flüchtenden. Der in der ganzen Stadt gefürchtete Richter Katzmann beobachtet diesen gescheiterten Diebstahl und lässt den Knaben in den Kerker werfen.
Mit einer Notlüge gelingt es Mätthes, den Burschen wieder aus dem Kerker freizubekommen und er nimmt ihn als neuen Lehrjungen auf. Nicht gerade zur Freude seines eigenen Sohnes Franz, der den vermeintlichen Kontrahenten zunächst mit Argwohn und Misstrauen beäugt. Doch aus der anfänglichen Feindschaft entwickelt sich – nach vielen Keilereien in der Backstube, die das Mehl nur so durch die Luft wirbeln lassen – eine intensive Freundschaft der beiden Burschen. Letztlich gelingt es ihnen, Andernach vor dem Angriff fremder Truppen zu schützen und durch einen beherzten Plan und eine ungewöhnliche „Geheimwaffe“, die Feinde in die Flucht zu schlagen. Anschließend werden sie als Helden der Stadt Andernach gefeiert.
„Bäckersmann und Tagedieb“ ist ein atmosphärisch geschriebenes Buch, das unwillkürlich Abenteuer-Kino im Kopf auslöst. Ob geheime Treffen von Thomas und Franz am Rhein oder politische Diskussionen von Bäckermeister Mätthes mit seinem Freund, dem Schneider Ferdinand: Durch Krämers detaillierte, ausmalende Erzählweise scheint der Leser stets in die Handlung eingebunden. Scheint danebenzusitzen, wenn die beiden Bäckerburschen versteckt im nächtlich-feuchten Gras am Rheinhafen sitzen, den modrigen Geruch des Flussarmes in der Nase, die Ohren gespitzt und auf ihren verfolgten Freund warten – stets voll gespannter Aufmerksamkeit, um von ihren Widersachern nicht entdeckt zu werden.
Bei den hitzigen Kneipendiskussionen der erwachsenen Freunde – Matthias und Ferdinand – sieht man die Szenen förmlich vor sich: Die blank gescheuerten Holztische, die geröteten Gesichter der beiden – sei’s vom Alkohol oder dem angeregten Gespräch zwischen dem herzensguten, aber oft cholerischen Bäcker und dem ruhigen, besonnenem Schneidermeister. Auch diese Szenen sind so intensiv beschrieben, dass man die schweren Humpen mit Bier oder Wein auf den Tisch knallen hört und die verqualmte Kneipenluft förmlich einatmet.
Verschwörungen, erste zarte Liebesbande, versuchte Mordanschläge… der Historienroman von Guido Theodor Krämer ist prall gefüllt mit spannungsreichen Episoden, die sich – nach und nach – zu einem rasanten Handlungsstrang verknüpfen und den Leser mit den jugendlichen Helden mitfiebern lässt. Schließlich war es Ende des 16. Jahrhunderts nicht die große Politik, sondern der Mut und die List der beiden Bäckerburschen, die Andernach vor der Zerstörung rettete.
Nach der Lektüre dieses Buches stellt sich automatisch die Frage: Wann wird das Erstlingswerk mit den zahlreichen, überraschend erfrischenden Dialogen verfilmt?
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