Heimbach: Das Hemd war blütenweiß, die dunkle Krawatte perfekt gebunden und die goldene Litze auf seiner Mütze funkelte, als „Kapitän“ Ralf Kramp die Gäste des kabarettistischen Lit.Eifel-Abends auf dem Rurseeschiff „Stella Maris“ begrüßte. Während ihrer Kreuzfahrt durch die Niederungen der nautischen Groschenromane hatten Kramp und seine Crew – Erika Kröll, Klaus Stickelbroeck und Hubert vom Venn – jedoch so manche unvorhergesehenen Klippen zu umschiffen: Kaum in See gestochen, kehrte das Schiff in den Heimathafen zurück, denn am Anleger standen noch winkende Lit.Eifel-Passagiere, die sich verspätet hatten. Anschließend streikte zeitweise die Mikrofonanlage und trotz der augenzwinkernden Drohung „Wer schwätzt, wird kielgeholt!“, wurde es während der Veranstaltung häufig laut. „Wie immer auf Schiffen“, wusste Hubert vom Venn aus Erfahrung: „Nur exakt bis zur Mitte des Schiffes hören die Leute zu.“
An Bord servierte das Autoren-Quartett reichlich Seemannsgarn: Das amüsierte Publikum lernte, dass das spezifische Gewicht von Goldfischen höher ist als das von Silberfischchen. Erfuhr, dass die Muräne ein „Gletscherfisch“ ist, der sich vorzugsweise von Geröll ernährt. Und die Aussage, der Schwertfisch gehöre zur Gattung der Musketiere, leitete perfekt zu einer turbulent vorgetragenen Szene aus der Roman-Reihe „Seewölfe – Korsaren der Weltmeere“ über. Um Piraten-Atmosphäre zu zaubern, wurde vor dem Mikrofon mit Karnevalssäbeln gerasselt, gekämpft und akustisch eine Seeschlacht imitiert. Als Hubert vom Venn im Eifer des Gefechts sein Wasserglas umwarf, meinte er spontan spitzfindig: „Mir ist eine Welle aufs Manuskript geschwappt!“. Natürlich durfte auch eine kabarettistische Meuterei nicht fehlen. Klaus Stickelbroeck verweigerte lauthals seinen Einsatz und verteilte stattdessen zum Vergnügen des Publikums Schokoriegel an Bord: Meuterei mit dem Bounty!
Genau wie bei der vorjährigen Veranstaltung zum Thema „Heimatromane“ kannte nur Ralf Kramp den exakten Programmablauf. Die anderen Leichtmatrosen stürzten sich blindlings ins Abenteuer und interpretierten die für sie jeweils farbig markierten Textstellen: „Das haben wir nicht erfunden, das steht so in dem Heft!“, rechtfertigten sie die oft abstrusen Handlungabläufe, wenn Käpt’n Drake Frauen ent- und verführte oder die Helden auf dem „Traumschiff der Lust“ heiße Blicke tauschten und zuallererst die Moral über Bord warfen.
Selbst Passagen aus Hemingways „Der alte Mann und das Meer“ waren vor dem Krimiautoren-Quartett nicht sicher. Ralf Kramp hatte einige Sätze von Google in die verschiedensten Sprachen hin- und zurückübersetzen lassen und die Crew präsentierte dem Publikum diese „Phasen der Metamorphose“.
Unter den gut 100 Gästen an Bord auch Therese Krumpen aus Schmidtheim, die an diesem Tag ihren 93. Geburtstag feierte. Ihre runden Geburtstage verbrachte sie immer bei Kreuzfahrten auf hoher See und freute sich nun über die kabarettistische Bootstour auf dem Rursee.
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