Kreise, Kreis Düren: Mit der Einführung eines „Integration Points“ haben der Kreis Düren und die Agentur für Arbeit Aachen-Düren die Weichen für eine koordinierte Eingliederung der Flüchtlinge gestellt. Verständlicherweise ist für jeden Migranten aus fremden Kulturen der hiesige Alltag und noch mehr die deutsche Bürokratie – im wahrsten Sinne des Wortes – unverständlich. Sobald sie ihren Asylantrag gestellt haben, erhalten sie bis zu ihrer Anerkennung finanzielle Leistungen von Seiten der jeweiligen Kommune. Für Fragen zu Ausbildung und Arbeit ist hingegen die Arbeitsagentur zuständig. Bekommen sie schließlich den Status als anerkannter Flüchtling, wechselt wieder der Ansprechpartner. Plötzlich ist das Jobcenter für sie zuständig, von dem sie auch Grundsicherungsleistungen gemäß dem Sozialgesetzbuch II – also „Hartz IV“ – erhalten. Daneben gibt es viele weitere Ämter und Institutionen, die eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt erleichtern sollen.
Durch den „Integration Point“ sind die einzelnen Anlaufstellen nun gebündelt und untereinander vernetzt, um mögliche „Reibungsverluste“ zu vermeiden. Gemeinsames Ziel sei es, den Asylbewerbern mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit, die den 15 kreisangehörigen Städten und Gemeinden zugewiesenen sind, frühzeitig den Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu öffnen, betonten Landrat Wolfgang Spelthahn und Doris Schillings, Geschäftsführerin Operativ der Arbeitsagentur Aachen-Düren, bei der Vertragsunterzeichnung.
Im Integration Point, der in der Agentur für Arbeit Düren angesiedelt ist, erhalten die Flüchtlinge erste Informationen und Unterstützung. So können sie die Zeit bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag nutzen, um sich auf ihr Erwerbsleben in Deutschland vorzubereiten. Die Anerkennung ihrer Bildungs- und Berufsabschlüsse gehört ebenso dazu wie die Teilnahme an Sprachkursen, beruflichen Weiterbildungen und Teilqualifizierungen sowie Maßnahmen bei Arbeitgebern oder Bildungsträgern.
Ein gelungenes Beispiel dafür, wie die koordinierte Zusammenarbeit schnell zum Erfolg führen kann, ist Abdo Al Moaked. Vor gut drei Monaten kam der 40-jährige Flüchtling nach Deutschland. Zunächst lebte er vier Wochen in einer Neusser Zentralen Unterbringungsstelle des Landes NRW, bevor er von den Behörden in das Rurstädtchen Heimbach weitergeschickt wurde. Voller Energie, so schnell wie möglich Deutsch zu lernen, nahm der Syrer sofort an Sprachkursen teil und büffelt in jeder freien Minute – mithilfe von Lehrbüchern und Lernprogrammen aus dem Internet.
Regelmäßig drückt der gelernte Koch mit anderen, in Heimbach lebenden Migranten, die eine hohe Bleibewahrscheinlichkeit haben, die Schulbank in einem kleinen Klassenraum des Wasser Info Zentrums Eifel. Jeweils von 9.30 bis 12.45 Uhr.
Durchgeführt wird der Intensivkurs von Christian Siebertz, Leiter des Fachbereichs Berufsorientierung und Fachpraxis beim Sozialwerk Dürener Christen. Er spricht begeistert von seinen fremdländischen Schülern: „Sie sind alle hochgradig motiviert, fleißig, erscheinen pünktlich und regelmäßig.“ Da die Sprachkurse direkt am neuen Wohnort stattfinden, können auch die jungen Familienmütter teilnehmen, deren Kinder noch nicht in Kindergarten oder Schule sind: Die Kleinen sind einfach mit dabei. Gelernt wird anhand von Alltagssituationen: Ankleiden, Einkaufen, Begrüßung, Besuche bei Arzt, Apotheke oder Amt. Insgesamt 320 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten dauert dieser staatlich geförderte Deutschkurs. Danach soll ein Integrationskurs folgen, der mit einer Grammatikprüfung endet. „Doch da wird es lange Wartefristen geben“, vermutet Siebertz, denn auf der aktuellen Warteliste stehen 800 Namen. Um diese Zeit zu überbrücken, können die Flüchtlinge aus dem Iran, Irak, Syrien und Eritrea wieder am Sprachunterricht teilnehmen, den viele Heimbacher seit Monaten ehrenamtlich im Sitzungssaal des Rathauses allen anderen Flüchtlingen geben.
Der Syrer Abdo Al Moaked kann inzwischen Theorie und Praxis ideal miteinander verbinden: Schnell hatte sich herumgesprochen, dass er seit fast 20 Jahren Koch ist und in seiner Heimat zwölf Jahre lang in einer großen Kantine gearbeitet hatte. Wegen des Krieges floh er mit seiner Familie zunächst in den Libanon, bis er sich auf den Weg nach Deutschland machte. Hier suchten Marc und Jutta Meisen, die das Bistro im Heimbacher Schwimmbad betreiben und nächste Woche ein weiteres Restaurant unterhalb der Kirche eröffnen, einen Beikoch für ihr „Oranje“-Team. „Auch wir wollten etwas für die Integration der Flüchtlinge tun“, erzählt Jutta Meisen. Nachdem von den Dürener Ämtern die Ausbildung von Abdo Al Moaked anerkannt worden und die notwendige „Vorrangprüfung“ abgeschlossen war, bekam der Asylsuchende die offizielle Genehmigung, eine Beschäftigung als Beikoch aufzunehmen. Seitdem büffelt der syrische Koch deutsche Küchen-Vokabeln und Worte wie Paprika, Pfeffer oder Pfanne, um demnächst im Arbeitsalltag zurechtzukommen. „Für den Notfall habe ich mir extra ein syrisches Übersetzungsprogramm aufs Handy geladen“, schmunzelt der gebürtige Niederländer Marc Meisen und freut sich auf die Zusammenarbeit. „Mit seiner Energie und großen Motivation passt Abdo wunderbar ins Team.“ Die interkulturelle Zusammenarbeit wird sich natürlich auf der Speisekarte widerspiegeln, denn neben europäischen Speisen werden bald auch orientalische Spezialitäten angeboten.
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