Kreise, Kreis Euskirchen: Er ist ein stummer Helfer. Das Haar ein wenig zottelig. Und er hat stets ein freundliches Lächeln übrig. Die Rede ist nicht von einem Menschen, sondern vom Teddybären des Kriseninterventionsdienstes (KID) des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Kreis Euskirchen. 100 Teddys wurden bereits an Kinder verteilt. Das bedeutet gleichzeitig auch 100 Schicksale, die Kinder verarbeiten mussten. Der Teddy ist bei jedem Einsatz des KIDs dabei und hilft den notfallseelsorgerischen Mitgliedern bei der Arbeit mit verstörten und traurigen Kindern. „Teddy kann mit diesen Kindern besser erzählen, als wir das können“, sagt Maria Jentgen, Leiterin des Kriseninterventionsdienstes.
Welche Bedeutung in Notsituationen für Außenstehende profane Dinge haben können, erläuterte Horst Schuh, der als einer der Gründer den KID im Opfer-Netzwerk im Kreis Euskirchen vertritt. Bei einem erweiterten Doppel-Selbstmord sei für eines der hinterbliebenen Kinder plötzlich das Haustier, ein Hase, überlebenswichtig geworden. „Der Junge konnte dadurch selbst Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen“, berichtet Schuh. Die Bären spielen eine ähnliche Rolle: Sie spenden den Kindern Kraft und trösten sie, wenn sie eigentlich untröstlich sind und übermitteln eine emotionale Wärme. Deshalb rät Schuh dem KID-Team: „Kooperiert gut mit eurem Assistenten!“Gemeinsam mit Anwältin Anke Sefrin, Vorsitzender des Opfer-Netzwerkes, überreichte er 100 neue Teddybären an die notfallseelsorgerisch tätigen Rotkreuzler. Sefrin erklärte den 16 anwesenden Mitgliedern bei deren Monatstreffen auch, was das Opfer-Netzwerk im Kreis Euskirchen überhaupt ist, wie es funktioniert und wer alles darin vertreten ist – nämlich alle Organisationen des Kreises, die mit Opfern zu tun haben. Das Opfer-Netzwerk bietet in Notsituationen eine schnelle Hilfe. Einzige Lücke ist das mit Auflösung des Vereins Mumm, der bei sexuellem Missbrauch von Kindern aktiv wurde, eingestellte Beratungstelefon. „Der Bedarf ist da“, beschreibt es Sefrin.
Aus 20 Menschen besteht das KID-Team. Neben vier Alarmierern gehören 16 Notfallseelsorger, darunter zwei in Ausbildung, dazu. „Der Dienst am Menschen ist Ziel unseres Handelns. Im Vordergrund stehen immer die Betroffenen“, erklärt es Maria Jentgen. Ursprünglich war der KID als Ansprechpartner für die Helfer gegründet worden, also für Mitglieder des Rettungsdienstes, der Feuerwehr oder der Polizei. Heute werden die Rotkreuzler zur psychosozialen Unterstützung von Menschen in Krisensituationen nach außergewöhnlichen Ereignissen gerufen, etwa bei erfolgloser Reanimation, Großschadensereignissen, plötzlichem Kindstod, schweren Verkehrsunfällen, Überbringung von Todesnachrichten, teilweise in Begleitung der Polizei. „Im Prinzip betreuen wir die Angehörigen“, sagte Maria Jentgen. „Wir geben emotionale Sicherheit und inhaltliche Orientierung.“
Eine wichtige Rolle spielen die Alarmierer. Rund um die Uhr ist der KID erreichbar. Sie werden von der Rettungs- oder Polizeileitstelle über einen Vorfall informiert. Diese oft nur rudimentären Informationen gibt der Alarmierer an die Bereitschaft weiter. Wenn möglich, rückt der KID immer zu zweit aus, ein Mann und eine Frau. „Wir müssen dann auf das reagieren was kommt“, sagt Jentgen. Mit der Zeit lerne man, damit umzugehen, heißt es aus den Reihen der Helfer. Wichtig ist: Keiner der ausgebildeten Notfallseelsorger muss in einen Einsatz, in den er nicht gehen möchte. Nicht nur, dass der Alarmierer immer freundlich die Frage stellt: „Kannst du in einen Einsatz gehen?“. Jeder der Helfer hat Gebiete, bei denen er nicht eingesetzt werden möchte, sei es beim plötzlichen Kindstod oder bei einer Wasserleiche. „Wir sehen das Schlimmste, was Menschen sich vorstellen können“, erklärt ein Team-Mitglied. Das müsse man auch durchhalten und ertragen können. Die Motivation, trotzdem zu helfen, ist vielfältig. Einige Mitglieder machen diese Arbeit gerne, andere macht es glücklich, wenn sie in diesen „traurigen und chaotischen Situationen Dinge umsetzen können“. „Diese schlimmen Geschichten wären noch schlimmer, wenn wir nicht da wären“, erklärt es Maria Jentgen. [pp]
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