Kreise, Vulkaneifel: Wilde Gesellen waren einst unterwegs, dort wo heute sanft der Wind durch die Blätter rauscht, Vögel munter zwitschern und verschlungene Wege durch den Wald führen. Und ja, sie hatten einiges auf dem Kerbholz. Die berüchtigte Moselbande versetzte die Menschen in Angst und Schrecken – unter ihnen Pferdediebe, Schwarzbrenner, Räuber und Mörder. Doch diese Zeiten sind zum Glück längst vorbei und Wanderer brauchen nicht zu fürchten, dass heute – mehr als 100 Jahre später – noch einer dieser üblen Burschen hinter einem Baum hervorspringen könnte. Stattdessen können sie mit Muße über die Wege schreiten und sich von der Natur, traumhaften Ausblicken und dem ehrwürdig alten Wald gefangennehmen lassen.
Der Maare-Thermen-Pfad ist der erste der Vulkanpfade, der zum Muße-Pfad umgewandelt und jetzt offiziell eröffnet wurde. Es ist ein neues Konzept, das die Eifel Tourismus GmbH (ET) mit ihren regionalen Partnern verfolgt und welches die österreichische Agentur TAO erstellt hat. Der Geopark Vulkaneifel ist dabei ganz vorne mit dabei. „Slow-Travel“ heißt das Stichwort für das gesamte Projekt. Die Wanderer sollen der Hektik ihres Alltags entfliehen und in aller Ruhe die Natur genießen können: „Et jit net jerannt!“ lautet das Motto.
Gepaart wird das Konzept mit unterhaltsamen Geschichten aus der Region. Jeder Pfad wird mit unverwechselbaren Erzählungen verknüpft, die für eine zusätzliche Verbundenheit mit der Landschaft sorgen. „Es ist kein austauschbarer Weg, sondern er ist authentisch und regional“, erklärt Wolfgang Reh von der ET während einer ersten Annäherung an den Weg. Es gibt viele schöne Wanderwege in Deutschland, doch die Besucher der Eifel sollen sich später an die besonderen Wege erinnern können. Und wie könnte dies besser gelingen, als mit einer schönen Geschichte.
Nicht nur kleine Kinder lieben Erzählungen. Geschichten sind spannend und unterhaltsam, man kann sich mitunter gruseln, ohne selbst dabei gewesen sein zu müssen und sie bringen die Region näher. „Ich war mit den wilden Gesellen zwischen Ulmen und Bad Bertrich unterwegs“ – so sollen die Besucher von ihrer Wanderung später berichten können. Dies ist jedenfalls die Hoffnung und das Ziel der Verantwortlichen.
An sieben Stationen werden die speziellen Geschichten der Moselbande und anderen Räubern auf dem Weg erzählt. Es sind besondere Punkte, die geradezu einladen, eine Pause einzulegen und die Landschaft in sich aufzunehmen. „Wenn wir auf dem Weg sind, sieht man es: Hier kann man sich gut verstecken, überall sind Ecken, wo keiner hinkommt“, meint Gästeführerin Roswitha Lescher und zeigt während der Wanderung in den Wald bei Lutzerath. Es ist ein alter Wald und auf dem Muße-Pfad taucht man tief in ihn ein. Über weichen Waldboden führt der Weg, Bäche werden gekreuzt und wer mag, kann an einer der Mühlen Halt machen. „Die Mühlen waren die ‚Bild-Zeitung‘ von damals“, weiß die Gästeführerin zu berichten, „hier kamen die Menschen zusammen, es waren die Kontaktstellen.“ Hier fanden auch die Mitglieder der Moselbande Unterschlupf. Schlimmer als der Schinderhannes sollen sie gewesen sein.
Jeder der Muße-Pfade wird mit einem Symbol verknüpft. Im Fall des Maare-Thermen-Pfad ist es das Kerbholz. Früher wurde es genutzt, um Vorstrafen oder auch Schulden darauf einzuritzen. An jedem der Stationen des Weges steht ein großes Kerbholz bereit, das die Wanderer auch gerne auseinandernehmen oder zusammenbauen dürfen. Vielleicht fällt ihnen auch das eine oder andere ein, was sie vielleicht selber auf dem Kerbholz haben…
Es gibt jedoch nicht nur die regionalen Geschichten, sondern auch die eine große Story über die Entstehung des Landstriches. „Kampf der Elemente“ ist die übergeordnete Geschichte betitelt, die die Besucher an die Kraft von Feuer, Wasser, Erde und Luft erinnern soll. In der Vulkaneifel war das Feuer mächtig am Werk und hat die Landschaft so gebildet, wie sie heute zu sehen ist. Die Elemente tauchen bei allen Wegen immer wieder auf, sie bringen sich in Erinnerung und lassen spüren, wer hier wirklich verantwortlich für die Entstehung der Landschaft war.
Bei der offiziellen Eröffnung des Maare-Thermen-Pfades, die an der Station in Lutzerath stattfand, schlüpfte Volker Teuschler von der Daleidener Werbeagentur „CUBE“ in eine fantasievolle Figur – eine Mischung aus Feuermann und Schinderhannes. Alfred Steimers, der Ulmener Verbandsbürgermeister, und der Lutzerather Ortsbürgermeister Günter Welter unterstrichen die psychologische Wirkung der neuen Eifeler Muße-Pfade: „Die Landschaft ist über unheimlich lange Zeit geformt worden, auch die Geschichten, die erzählt werden, stammen aus einer langen Historie.“
„Der Alpenraum ist mit diesem Konzept Vorreiter und viel weiter als wir“, sagte Werner Klöckner, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Daun und Aufsichtsratsvorsitzender des Natur- und Geoparks Vulkaneifel GmbH, „aber wir sind die erste Mittelgebirgsregion, die das Geschichtenerzählen im Tourismus konsequent anwendet.“ Die Besucher haben künftig also viel zu entdecken – aber nicht vergessen: „Et jit net jerannt!“
Weitere Muße-Pfade sollen folgen: Gerolsteiner Kelten- und Felsenpfad, Vulkanpfad, VulkaMaar-Pfad, Schneifel-Pfad, Hochkelberg-Panorama Pfad und Vulcano Pfad. Pfade in der Südeifel sind ebenfalls noch geplant.
Die Entwicklungskosten für das Konzept betragen – für alle Wege – rund 60.000 Euro. Mit der Erstellung wurde die österreichische Agentur TAO beauftragt, deren Inhaber Sieghard Preis auch der Verfasser des Grundkonzepts für die Gesamtregion Eifel und der Metageschichte „Kampf der Elemente“ ist. Die Investitionskosten am Maare-Thermen-Pfad für die eigentliche Umsetzung belaufen sich auf etwa 18.500 Euro.
Weitere Infos unter www.geopark-vulkaneifel.de, www.eifel.info und www.eifelsteig.de
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.