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Herta und Josef Nathan (3. und 4. v. r.) kurz nach der Ankunft auf dem Flughafen Düsseldorf um 1960.

Neue Erkenntnisse zum Schicksal Nideggener Juden

Nideggen: Nicht nur im zeitlichen Umfeld der Reichsprogromnacht 1938 widmen sich der pensionierte Lehrer Franz-Josef Brandenburg und seine Frau dem Schicksal jüdischer Mitbewohner in der Eifel. Ihr Ziel ist es, Einzelschicksale zu erforschen und deren Vita vor dem Vergessen zu retten. Von der, am 26. Oktober 2000 verstorbenen Zeitzeugin Margarete Schäfer aus Embken hat das Ehepaar Ende der 1980er Jahre erfahren, dass Familie Nathan aus der dortigen Liebergstraße 18 einen Sohn hatte. An seinen Namen und sein Alter konnte Frau Schäfer sich nicht mehr erinnern. Jedoch wusste sie zu berichten, dass die Familie dem Naziterror rechtzeitig nach Kuba entfliehen konnte. Nachforschungen in Archiven sowie beim Nideggener Standesamt blieben ohne Erfolg.

Nun kam den Brandenburgs jüngst der Zufall zur Hilfe: Iris Gedig vom „Familienbuch euregio“ vermittelte ihnen den Kontakt zu Frau Dr. Riener vom Landesarchiv in Duisburg. Dort lagern teilweise die Wiedergutmachungsakten, auch die der Nathans. Aus ihnen geht hervor, dass Louis Nathan am 24. Dezember 1937 in Köln-Ehrenfeld im „Jüdischen Wohlfahrtszentrum“ in der Ottostraße 85 geboren wurde und bereits am 9. November 1939 auf Kuba verstarb.

Josef Nathan hatte am 1. September 1938 sein Gewerbe als Fuhrunternehmer aufgegeben. Ab diesem Zeitpunkt hat er sich ausschließlich um die Ausreise nach Mexiko bemüht, die bereits im Oktober 1938 genehmigt wurde. Die ursprüngliche Absicht, unmittelbar nach Mexiko einzuwandern, hat Familie Nathan aber nicht verwirklichen können, da man den Reisenden (meist Emigranten) das Betreten des mexikanischen Festlandes nicht erlaubte. So sahen sich die Nathans gezwungen, zurückzureisen und nach Kuba einzuwandern, wo sie am 9. November 1938 – dem Tag der barbarischen Judenpogrome – eintrafen.

Josef Nathan hatte in Kuba nur unter der ausdrücklichen Auflage, keine Arbeit aufzunehmen, eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Und so führte die Familie ein karges Leben und musste das wenige mitgenommene Hab und Gut zur Aufrechterhaltung ihrer Lebensbedürfnisse veräußern. Herta Nathan, die etwas Englisch sprach, verdiente durch Schwarzarbeit geringe Beträge zum Lebensunterhalt hinzu.

Ende 1941 gelang es den Eheleuten Nathan, das Einwanderungsvisum für die USA zu erhalten. Rechtsbeistand Dr. Lobe hat die Auswanderungskosten der Familie Nathan mit insgesamt 6.250 Reichsmark und 300 Dollar beziffert. Die Beträge wurden für Schiffspassagen und Schmiergelder aufgewendet. Das sei der Zwang der Verhältnisse gewesen. So kostete alleine die Kopie der Geburtsurkunde des Sohnes Louis 1939 dreißig Reichsmark.

Nach den, der Familie Brandenburg vorliegenden Unterlagen wurde ein weiteres jüdisches Kind aus Embken ebenfalls in der Kölner Einrichtung geboren, und zwar am 1. September 1936: Karl „Charles“ Schwarz. Er war der Sohn von Benno und Renate Schwarz. Der Junge wohnte zuletzt in Stolberg-Büsbach und wurde nach Auschwitz deportiert. Um 1960 wurde er vom Amtsgericht Stolberg für tot erklärt.
Benno Schwarz wurde am 3. Mai 1909 in Embken geboren und verstarb am 22. Februar 1949 in Bonn an den Folgen seiner KZ-Aufenthalte. Er war 1942 aus den Niederlanden nach Auschwitz, später nach Buchenwald deportiert worden. Dort wurde er am 23. April 1945 durch die russische „Rote Armee“ befreit.

Im Dezember 2021 werden für Louis und Josef Nathan sowie acht weitere, ehemals in Embken ansässige Juden Stolpersteine verlegt. Zwei davon (Kosten: je 120,00 Euro), sowie mögliche weitere Kosten müssen noch finanziert werden. Wer sich an der Finanzierung beteiligen möchte, kann sich an Franz Josef Brandenburg unter der Rufnummer 02427 – 6247 wenden.
3.10.2020LebenNideggen0 Kommentare redaktion

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