Eifel: „Bis zum Herbst sind wir aller Einnahmequellen beraubt“, stellt Jojo Ludwig vom „theater 1“ in Bad Münstereifel kurz und drastisch fest. „Selbst wenn wir jetzt wieder öffnen dürfen, finanziell lohnt sich das nicht. Im Gegenteil.“ Um den vorgeschriebenen Mindestabstand zu wahren, könnten pro Abend nur etwa 15 Leute das Theater besuchen. „Bei so wenigen Besuchern zahlen wir für Wasser und Strom noch drauf. Es sei denn, eine Karte würde 200 Euro kosten!“
Ludwig findet klare Worte: „Für die Autoindustrie und die Lufthansa gehen die Milliarden locker über den Tresen“, an der Kultur werde aber weiterhin geknapst. „Das gleicht einem Berufsverbot.“
Zwar haben die beiden Theatermacher das von der Landesregierung versprochene Überbrückungsgeld erhalten, „aber das reicht nur für drei Monate. Die Menschen werden weiterhin Angst vor dem Virus haben und deshalb vorerst nicht ins Theater gehen“, mutmaßt Ludwig. Doch: „Wir lassen uns nicht entmutigen.“ Auch wenn ihnen – nach einem Rohrbruch im Theater vor einigen Jahren – diesmal im symbolischen Sinn das Wasser bis zum Halse steht. Und so schreiben Christiane Remmert und er an einem neuen Theaterstück, das tief in der Eifel verwurzelt ist und gleichzeitig historisch prägende Persönlichkeiten wie Hildegard von Bingen und Sebastian Kneipp einbindet.
Dem „Freibeuter“ Ralf Winterhoff – auf der Bühne besser bekannt als wagemutiger Captain Flint – wurde bei seinen Piraten-Festspielen ebenfalls der Wind aus den Segeln genommen. Die Stadt Xanten, in denen seine historisch inszenierten Abenteuer-Aufführungen seit Jahren stattfinden, hat bislang jegliche Auftritte untersagt. Für Winterhoff schwer nachvollziehbar: „Es ist doch alles open air.“ Das gesamte Szenario sei – wegen der Corona-Auflagen – umgeschrieben worden, Hygiene-Lösungen lägen auf der Hand. „Wir hätten das ganze Stück, in dem es um Pest und Cholera geht, umgeändert. Die Zugänge zu den Tribünen coronagerecht neu gelenkt.“ Unklar sei für ihn nach wie vor, wie der von der Politik formulierte Begriff „Großveranstaltung“ zu interpretieren sei. Wieso städtische Theater wieder indoor vor mehr Besuchern spielen dürften, als seine Piraten-Crew outdoor, fragt er sich. „Ich will mich nicht auflehnen, ich will es nur verstehen!“ Im Moment werde die gesamte Kulturszene gegen die Wand gefahren.
Auch Hubert vom Venn ist irritiert: „Das alles ist eine Farce“, meint er und schildert kabarettistisch seine Nachfragen zum Überbrückungsgeld für freischaffende Künstler. Reinhard Meys musikalische Spöttelei „Ein Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars“ scheint da nur ein Vorgeschmack gewesen zu sein. All seine bereits verankerten Termine mussten abgesagt werden. Für Folgeauftritte gebe es keine Planungssicherheit mehr. Zwar habe das Zülpicher Museum einen Auftritt im September gebucht, aber er zweifle daran, dass bis dahin wieder Alltag eingetreten sei. Auch er befürchtet, dass die Kulturszene langsam ausblutet. „Ich kenne keinen aus der Kabarett-Szene, der bereits finanzielle Unterstützung erhalten hat.“ Bedrohlich empfindet er, dass befreundete junge Musiker, die sonst mehrmals pro Woche auf der Bühne stehen, nun gezwungen sind, Hartz IV zu beantragen. Mit der verordneten Zwangspause könne er sich – mittlerweile im Rentenalter – noch halbwegs arrangieren, doch was ihm zurzeit am meisten fehle, seien die regelmäßigen Besuche auf der Kinderstation des Betlehem–Gesundheitszentrums Stolberg, wo er erkrankte Kinder mit Musik und Geschichten von ihrer Krankheit ablenke.Andrea Lucas und Thomas Marey vom Heimbacher Kindertheater „Wolkenstein“ sagen klipp und klar: „Bei uns geht gar nichts mehr.“ Zurzeit herrschten schwierige Ausnahmesituationen. Lucas, die ihr pädagogisch-schauspielerisches Talent auch in den Kindertagesstätten des Kreises Düren einbringt, hat während der Corona-Zeit schon viele „Ausnahmezustände“ erlebt. „Für Kinder ist es total schlimm. Da steht ein kleines Kind vor Dir, streckt Dir die Ärmchen entgegen, ruft Andrea, und Du darfst es wegen Ansteckungsgefahr nicht hochheben.“
Momentan mache die Gesellschaft „eine Pause“. Zwei bis drei Monate seien vielleicht noch zu überbrücken, aber die Freien und Selbstständigen im Kultur- und Kunstbetrieb hätten schon Angst vor der Zukunft – sollten die Einschränkungen länger aufrechterhalten werden.
Wochenlang musste auch die Internationale Kunstakademie Heimbach ihren Lehrbetrieb einstellen. Nun kann – nach Rücksprache mit dem hiesigen Ordnungsamt – der Kursbetrieb wieder anlaufen. Nach Pfingsten startet der erste Kurs mit dem Dozenten Jörgen Habedank. „Die Leute scharren schon mit den Hufen“, freut sich Akademiedirektor Professor Frank Günter Zehnder. Während der Zwangspause wurden die Ateliers umgerüstet. Mit schwarz-gelbem Klebeband wurden drei mal drei Meter große Arbeitsflächen ausgewiesen, um den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand zu gewährleisten. Zudem ist jedes Atelier auf Burg Hengebach mit Desinfektionsmittel-Spendern ausgestattet worden, die auch direkt im Eingangsbereich stehen. Zusätzlich werde mindestens jede Stunde einmal gut durchgelüftet. Mit Wiederaufnahme der Workshops kann – dank der Vorsorgemaßnahmen – auch die momentane Werkschau mit Arbeiten der Kursteilnehmer wieder besucht werden.
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