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Mit verbundenen Augen gilt es, den Hahn im Korb zu treffen. [Archivfoto: bwp]

„Hahneköppen“ – Nicht nur in der Eifel ein überlieferter Ernte- und Kirmesbrauch

Eifel: Tastend sucht der Säbel sein Ziel. Irgendwo dort oben hängt der blumengeschmückte Korb mit dem Hahn. „Ja! Höher, höher!“, dirigieren die Zuschauer ringsum. „Nach links!“ Der Säbel folgt zögernd. „Nein, zu weit!“, „Zurück.“ „Ja, gut!“ Dann wird es still, der Kandidat holt zum Schlag aus. Der Säbel saust in Richtung Korb. Geht der Hieb ins Leere, ist ein enttäuschtes „Oooh!“ aus der Menge zu hören. Der nächste Kandidat, der nächste Versuch…

Kaum ist die Ernte eingefahren, wird Erntedank und Kirmes gefeiert. Traditionelles Ritual ist dann in vielen ländlichen Regionen das „Hahneköppen“. Nicht nur in der Eifel ein Zeremoniell, das seit Urzeiten durchgeführt wird. Doch über die Ursprünge dieses Brauches scheiden sich bis heute die Geister. Manche Theorie besagt, dass sich dieser Brauch auf den Protest der Bevölkerung gegen die Besetzung durch französische Truppen zurückführen lasse. Damals sei der „gallische Hahn“, das Symbol der Besatzungsmacht, stellvertretend entmachtet worden. Vermutlich ist das Ritual des Hahneköppens aber viel, viel älter. Ziel des alten Brauches „Hahneköppen“ ist es, bei verbundenen Augen mit einem stumpfen Säbel den Kopf eines Hahns abzuschlagen. Wer das schafft, ist ein Jahr lang Hahnenkönig des jeweiligen Dorfes.

Gar nicht so einfach, denn die uralten Regeln sind streng: Vor jedem Versuch muss der Kandidat ein Gläschen mehr oder weniger hochprozentiges „Zielwasser“ trinken und wird dann mit verbundenen Augen mehrmals um die eigene Achse gedreht, damit er zunächst die Orientierung verliert und den Korb in luftiger Höhe erst finden muss. Gelenkt durch die Zurufe der Dorfbewohner.

Die Gefahr von Missernten drohte schon unseren Urahnen. Damals ging der Volksglaube um, dass nach dem Schnitt des letzten Halmes der grimmige „Korngeist“ in die Ernte springen und so den Feldern ihre Fruchtbarkeit rauben könne. Um die Angst vor Hungersnöten zu bannen, musste deshalb ein Opfer gebracht und dieser böse Geist symbolisch erschlagen werden. Andere Theorien gehen davon aus, dass mit solchen Tieropfern die Fruchtbarkeit spendenden Gottheiten gnädig gestimmt werden könnten. Als Opfer mussten meist Hähne herhalten, denen schon in der Antike eine voraussehende Kraft zugesprochen wurde. Je nach Region wurden auch Gänse, Enten oder Tauben zum Sündenbock, denn Geflügel galt vielerorts als Symbol des bösen „Korngeistes“.

Früher wurde mit Sicheln oder Dreschflegeln nach dem Hahn geworfen. Aus manchen Regionen waren Reiterrituale bekannt, bei denen während des geschickten Vorbeireitens das Opfertier Feder für Feder gerupft werden musste. „Die Menschen haben schon immer mit Tieren ‚gespielt’“, erläutert Eifel-Experte Manfred Lang.

Der uralte Erntebrauch des Hahneköppens, der mindestens seit dem Mittelalter, vermutlich aber schon viel früher bekannt ist, wurde urkundlich erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt. Heute werden natürlich keine lebenden Tiere mehr geopfert. Egal, ob Filz-Viech, Holzhahn oder Gummigockel – das Brauchtum lebt weiter.

Volkskundler vermuten übrigens, dass das kindliche „Topfschlagen“ auf den gleichen Regeln wie das überlieferte „Hahneköppen“ beruht. Auch bei diesem Spiel, das viele noch von den eigenen Kindergeburtstagen kennen, muss sich das jeweilige Kind erst mit verbundenen Augen ans Ziel herantasten und dann schlagkräftig treffen. Nachdem es um die eigene Achse gedreht wurde, wird der kleine Geburtstagsgast durch lautes, aufmunterndes Zurufen der Freunde zum Ziel geleitet. Statt eines alten Säbels haben die kleinen Geburtstagsgäste dann allerdings nur einen Kochlöffel zur Hand.

29.9.2017LebenEifel0 Kommentare bwp

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