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Die Besetzer des Hambacher Forsts errichteten vor der Verhandlung – von Polizei bewacht - ein Protestcamp vor dem Verwaltungsgericht in Aachen. [Fotos: mv]

Gerichtsverhandlung in Aachen: Demo oder Campingplatz?

Umland, Aachen: Zu tumultartigen Szenen kam es gestern in einem Aachener Gerichtssaal. „Shame on you“ und „Schämt euch“ riefen die jungen Leute, die mit dem Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen unter Vorsitz von Richterin Brunhilde Küpper-Aretz nicht einverstanden waren.

Die Kammer – bestehend aus drei Berufsrichterinnen und zwei Schöffen – befand, dass der Eigentümer einer Wiese bei Morschenich (Kreis Düren) im Unrecht sei. Und dass der Kreis Düren am 22. März 2013 zu Recht eine Ordnungsverfügung gegen den Mann erlassen hatte. Kurt Claßen, der Eigentümer einer Wiese ist, auf der Waldbesetzer ein Protest-Camp errichtet haben, kann sich mit seiner Duldung der Besetzer-Gruppe nicht auf das Versammlungsrecht berufen. Seine Klage wurde abgewiesen, er kann dagegen Berufung einlegen.

Verhandelt wurde in Saal 9, in einem von zwei extra großen Sälen des Gerichtsgebäudes. Das war gut so, denn knapp 50 Aktivisten, die den Hambacher Forst vor den Baggern des RWE retten wollen, waren dort erschienen. Und mit ihnen mindestens dreimal so viele Polizisten in Kampfuniformen und mit Schlagstöcken. Die Naturschützer wurden am Eingang intensiv gefilzt, so dass der letzte erst den Gerichtssaal erreichte, als die Verhandlung schon gut 20 Minuten im Gange war. Vor dem Gerichtsgebäude hatten die Waldbesetzer eine Art Lager mit einem Zelt aufgebaut. Dort verteilten sie nach der Verhandlung Suppe und legten Transparente aus.

Begonnen hatte die Verhandlung mit einer Darstellung des Streitfalles, wie er aus den Akten ersichtlich ist. Der Kläger (Kurt Claßen) habe der Protestbewegung sein Grundstück am Rande des Hambacher Forst zur Verfügung gestellt. Die Aktivisten hätten darauf 19 Zelte, Bauwagen und Hütten errichtet, so wurde verlesen. Trotz mehrerer Bescheide habe Claßen nicht dafür gesorgt, dass die Bauten auf seiner Wiese entfernt werden.

Haarklein legte Claßen dar, dass die Wiese nicht vorrangig zum Wohnen genutzt wird. Das Camp sei ein zentrales Symbol des Protests, es symbolisiere die Menschen, die wegen des landschaftsfressenden Braunkohleabbaus aus ihren Häusern und von ihren Höfen vertrieben wurden.

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Auch mit Aufklebern wurde der Protest sichtbar gemacht.

Seit April 2012 haben die Aktivisten am Rand des Braunkohletagebaus die Wiese besetzt. Der Eigentümer der Wiese duldet das und lässt das Gelände nicht räumen. Claßen stand in der Angelegenheit schon mehrfach vor Gericht. Zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass einmal grundsätzlich geklärt werden müsse, ob nicht das Versammlungsrecht Vorrang hat vor dem Baurecht. Letzteres sieht vor, dass auf der Wiese keine Bauten oder ein Zeltplatz errichtet werden dürfen.

Das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht. Was genau eine Versammlung ist, definierte die Richterin im Verlauf der Verhandlung. Sie führte aus, dass in einem ähnlichen Fall ein Roma-Lager vor dem NRW-Landtag als Mittel des Protests anerkannt wurde und unter das Versammlungsrecht gefallen sei. Allein: Im Falle des Camps in Morschenich kam das Gericht nach 45-minütiger Beratung zu einer anderen Einschätzung.

Diese Entscheidung des Gerichts bedeutet jedoch nicht, dass das Camp nun vom Kreis Düren geräumt werden dürfe. Das Recht des Klägers auf Berufung gegen dieses Urteil hat aufschiebende Wirkung bis zur Klärung durch das Oberverwaltungsgericht in Münster. Nach einem Hinweis des Gerichts hat der Kreis Düren das verhängte Zwangsgeld von 2.000 Euro gegen Kurt Claßen aufgehoben.

22.5.2015PolitikUmland, Aachen0 Kommentare mv

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