Eifel: Vor dem Verwaltungsgericht in Aachen findet am 21. Mai um 9.00 Uhr die nächste Runde in der juristischen Auseinandersetzung um die Protest-Besetzung im Hambacher Forst statt. Kurt Claßen, Steuerberater aus Buir, klagt gegen das Bauordnungsamt des Kreises Düren. Das Bauamt des Kreises Düren hatte Claßen als Besitzer der Wiese bei Morschenich, auf der die Waldbesetzer campieren, aufgefordert, die Wiese zu räumen, und ihn mit einem Zwangsgeld belegt. Diese Entscheidung der Ordnungsbehörde hatte das Verwaltungsgericht 2013 bestätigt. Dagegen hat Kurt Claßen Berufung eingelegt. Diese Berufung ist noch nicht entschieden.
Um eine sofortige Vollziehung des Bauamts des Kreises Düren – wie beabsichtigt und in die Wege geleitet – zu verhindern, hat Claßen beim Verwaltungsgericht Aachen beantragt, die Vollziehung des Bescheids bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Rechtsstreit auszusetzen. Damit hat er in 2. Instanz beim OVG Münster obsiegt. Das OVG Münster hat eine Abwägung dahingehend vorgenommen, dass das Recht der Versammlungsfreiheit gemäß Artikel 8 GG Vorrang hat gegenüber dem Interesse des Kreises Düren an einer sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung.
Kurt Claßen unterstützt die freie Meinungsäußerung und den Protest der Forstbesetzer gegen die Zerstörung des Waldes durch den RWE Tagebau Hambach und hat den Aktivisten nach der Polizeiräumung im Hambacher Wald auf seiner Wiese Asyl gegeben. Er sieht die Räumungsaufforderung der Kreisbehörde als Schikane und fragt, warum das Bauamt nicht bereits gegen RWE als Grundstückseigentümer vorgegangen sei, als die Waldbesetzer noch in Baumhäusern im Wald und damit auf RWE Gelände campiert hätten.
Das Bauamt des Kreises argumentiert damit, dass auf der Wiese Schwarzbauten errichtet wurden, für die keine Baugenehmigung vorliegt, und die der Nutzung der Wiese als Wiese widersprechen. Auch das Argument des Kreisbauamts, die Wiese sei ein „Außenbereich“ und deswegen von „Bebauung“ freizuhalten, sieht er durch die Nutzung der umliegenden Wiesen für einen Sportflughafen mit Hangar und ein Vereinsheim mit Schießstand entkräftet. Von einer „Zersiedlung der Landschaft“ durch das Camp der Waldbesetzer könne somit keine Rede sein.
Eine zusätzliche Facette bekommt die Auseinandersetzung durch das Gesprächsangebot der grünen Landtagsabgeordneten Gudrun Zentis und Verena Schäffer an die Waldbesetzer, die Ordnungsbehörden des Kreises Düren und den RWE Werkschutz im April im Düsseldorfer Landtagsbüro. Diese Gespräche sollten nach übereinstimmender Aussage aller Beteiligten fortgesetzt werden.
Für das Verwaltungsgericht geht es also am Donnerstag um die juristische Bewertung des Protestcamps. Ist das grundgesetzlich garantierte Recht auf Versammlungsfreiheit (GG Artikel 8) und das Recht auf freie Meinungsäußerung (GG Artikel 5) mit dem Protestcamp zu bejahen? Damit wäre ein höherer Rechtsanspruch begründet und die Ordnungswidrigkeit, auf der Wiese zu campieren, diesem Rechtsgut unterzuordnen.
Was geschieht, wenn das Aachener Gericht dem Dürener Bauamt Recht gibt und die Aufforderung an Kurt Claßen, seine Wiese zu räumen, als gerechtfertigt ansieht? Kann Claßen für die Besetzung des Geländes durch die Aktivisten überhaupt zur Verantwortung gezogen werden? Wie soll Claßen der Aufforderung des Kreises Düren nachkommen und seine Wiese räumen?
Seit drei Jahren versuchen Werkschutz, Polizei und Ordnungsamt die wiederholte Besetzung des Hambacher Forsts durch die Umweltschützer zu verhindern. Mit wenig Erfolg. Die Baumhäuser werden zerstört und Wochen später stehen neue Barrikaden im Wald. Kann ein einzelner 63 Jahre alter Steuerberater das schaffen, was im Hambacher Forst mehreren Hundertschaften der Polizei, dem Ordnungsamt, der Forstbehörde und dem RWE Werkschutz in den vergangenen drei Jahren nicht gelungen ist? Zweifel sind erlaubt.
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