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Bürgermeisterin Anne Horst und der 1. Beigeordnete René Strotkötter stellten sich den kritischen Fragen der Bevölkerung. [Fotos: cpm]

Integration oder Ghettoisierung? Protokoll einer Bürgerversammlung

Umland, Weilerswist: Bürgermeisterin Anne Horst hatte am vergangenen Mittwoch zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. In der Vernicher Sportlerklause sollte über die Flüchtlingsunterbringung in der benachbarten Tomberg-Sporthalle gesprochen werden, um „auf Unsicherheit und Ängste in der Bevölkerung zu reagieren, die durch unwahre Behauptungen in den sozialen Netzwerken entstanden seien.“

Um diese Sporthalle und andere Flüchtlingsunterkünfte in Weilerswist gibt es seit Monaten Auseinandersetzungen zwischen der Bürgermeisterin und dem Flüchtlingsausschuss der Ratsvertretung. Letzterer fühlt sich nicht ausreichend und zeitgerecht über die Aktivitäten der Verwaltung informiert. Die Bürgermeisterin hingegen bezweifelt die formale Rechtmäßigkeit des Flüchtlingsausschusses und setzt ihre Maßnahmen in Form von Dringlichkeitsentscheidungen – an Ausschuss und Rat vorbei – mit der Unterschrift eines einzigen Ratsmitgliedes um. Diese Vorgehensweise fördere nicht gerade die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Rat und Verwaltung, bemängeln die Mitglieder des Flüchtlingsausschusses.

Hinzu kursieren auf diversen Facebook-Seiten Gerüchte über angebliche Übergriffe von Flüchtlingen. Diese tragen zusätzlich zur schlechten Stimmung und Verunsicherung in der Kommune bei. Die Tomberghalle, eine Sport- und Mehrzweckhalle, steht als weitere Flüchtlingsunterkunft seit Januar zur Verfügung. Hier sollen bei Vollbelegung einmal 100 Flüchtlinge untergebracht werden.

In der Sportklause sind die Bürgermeisterin und die zwei Beigeordneten René Strotkötter und Alexander Eskes an diesem Abend angetreten, um sich den besorgten oder kritischen Fragen der Vernicher Anlieger zu stellen. Die Stimmung in der vollbesetzten Kneipe ist auf beiden Seiten angespannt. Für weitere Auskünfte stellt Anne Horst das Betreuerteam der Flüchtlingsunterkunft Tomberghalle, bestehend aus der Integrationsbeauftragten, Frau Al Hadan, dem örtlichen Sicherheitsdienst und den Sozialbetreuern, sowie dem Einsatzleiter der zuständigen Polizeidienststelle vor.

Die ersten Fragen der Bürger zielen dann auch darauf ab, ob besonders auffällige Leute, sogenannte „Härtefälle“, in der Halle untergebracht seien. Ob es straffällige Bewohner gebe und wie bei Alkoholproblemen eingegriffen werde. René Strotkötter kann nicht bestätigen, dass in der Halle nur „Härtefälle“ untergebracht seien. Im Moment wären hier Bewohner aus der Flüchtlingsunterkunft am Bahnhof einquartiert, da in einem Teil des Objekts dringend notwendige Sanierungsarbeiten ausgeführt werden müssten. Die Halle sei zurzeit nur mit 16 gemeldeten Bewohnern belegt, erläuterte Strotkötter und räumte auf Nachfrage aus den Reihen der Politik ein, dass es momentan keine weiteren Zuweisungen der zuständigen Bezirksregierung in Arnsberg gebe. Persönlich seien im Moment allerdings nur vier Flüchtlinge in der Tomberghalle anwesend. Diese Aussage führt dann zu weiteren kritischen Fragen der Zuhörer. Rechtfertigt die geringe Hallenbelegung einen derartig großen Personalaufwand? Und wie hoch seien die Kosten des Sicherheitsdienstes pro Tag zu veranschlagen.

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Nachdenkliche Bürger folgten den Ausführungen der Gemeindeverwaltung zur Wohnsituation von Asylbewerbern.

Auch der um die Flüchtlingseinrichtung neu errichtete Zaun beunruhigt die Bürger. Der Mitarbeiter des Ordnungsdienstes bringt eine mögliche Bedrohung von außen ins Gespräch. Dieses Argument sorgte bei den Anwohnern für Kopfschütteln: Wie denn eine Integration in die Gemeinde gelingen solle, wenn man die Flüchtlinge vor der Bevölkerung abschirmt, wird gefragt. Man könnte auch umgekehrt schließen, dass die Asylsuchenden eine Bedrohung für die Bürger darstellen würden, befürchten einige der Anwesenden.

Andere Bürger fordern, die Polizeidienststelle in Weilerswist rund um die Uhr zu besetzen. Die Verwaltung argumentiert, dass man darauf keinen Einfluss habe, hier läge die Zuständigkeit beim Land NRW. Ein Vater von zwei minderjährigen Töchtern fragt nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht und bemängelt die Abwesenheit der Polizei. Anne Horst beruhigt: Von den insgesamt 347 Flüchtlingen in Weilerswist wären nur drei bisher auffällig geworden.

Die Kosten der Flüchtlingsbetreuung und in welcher Höhe der zusätzliche Aufwand die Gemeindekasse belastet, wird ebenfalls zum Thema. Die Verwaltung rechnet mit einem Mehraufwand von 20 Millionen Euro im laufenden Haushalt. An zusätzlicher, direkter Belastung wird zurzeit von 1.975 Euro pro Tag ausgegangen.

Neben besorgten Bürgern gibt es auch vermehrt Stimmen, die sich fragen, wie denn eine Integration der Gäste in die Gemeinde gelingen solle, wenn hier eine strikte Abgrenzung der Flüchtlinge von der Bevölkerung durch Wachdienst und Ordnungsdienst erfolge.

Hier verwies die Bürgermeisterin nochmals auf die geschützte Privatsphäre der Bewohner. Natürlich könne man die Flüchtlinge besuchen, wenn man persönlich eingeladen werde. Sie regte an, sich ehrenamtlich bei der Betreuung einzubringen. Die Gemeinde könne nicht alles leisten und sei auf die Mitarbeit der Menschen angewiesen. Darüber hinaus sei ein Begegnungscafé in der Sportklause angedacht, um den Kontakt zwischen den Flüchtlingen und den Bewohnern zu fördern. Von den Gästen der Veranstaltung kommt die Anregung, ein Begegnungsfest zu organisieren.

Die anfangs angespannte Stimmung hat sich im Laufe des Abends etwas gelockert, die ersten Anwohner brechen auf. Draußen auf dem Parkplatz wird weiter diskutiert. Eine junge Frau fragt, warum man die Flüchtlinge nicht zu der Veranstaltung eingeladen habe. Es würde doch absolut Sinn machen, wenn man nicht über die neuen Bewohner sprechen würde, sondern mit ihnen. Auch der Auftritt von Bürgermeisterin und Verwaltung mit Polizeipräsenz und Sicherheitsdienst wird kritisch hinterfragt. Hier herrscht Übereinstimmung, dass für eine erfolgreiche Eingliederung der neuen Bewohner in Weilerswist mehr getan werden muss.

19.2.2016PolitikUmland, Weilerswist2 Kommentare cpm

Bisher 2 Kommentare
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  • Zitat aus dem Artikel: „Die Verwaltung rechnet mit einem Mehraufwand von 20 Millionen Euro im laufenden Haushalt. An zusätzlicher, direkter Belastung wird zurzeit von 1.975 Euro pro Tag ausgegangen.“ …

    Ich war so frei eben mal kurz in die Haushaltssatzung der Gemeinde Weilerswist zu schauen. Im Haushaltsansatz 2016 (Plan) sind die „Ordentliche Aufwendungen“ (also die Gesamtausgaben der Gemeinde) mit rund 33 Millionen veranschlagt. Und dann sollen da für die Flüchtlinge noch 20 Millionen dazukommen? Kann das sein, daß da jemand nicht mit Zahlen umgehen kann? Entweder die Verwaltung oder die Journailie … Angenommen es kämen allein nach Weilerswist 500 Flüchtlinge, so würde das bedeuten, daß Kosten für jeden Flüchtling in Höhe von 40.000 Euro den Gemeindeetat belasten würden.

    • Die genannten 1975,- € pro Tag sind die momentanen Kosten für 16 in der Tomberghalle gemeldete Flüchtlinge.
      Die fast 20 Millionen beziehen sich auf den Anstieg der Verbindlichkeiten, die im Vorjahr rund 2 Millionen betrug.
      Zu finden sind die Angaben auf Seite 108 des Entwurfes der Haushaltssatzung.

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