Zülpich: Wie ist das Leben in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen? Was wird dort gegessen, wie gefeiert, wie sehen die Landschaften aus? Um einen kleinen Einblick zu bekommen, hatte der Runde Tisch in Kooperation mit dem Katholischen Bildungswerk Euskirchen im Katholischen Pfarrzentrum zu einem Vortragsabend über Afghanistan eingeladen. „Wir wollen einen Blick hinter die Kulissen werfen“, sagte Klaus Kirmas, Sprecher des Runden Tisches.
Das Interesse war groß und die Besucher ließen sich von Yousof Rezai erzählen, wie es in seinem Heimatland aussieht. Rezai hatte als Dolmetscher für die Bundeswehr gearbeitet und wurde aufgrund dieser Tätigkeit mehrfach von den Taliban bedroht – es blieb ihm nur noch die Flucht. Die Chancen auf eine Anerkennung als Flüchtling sind in Deutschland für die Afghanen allerdings schlecht, denn laut Innenministerium gibt es dort sichere Regionen und die Bewohner könnten sich innerhalb des Landes bewegen. „Natürlich ist die Sicherheitslage in Afghanistan kompliziert […] [und] es gibt [hier] schreckliche Anschläge. […] Ich behaupte [auch] nicht, dass Afghanistan ein sicheres Herkunftsland ist“, räumt selbst Bundesinnenminister Thomas de Maizière ein. Aber Afghanistan sei ein großes Land: Es gebe sichere Gebiete wie zum Beispiel die Provinzen im Norden, auch innerhalb nicht ganz so sicherer Provinzen gebe es sichere Distrikte. Selbst in Kabul sei es nicht „überall unsicher“, so der Minister in einer Pressemeldung (Quelle: www.bmi.bund.de).
Die anwesenden Afghanen in Zülpich sahen dies anders. In dem Land herrsche schon seit 60 Jahren Krieg, das Land sei nicht sicher, betonte ein junger Afghane. Sein Heimatland sei eigentlich reich, doch umliegende Länder wie Pakistan und Iran würden immer wieder für Konflikte in Afghanistan sorgen.
Einig waren sich die Besucher, dass es mehr derartige Veranstaltungen geben sollte. Da nicht nur Zülpicher, sondern auch Asylbewerber gekommen waren, ergaben sich im Anschluss noch einige Möglichkeiten zum Austausch.
Viel wissen wollte auch Kai Gehring, Bundestagsabgeordneter der Grünen im Bundestag. Auf Einladung der Zülpicher Grünen war der Politiker nach Zülpich gekommen, um zu erleben, was in der Römerstadt für die Flüchtlinge getan wird. Tief beeindruckt zeigte er sich von dem ehrenamtlichen Engagement der Bürger in der Römerstadt. „Ohne dieses bürgerschaftliche Engagement würde es nicht funktionieren“, betonte Gehring. Er hatte Vertreter vom Runden Tisch Flüchtlingsarbeit getroffen, kam bei der Tafel ins Gespräch mit Mitarbeitern, besuchte das Begegnungscafe, die Fahrradwerkstatt, einen Sprachkurs und das FairCafe.
Dort traf er auf weitere engagierte Bürger wie Alexandra Menard vom TUS Chlodwig. Vor einem Jahr hat sie mit Dierk Menard und Svenja Galla eine Volleyballgruppe für Flüchtlinge gegründet. Die Volleyballabteilung hatte sich an dem Programm „Willkommen im Sport“ des Landessportbundes beteiligt und die Gruppe aufgebaut. Inzwischen gibt es einen festen Stamm an Teilnehmern, die regelmäßig kommen. Alexandra Menard und ihre Mitstreiter zeigen viel Engagement, doch „es kann nicht alles ehrenamtlich passieren“, betonte die Sportlerin. Jetzt müssten auch Jobs für Hauptamtliche, zum Beispiel Sozialarbeiter, geschaffen werden, forderte sie. Viel Hoffnung konnte Kai Gehring ihr da nicht machen – jedenfalls nicht seitens des Bundes. Für mehr Deutschunterricht wurden viele Lehrerstellen geschaffen und im Ministerium Mitarbeiter eingestellt, um die Anträge zügiger abarbeiten zu können. Doch Programme, um beispielsweise Stellen für Sozialarbeiter besetzen zu können, gäbe es auf Bundesebene nicht, sagte Gehring.
Klaus Kirmas konnte allerdings seitens der Katholischen Kirche vermelden, dass es in Zülpich voraussichtlich eine Stelle mit einem Umfang von 15 Stunden die Woche als Flüchtlingskoordinator geben wird. Gehring betonte, dass die Bearbeitung der Anträge deutlich schneller ablaufen müsse. Es sei kein Zustand, über Jahre im Duldungszustand zu verharren. Auf die Frage, was denn der Abgeordnete von diesem Tag mit nach Berlin nähme, meinte er „die Geschichten“. Sie hätten ihn tief bewegt: „Es geht einem nah“. Außerdem sei er hochgradig beeindruckt, was das Ehrenamt leiste. „Dies ist wichtig für die Gesellschaft“. Das ehrenamtliche Engagement ist also auch weiterhin – nicht nur in Zülpich – die Grundlage für das Gelingen der Integration.
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