Zülpich, Langendorf: Wer die Eröffnungsveranstaltung der „Konzerte in der Remise“ auf Burg Langendorf miterleben konnte, kehrte beschwingt und beseelt wieder nach Hause zurück. Brillant, spielerisch und melodiös verlief bereits das erste Einstimmen der Instrumente. Eine vielversprechende Klangwolke wehte durch die alte, liebevoll zum Konzertsaal umfunktionierte Wagenhalle der Burg. Bereits zu diesem Zeitpunkt applaudierte das Publikum begeistert den jungen Musikern des Landesjugendorchesters.
Zu Ehren des vor 200 Jahren geborenen Kölner Komponisten Jaques Offenbach war der dreiteilige Musikabend „à la francaise“ übertitelt. Auf dem Programm stand zunächst Offenbachs „Großes Konzert für Violoncello und Orchester“. Als „absurd schwer“ und „Höllenritt für Cellisten“ hatte Orchesterdirigent Sebastian Tewinkel das Werk zuvor bezeichnet: „Ein ungemein virtuoses Stück.“ Bereits mit 15 Jahren war Offenbach – als Autodidakt – Cellist an der Pariser „Opéra-comique“ und habe sich diese furiose Werk auf den Leib komponiert, führte Tewinkel, der vor 30 Jahren selbst als Geiger im Landesjugendorchester konzertierte, in die Thematik ein.
45 Minuten lang brillierten Solist Bruno Philippe und die jungen Orchestermusiker mit der ungekürzten Originalkomposition. Wiegten und schmiegten sich in die Musik, zerschmelzend, sich auflösend, dann wieder bis zur Dramatik steigernd. Mal keck und burschikos, dann wieder wuchtig und virtuos. Mit geschlossenen Augen spielte sich der junge Cellist in die Herzen der Zuhörer – kraftvoll und gleichzeitig selbstvergessen. Bevor der 1993 in Frankreich geborene Bruno Phillippe die Bühne betrat, hatte er im Hintergrund ein paar Lockerungsübungen absolviert: Dehnte konzentriert die Nackenmuskulatur, ließ seine Hände graziös in der Luft spielen und zupfte kurz an den Saiten seines Instruments. Eine sinnliche Einheit von Mensch und Musik, wie die Zuhörer kurz darauf erleben durften.Erfrischend war es für die Besucher, anschließend mitzuerleben, wie die jungen Talente im Alter von 14 bis 24 Jahren ihre Pause gestalteten: Saßen sie zuvor noch im ‚kleinen Schwarzen‘ oder ‚eleganten Anzug‘ konzertierend auf der Bühne, alberten sie in der kurzen Auszeit vergnügt im Innenhof der historischen Burg herum… So, wie auf dem Schulhof in Jeans und Turnschuhen. Ein Selfie hier, ein Gruppenfoto dort. Spiel- und Lebensfreude pur.
Nach der Pause folgte „La valse“ von Maurice Ravel: Eine zunächst verträumte Walzerkomposition, die zum Schluss abrupt in Dissonanz und Chaos endet. Der bildhaften Musik folgend interpretierte das Jugendorchester die Musik wie ein wogendes Meer und das geschmeidige Dirigat von Sebastian Tewinkel glich einer zärtlichen Choreographie, während im Kopf mancher Zuhörer ein ganzer Spielfilm ablief.
George Gershwins „Ein Amerikaner in Paris“ ließ den Abend ausklingen. „Jetzt kommt nur noch gute Stimmung“, führte Tewinkel in das Stück ein und erzählte eine nette Episode. In den 20er Jahren sei Gershwin in Paris gewesen und wollte bei Ravel Unterricht nehmen. Der konterte jedoch: „Warum wollen Sie ein zweitrangiger Ravel werden, wenn Sie ein erstrangiger Gershwin sein können?“ Er sollte recht behalten – der Abend endete zart und trotzdem temperamentvoll.Ein gelungener Auftakt für die Tournee durch Nordrhein-Westfalen und zu Auslandsgastspielen. Eins ihrer Konzerte führt das Landesjugendorchester nach Frankreich: Mitte Juni werden sie nahe Paris im Schloss Compiègne konzertieren – dort, wo auch Jacques Offenbach häufig zu Besuch war.
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