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Der Feldhamster ist in Nordrhein-Westfalen vom Aussterben bedroht. [Foto: Peter Schütz]

Kann der Feldhamster gerettet werden?

Zülpich: Das Überleben des Feldhamsters in der Zülpicher Börde hängt an einem seidenen Faden, dieser Meinung ist Christian Chmela, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft. Er hatte die Moderation für die erste Tagung zum Thema „Feldhamster“ kürzlich in der Zülpicher Bürgerbegegnungsstätte Martinskirche übernommen, zu der der Naturschutzbund (NABU) eingeladen hatte. „Fast weg – der Feldhamster in NRW“ hieß der Titel der Veranstaltung und rund 60 Teilnehmer, überwiegend aus Nordrhein-Westfalen, waren gekommen, um darüber zu diskutieren, wie der Feldhamster gerettet werden kann. Vertreter vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, (LANUV), dem Umweltministerium des Landes und der Landwirtschaft waren ebenso vor Ort wie Naturschützer.

Das kleine possierliche Tier, das noch bis in die 1970er Jahren als Schädling bekämpft wurde, ist heute vom Aussterben bedroht. Die Zülpicher Börde ist in Nordrhein-Westfalen der einzige Lebensraum, wo der kleine Nager noch vorkommt. In den beiden weiteren Gebieten – Rommerskirchen und Pulheim – ist er inzwischen verschwunden. Doch auch in der Börde wird es eng für ihn, denn die Bestände haben sich in den letzten Jahren drastisch verringert. Zwar sind die fruchtbaren Lössböden der Region genau das Richtige für den Feldhamster, doch die extensive Landwirtschaft, natürliche Feinde wie der Fuchs oder Greifvögel, aber auch die Erschließung von Baugebieten haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass sich die Population stark verringert hat. Rund 1.500 Tiere sind das Minimum für einen sich selbst erhaltenen Bestand. Dann kann er auch Beeinträchtigungen durch natürliche Feinde oder den Menschen verkraften.

Nur noch zehn Bauten
Ute Köhler ist federführend im Monitoring des Feldhamsters im Raum Zülpich. Jedes Jahr zählt sie mit Naturschutzkollegen die Bauten in den Feldern. 22 waren es noch im vergangenen Frühjahr, im Sommer nur noch zehn. Wer weiß, ob jetzt im März überhaupt noch Bauten gefunden werden, zeigte sich Chmela pessimistisch. In der Vergangenheit war es zwar durch Maßnahmen im Vertragsnaturschutz gelungen, den Rückgang zu verlangsamen. Landwirte erklärten sich dabei unter anderem bereit, eine bestimmte Fruchtfolge einzuhalten, den Boden nur in bestimmten Zeiträumen zu bearbeiten, Stoppeln stehen zu lassen und in einem Gebiet auf die Ernte zu verzichten. Diese Verträge laufen über fünf Jahre und müssen dann erneuert werden. Keine gute Perspektive für eine langfristige Erhaltung des Lebensraumes. Der stetige Rückgang des Vorkommens konnte durch diese Maßnahmen nicht aufgehalten werden.

Tobias Reiner, Doktorand im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, beschäftigt sich seit 2006 intensiv mit dem Feldhamster. Es sei europaweit ein drastischer Rückgang festzustellen, in Deutschland sei es das am stärksten gefährdete Säugetier, erklärte er. Reiners beschäftigt sich intensiv auch mit der Genetik der kleinen Nager und konnte eindeutig die Verwandtschaft der Tiere in NRW, Belgien und den Niederlanden feststellen. Diese Populationen stellen zwar keine eigene Unterart bei den Feldhamstern dar, doch sie sind trotzdem eine Besonderheit in der Gattung.

„Wir müssen das genetische Erbe erhalten“, meinte Reiners. Helfen können dabei vielleicht die Niederländer, denn im Gaia Zoo in Kerkrade, Süd-Limburg, beschäftigen sie sich schon länger mit der Nachzucht der Tiere und können auf diesem Gebiet große Erfolge vorweisen. Experte Boena van Noorden berichtete von der Arbeit und den Möglichkeiten. Auch in der Auffangstation Metelen im Münsterland wird gerade eine Nachzuchtstation aufgebaut. Christian Chmela würde jedoch lieber auf die langjährigen Erfahrungen der Niederländer zurückgreifen, um eine Nachzucht des Zülpicher Feldhamsters in die Wege zu leiten. Hier wird aber auch das Umweltministerium mitreden, denn von dort wird schließlich das Geld kommen müssen.

Wege zur Rettung
In einer Podiumsdiskussion am Ende der Veranstaltung gingen die Meinungen für das richtige Konzept zur Rettung des kleinen Nagetiers auseinander. Selbst wenn die Nachzucht gelänge, müsse es ein nachhaltiges Konzept geben, um dem Feldhamster dauerhaft einen Lebensraum in der Zülpicher Börde zu schaffen, forderte beispielsweise eine Tagungsteilnehmerin. Es müsse ein ausreichend großes Gebiet geben, das ausschließlich für den Feldhamster da sei. Dies forderte auch Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU-NRW, „es müssen langfristig Hamsterschutzgebiete geschaffen werden“. Tobias Reiners betonte, dass es mehr hauptamtliche Kräfte brauche, die nach dem Hamster sähen. Ohne Vollzeitstellen gehe es nicht, meinte er mit Blick auf das Landesministerium. Dr. Ernst-Friedrich Kiel vom Umweltministerium NRW bemängelte dagegen ein fehlendes Konzept, vorher könne es kein Geld geben. Einig waren sich die Teilnehmer, dass schnellstmöglich etwas unternommen werden muss. Und langsam scheint wirklich Bewegung in die Rettung des Feldhamsters zu kommen. Treffen von Vertretern der Biologischen Stationen mit dem LANUV seien inzwischen vereinbart, meinte Chmela. Gespräche mit den Landwirten sind geplant und auch mit der Stadt Zülpich soll es wieder einen Austausch geben.

Die Erfolge der geplanten Maßnahmen werden davon abhängen, wieviele Feldhamster in der Zülpicher Börde noch gefunden werden. Im März wird der Nager wieder aktiv und dann müssen sich die Experten auf die Suche nach den Bauten machen. Es bleibt die Hoffnung, dass noch Tiere für die Nachzucht vorhanden sind. Dann gibt es vielleicht in einigen Jahren eine Tagung in Zülpich mit dem Titel „Der Feldhamster – wieder da“.

19.2.2016NaturZülpich1 Kommentar pg

Bisher 1 Kommentar
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  • Nicht die extensive Landwirtschaft setzt dem Hamster, sondern die intensive…

    und wohl auch die Vorgehensweise der Laga Zülpich…. oder?

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