Eifel: Vor Kurzem haben wir uns einen neuen Herd gekauft – der alte hat leider das Zeitliche gesegnet und wollte partout nicht mehr richtig heiß werden. Es musste also ein neuer her. Und wenn schon neu, dann richtig, dachte ich mir. Da ich gerne Brot backe, sollte es ein Ofen mit Dampfzufuhr sein. Alles kein Problem, der Verkäufer hatte ein passendes Gerät vorrätig und lenkte unseren Blick auf die vielen Möglichkeiten des modernen Backofens. Mir kamen sofort ein paar leckere Rezepte in den Sinn – Flammkuchen hatten wir länger nicht oder eine feine Brokkoli-Quiche. Ofengemüse ist auch sehr lecker, oder vielleicht könnte ich mal wieder etwas Geschmortes zubereiten, mir lief schon das Wasser im Mund zusammen.
Doch dann stutzten wir: Der Backofen sollte ein Sabbat-Programm haben. Mein Mann und ich schauten uns an, wir hatten scheinbar den gleichen Gedanken. Ein Sabbat-Programm? Stellt der Backofen freitags mit Sonnenuntergang das Arbeiten ein? Funktioniert er dann erst wieder samstags mit Sonnenuntergang? Stellen Sie sich das einmal vor. Keine leckere Quiche am Freitagabend, kein Kuchen am Samstag – der Backofen hat schließlich seinen freien Tag. Ob es auch Öfen mit einem christlichen Programm gibt? Diese Frage kam mir daraufhin schnell in den Sinn. Auch nicht besser, dachte ich, dann gibt es sonntags nichts aus dem Ofen. Meine Gedanken kreisten weiter. Was wäre, wenn es Öfen mit einer Ramadan-Funktion gäbe! Einen Monat erst backen, wenn die Sonne untergegangen ist. Du meine Güte, dann könnte ich meine Brote vier Wochen lang nur noch nachts backen. Tut mir leid Schatz, ich kann noch nicht ins Bett, ich muss noch Brot backen. Wenn du schon längst schlummerst, komme ich dann nach, träum‘ süß. Aber wenigstens gäbe es dann morgens frisches Brot – ich allerdings hätte keinen Schlaf mehr.
Während ich noch so meinen Gedanken nachhing und mir dachte, ich möchte doch lieber einen atheistischen Herd – ohne freie Tage und Urlaubsanspruch – da war der nette Verkäufer in der Bedienungsanleitung fündig geworden und klärte uns auf: Bei der Sabbat-Funktion hält der Backofen die Speisen 74 Stunden lang warm.
„Die Speisen im Garraum bleiben warm, ohne dass Sie ein- oder ausschalten müssen. Es lässt sich eine Temperatur zwischen 85 Grad Celsius und 140 Grad Celsius einstellen“, stand dort.
74 Stunden! In Worten: Vierundsiebzig Stunden wird das Essen warm gehalten. Hätte Sie einen Tipp für mich, welche Speisen ich drei Tage und zwei Stunden warm halten sollte? Dann kommt mir die Quiche ja schon alleine aus dem Ofen gesprungen, wenn ich sie drei Tage permanent der Wärme aussetze.
An dieser Stelle war auch der Verkäufer etwas ratlos. Wir dachten zusammen nach, wie man diese Funktion nutzen könnte.
- Obst trocknen? Keine schlechte Idee, doch das braucht keine 74 Stunden, außerdem hat der Backofen eine spezielle Dörrfunktion – je nach Obst fünf bis zehn Stunden bei 80 Grad Celsius. Sehr praktisch, wenn unser Pflaumenbaum mal wieder eine üppige Ernte für uns bereit hält.
- Niedertemperaturgaren? Eine tolle Methode, besonders Fleisch so richtig zart zu bekommen. Aber auch diese Zubereitung benötigt keine 74 Stunden, ein bis drei Stunden reichen da völlig.
- Man könnte immer wieder neue Speisen in den Ofen zum Warmhalten stellen. Aber muss das Gerät dafür Tag und Nacht laufen? Warum sollte ich nachts, wenn ich friedlich in meinem Bett liege, den Auflauf warm halten? Für den Fall der Fälle, dass ich nachts aufwache und Hunger bekomme?
Etwas Sinnvolles fiel keinem von uns ein. Gekauft haben wir den Backofen trotzdem, schließlich will unser alter Ofen nicht mehr richtig heizen – und 74 Stunden am Stück schon gar nicht. Aber: Hoffentlich beinhaltet die Sabbat-Funktion nicht doch den jüdischen Feiertag – ich habe schon davon geträumt, dass der Ofen erst samstags nach Sonnenuntergang funktioniert: „Es ist Sabbat, schieben Sie den Auflauf bitte erst um 21.53 Uhr in den Ofen. Erst dann ist die Sonne untergegangen und ich nehme meine Arbeit wieder auf…“
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