Euskirchen: Wer das Grundstück der Brüder Feyzi und Süleyman Sansak betritt, fühlt sich wie im Garten Eden: Auf dem etwa 650 Quadratmeter großen Gelände wachsen – mitten im Euskirchener Stadtgebiet – 20 prachtvolle Feigenbäume. Daneben Aprikosen, Pfirsiche, Weintrauben, Pflaumen und sogar ein Maulbeerbaum. Ganz wie in ihrer ehemaligen Heimat.
Als aramäische Christen wurde die Familie in Südostanatolien unterdrückt und verfolgt. „1985 kamen wir nach Deutschland und haben hier Asyl beantragt“, erzählt Feyzi. Damals war er 17. Sein älterer Bruder Süleyman, der in der Türkei noch seinen Wehrdienst ableisten musste, folgte ein Jahr später. Gemeinsam fassten sie Fuß in der neuen Heimat, fanden solide Arbeit bei einem Euskirchener Unternehmen und konnten bereits zehn Jahre später ein eigenes Haus erwerben.
„Früher standen hier noch 33 riesige Tannenbäume“, erinnern sich die beiden Brüder beim Blick in ihren Garten. Nun ist es ein Gärtner-Paradies. Zunächst mussten die Neubürger aber viel Geld in die Hand nehmen, um den völlig verschatteten Grund roden und freiräumen zu lassen. Ihr Wunsch: „Wir wollten Obst und Gemüse anbauen wie zuhause!“ Seitdem experimentieren sie. Neun verschiedene Feigen-Sorten gedeihen inzwischen prächtig mitten in Euskirchen. Die Äste und Zweige hängen in diesem Jahr so voller Früchte, dass sie mit Holzkonstruktionen abgestützt werden müssen. Je nach Herkunftsland sehen die Feigen ganz unterschiedlich aus: Mal kompakt wie eine Limone, dann wieder länglich wie eine Birne. Manche Sorten tragen nur einmal im Jahr, andere Arten reifen von Juli bis Oktober immer wieder nach. „Sie haben verschiedene Mentalitäten. Genau wie wir Menschen“, meint Feyzi mit hintergründigem Lächeln. Die Feigenbäume stammen aus ganz Europa. Ein kleiner Setzling sogar aus Australien. Aber eines haben alle Sorten gemeinsam: Sie sind zuckersüß und zergehen auf der Zunge.
Schon von klein auf lernten die Brüder, verantwortungsvoll mit der Natur umzugehen. „In unserer Heimat haben wir von der Natur gelebt, alles mit der eigenen Hand angebaut mit Wasser aus dem eigenen Brunnen.“ Diesen „grünen Daumen“ – wie wir hier in Deutschland sagen – beweisen sie auch in Euskirchen. Unterschiedlichste Tomatensorten, Paprika, Lauch und türkische Kohlrabi reifen um die Wette – ganz ohne Dünger und chemische Keule. Zwischen den einzelnen Beeten liegen Holzbohlen, damit man auch bei nassem Wetter trockenen Fußes ernten kann. Drei Gurkenbeete sind eigens angelegt worden, um Samen für den nächsten Sommer zu ziehen: Eine nachwachsende Samenbank für den Erhalt alter Gemüsearten.
Selbst von harten Wintern in der Eifel hat sich Familie Sansak nicht unterkriegen lassen. „Bis minus 15 Grad halten die Bäume aus“, wissen sie aus Erfahrung. Denn ihre Feigenbäume stehen nicht etwa im Glashaus, sondern trotzen im Freien den Eifeler Temperaturen. Ab minus 20 Grad und kälter kann es aber kritisch werden. In manchem Winter erfrieren nur die jungen Jahrestriebe. „Im nächsten Frühjahr treiben sie dann neu aus“, versichern die beiden Brüder. Manchmal bedeutete der harte Frost aber auch das Aus für einige Arten. Doch unverdrossen wurde jeder erfrorene Baum gefällt und durch ein neues Bäumchen ersetzt.
„Gestern haben wir 20 Kilo Feigen geerntet“, erzählen die Brüder strahlend. Einen Großteil der köstlichen Früchte verteilen sie innerhalb der eigenen Familie. Auch Freunde und Nachbarn werden regelmäßig mit den Früchten des Gartens versorgt. Ein wundervolles Beispiel für gelungene Integration. Als ich nach dieser herzlichen Begegnung voller Gastfreundschaft wieder nach Hause fahre, bekomme ich ebenfalls eine Tüte mit auf den Heimweg: Prall gefüllt mit köstlichen Feigen, Pflaumen und Gurken. Danke!
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