Heimbach, Blens: Im 300 Seelenort Blens hat die heute 28-jährige Désirée Güster eine glückliche Kindheit verbracht, in der es ihr materiell an nichts fehlte, Lebensmittel nie Mangelware waren. Ein Weihnachtsfest mit vielen Geschenken und gutem Essen war für sie selbstverständlich. Dass es anderen Kindern und Jugendlichen nicht unbedingt so gut erging wie ihr und schon gar nicht zu Heiligabend, erfuhr sie spätestens als Sechszehnjährige am Gymnasium in Kreuzau. Die Lehrer erzählten von der Tafel Düren, die Lebensmittel an Hilfebedürftige verteilt. Gerade lief deren Weihnachtspaketaktion: Jeder kann Essenspakete für Bedürftige mit allerlei Leckerem für das Weihnachtsfest an die Tafel spenden. Auch die Schüler konnten sich beteiligen. Désirée machte mit. Die Aktion bewegte sie. Ein Paket, das reichte ihr nicht. Sie wollte mehr bewegen. Wenn es so einfach ist, Gutes zu tun, dann könnten doch weitere Menschen auch in ihrem Dorf mitmachen, dachte sie und sprach mit ihrer Mutter Elisabeth Bongard. Gemeinsam riefen sie die Weihnachtspaketaktion für die
Tafel Düren in Blens ins Leben. Jeder Dorfbewohner, der möchte, kann zu einem vorab mitgeteilten Tag im Dezember sein Paket in das Blenser Haus des Gastes zu Désirée und ihrer Mutter bringen. Vater Heinz fährt die Pakete dann mit dem Anhänger zur Tafel nach Düren.Seit 1997 gibt es die Tafel Düren bereits. Gründerin war die pensionierte Lehrerin Wera Hergersberg. Sie las beim Friseur in einer Frauenzeitschrift über die ersten Tafeln Deutschlands in Berlin (1993) und Hamburg, erzählt Edith Becker, die heutige Leiterin. „Das kann ich auch“, sagte sich Wera Hergersberg und dachte an ehemalige Schüler, die in armen Verhältnissen lebten. Die Lebensmittel erhielten sie und ihre ersten Helfer von Geschäften aus Düren: Unverkauftes, aber noch Verzehrbares wie Backwaren, Obst, Gemüse und Frischeprodukte, das andernfalls im Müll landen würde.
Anfangs lieferten sie die Ware im eigenen Auto bei den Bedürftigen daheim aus. 1998 stellte ihnen der 1995 gegründete Dachverband ein Auto. Immer mehr Bedürftige meldeten sich. Wera Hergersberg organisierte nun Ausgabestellen in der Stadt, die Mitarbeiter mit dem Auto anfuhren und dort den wartenden Menschen die Lebensmittel aushändigten. 2010 öffnete die Tafel Düren ihren Laden in der Bücklersstraße, ein Jahr bevor Edith Becker die Leitung übernahm.
Das Dürener Team besteht heute aus etwa hundert ehrenamtlichen Mitarbeitern. Sie versorgen 80 bis hundert Haushalte pro Wochentag und damit 2.000 Menschen wöchentlich. Die Tafeln entscheiden individuell über die Bedürftigkeit. Die Kunden legen in der Regel ihren Leistungsbescheid vom Jobcenter vor und erhalten daraufhin eine Kundenkarte, die ein Jahr gültig ist. Danach müssen sie ihre Bedürftigkeit erneut nachweisen. Jeder Kunde kann einmal in der Woche zur Tafel Düren kommen und zahlt für die erworbenen Lebensmittel einen kleinen Obolus: Haushalte mit ein bis zwei Personen zahlen 1,50 Euro, mit drei bis vier Personen zwei Euro. Für Haushalte ab fünf Personen und mehr sind es 2,50 Euro. In die Bücklersstraße kommen Menschen, die Arbeitslosengeld I beziehen, Menschen mit Hartz IV, Familien, in denen ein Elternteil arbeitet, aber so wenig verdient, dass das Einkommen bis zur Grundsicherung vom Staat aufgestockt wird, Menschen, die nach dem Asylbewerbergesetz Geld erhalten, und Rentner mit kleiner Rente. Aber auch sonstige wirtschaftlich in Not geratene Menschen, etwa Selbständige nach einer Firmenpleite, können zur Tafel Düren gehen, bis sie wieder auf eigenen Füßen stehen. Rentnerinnen machen eine große Gruppe aus, Hausfrauen aus und nach den Kriegsjahren, die mit den verbliebenen 60 Prozent der Rente aus der Zeit, als der Mann noch lebte, jetzt nicht mehr genug Geld im Monat haben. Viele Kundinnen sind auch junge, alleinstehende Mütter mit bis zu drei Kindern, die wenn überhaupt vermutlich erst mit über 30 die Möglichkeit zu einer Berufsausbildung haben werden, sagt Edith Becker.
Die Tafel erhält auch Palettenware aus Überproduktionen von verschiedenen Herstellern: Konserven, Zucker, Marmeladen. Außerdem versorgt der Logistikverband der Tafeln in Deutschland Düren mit weiteren Produkten. Die Dürener Tafel beliefert zusätzlich täglich zwölf Jugendheime und dreizehn Kindergärten in Stadtteilen mit vielen Hartz IV-Empfänger. Kinder, die ohne Frühstück in den Kindergarten kommen oder nachmittags nichts mehr zu essen haben, erhalten Brot, Brötchen und mit Obst und Gemüse einen gesunden Snack für zwischendurch.
Rund 60.000 Ehrenamtliche in bundesweit 947 Tafeln unterstützen 1,65 Millionen Menschen, darunter etwa ein Drittel Kinder und Jugendliche. In den Kreisen Düren, Euskirchen und in der StädteRegion Aachen gibt es zirka 35 Tafeln. Rund 3.000 Ehrenamtliche versorgen hier bis zu 50.000 Bedürftige. Die Ehrenamtler aller Tafeln in Deutschland spenden mit ihrem Engagement zwei Millionen Stunden Zeit pro Monat mit einem wirtschaftlichen Gegenwert von 18 Millionen Euro. „Die Tafeln sind keine Vollversorger, sondern ein freiwilliges und ergänzendes Angebot, mit dem sich armutsbedrohte oder betroffene Menschen finanziell entlasten können und wo sie einen Ort zur Begegnung finden. Dieser Aspekt ist ebenso wichtig wie die Lebensmittelspenden, denn viele arme Menschen sind ausgegrenzt, können an der Gesellschaft nicht teilhaben und vereinsamen“, erklärt Anna Verres vom Dachverband. In Deutschland müsse zwar niemand hungern, aber es gebe Armut. Tafeln tragen dazu bei, diese Armut sichtbar zu machen und Politik und Gesellschaft anzuklagen. Der Dachverband fordert seit vielen Jahren, dass Politik Armut nachhaltig, verbindlich und an der Ursache bekämpft.
Die Tafeln können nur das weiterreichen, was sie selbst gespendet bekommen. Eine Möglichkeit bietet die Weihnachtspaketaktion in der Arena Kreis Düren. 900 Pakete werden benötigt. Auf diesem Weg sollen auch in diesem Jahr Menschen ein schönes Weihnachtsessen erhalten, die es sich ansonsten nicht leisten können. In den Paketen können etwa Konserven, Tee, Kaffee, Süßigkeiten enthalten sein. Lediglich auf Wurst und Fleischwaren bittet Edith Becker zu verzichten, weil die Pakete in der Arena nicht gekühlt werden können. Die Annahme der Pakete erfolgt am Dienstag, 17. Dezember, zwischen 10.00 und 18.00 Uhr, die Abgabe am Mittwoch, 18. Dezember, von 10.00 bis 14.00 Uhr. Zusätzlich können gut erhaltene Kinderbücher und Spielsachen außer Plüschtieren gespendet werden. Die Freude der Kunden ist Edith Beckers Motivation. „Manch ältere Dame sagt uns, dass unser Weihnachtspaket das einzige ist, was sie zu Weihnachten bekommt. Viele Kunden bedanken sich für unsere Arbeit im laufenden Jahr. Dann lohnt sich die Arbeit und unsere Mitarbeiter freuen sich schon jetzt auf die Aktion.“
Auch in Blens wird wieder für die Aktion gesammelt. Am Sonntag, 5. Dezember, nehmen Désirée Güster und ihre Mutter Elisabeth Bongard die Pakete von 15.00 bis 18.00 Uhr in Empfang. „Die Aktion ist in Blens zur Tradition geworden. Die Bereitschaft zu spenden hält an. Jedes Jahr kommen gut 40 Pakete zusammen. Das ist für so ein kleines Dorf ein toller Erfolg. Teilweise bringen Menschen sogar von außerhalb die Pakete zu uns“, freut sich Elisabeth Bongard. Gerade im Advent werde zu vielen Spendenaktionen aufgerufen, sagt Désirée Güster. „Bei der Weihnachtspaketaktion wissen die Spender, dass ihre Spende bei den Betroffenen auf jeden Fall ankommt.“
Weitere Informationen unter tafeln.de, tafel-nordrhein-westfalen.de und duerener-tafel.de.
Hier geht es zum Spendenkonto der Tafel Düren.
Auch mit unserer EIFELON Weihnachtsgruß-Aktion können Sie die Tafel Düren unterstützen. Für jede geschaltete Grußkarte erhält die Tafel 25 Prozent des Erlöses.
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