Heimbach: Was als privates Experiment begann, ist ein Vorzeigemodell für ganz Nordrhein-Westfalen geworden. Seit exakt 30 Jahren sorgt der Bürgerbus Heimbach e.V. dafür, dass auch im ländlichen Raum die Lücken im öffentlichen Personennahverkehr geschlossen werden können. Am 27. September 1986 war die „Jungfernfahrt“. Seitdem haben die ehrenamtlichen Fahrer mehr als zwei Millionen Kilometer zurückgelegt.
„Das ist 5,3 Mal bis zum Mond“, meint Gründungsmitglied Gerd Linden strahlend, als der Kleinbus unter dem Applaus des „Fahrerlagers“ nach seiner vierten Jubiläumsfahrt für diesen Tag vor dem Heimbacher Haus des Gastes einläuft. Am Steuer sitzt Kai Küpper – Kopilotin auf dem Beifahrersitz ist seine kleine Tochter Julie.
Momentan sind es 43 Frauen und Männer, die tagtäglich den Busservice aufrechterhalten. 18 von ihnen gehören noch zur ersten Garde, die damals ‚einfach nur‘ den sicheren, privaten Transport ihrer Pänz zum nächstgelegenen Kindergarten garantieren wollten. Ihr Bürgerbus-Projekt war eins von fünf Versuchsmodellen, die 1985 von Verkehrsminister Dr. Christoph Zöpel in die Erprobungsphase aufgenommen wurden. Mittlerweile transportieren die engagierten Ehrenamtler der ersten Stunde ihre Enkel…
Diese Vorschulkinder wissen schon ganz genau, was es heißt, Geburtstag zu feiern. Deshalb krähten die Kleinen voller Inbrunst das Lied „Happy Birthday“, als Heinz Graffenberger die Pänz pünktlich mit dem Frühbus abholte und sie zum Kindergarten kutschierte. Er sitzt seit 28 Jahren hinterm Steuer. „Direkt nach seiner Jubiläums-Tour hat er mich angerufen und von diesem unvergesslichen Geburtstagsständchen erzählt“, sagt Elke Linden, die seit 30 Jahren die Einsatzpläne der Fahrer koordiniert. In vier Takten pro Tag sorgt der Bürgerbus für Mobilität bei Groß und Klein. Nicht nur bei den Einheimischen, sonder auch für Touristen. Der Frühbus zieht ab 7.44 Uhr seine Runden, der Abendbus endet in Heimbach um 18.20 Uhr.
Wolfgang Umlauf ist ein „Spätberufener“, wie er selber formuliert. Er sitzt erst seit vier Jahren hinter dem Lenkrad des Heimbacher Bürgerbusses. Dafür hat er aber – alle 14 Tage – gleich eine Doppelschicht übernommen. Getaktet sind die regionalen Abfahrtzeiten nach dem offiziellen Sommer- oder Winterfahrplan des ÖPNVs. Der Fahrpreis ist mehr als moderat: Erwachsene zahlen 1,50 Euro, Kinder jeweils einen Euro.
Bereits drei Monate im Voraus werden die Dienstzeiten und Touren der Ehrenamtler eingetragen, denn jeder im Team muss sich seine persönlichen Einsatzzeiten freischaufeln – neben Familie und Beruf. Dieses dichte Netzwerk garantiert, dass auf „BB“ immer Verlass ist. „Zusätzlich haben wir ein Team von ‚Springern’“, erklärt Gerd Linden. 16 der momentan 43 Fahrer, die aufgrund des „kleinen Personenbeförderungsscheins“ Fahrgäste transportieren dürfen, sind unter 60 Jahre alt. Sie werden alle fünf Jahre vom Amtsarzt auf Herz und Nieren geprüft. Fahrer, die älter als 65 Jahre sind, erfüllen diesen Gesundheits-Check jedes Jahr. „Damals haben wir nicht erwartet, dass der Bürgerbus eine so verlässliche Größe in unserer Stadt wird“, lobt Bürgermeister Peter Cremer das ehrenamtliche Engagement bei der Feierstunde im Fahrerlager.
Um den Fahrer-Nachwuchs müssen sich die Heimbacher – hoffentlich! – keine Sorgen machen, denn die Kindergartenkinder kamen spontan vorbei und wiederholten ihr Geburtstagsständchen. Anschließend überreichten sie rote Luftballon-Herzen an die aktive Fahrercrew. Berufswünsche wie Feuerwehrmann oder Lokomotivführer haben bei den kleinen Heimbachern offensichtlich keine Chance. Auf die Frage von Gerd Linden, wer denn zukünftig den Bürgerbus fahren wolle, schnellten alle Finger in die Höhe. Gute Aussichten für das Team, denn Gerd Linden legt 2018 den Vereinsvorsitz nieder. Bis die kleinen Fahrgäste allerdings selber den vertrauten Bürgerbus durch die Eifel steuern können, werden noch weitere „Ritter der Landstraße“ gesucht…
Zur Feier des Tages hatten die „Bürgerbusler“ übrigens – auf eigene Kosten – kurzfristig ein Logo in Auftrag gegeben. Auf beiden Seitenscheiben des neunsitzigen Busses leuchtet der Slogan „30 Jahre Bürgerbus Heimbach. Wir sagen Danke.“
Die beiden anderen tragenden Säulen eines funktionierenden Bürgerbus-Betriebes sind – wie beim Beispiel der Heimbacher Initiative – die Kommune und das jeweilige Verkehrsunternehmen. Von der kommunalen Behörde wird der Verwaltungsaufwand erledigt: Das beinhaltet die Abwicklung der Zuwendungsbescheide, die sichere Unterbringung der Fahrzeuge sowie Unterstützung bei organisatorischen Arbeiten – von der Kopie bis zum Adressenaufkleber.
Das örtliche Verkehrsunternehmen organisiert die Sicherung der Konzession, gewährleistet die Fahrerausbildung und koordiniert die Fahrpläne, damit sich die ehrenamtlichen Fahrten lückenlos in den ÖPNV einklinken und so besonders im ländlichen Bereich gravierende Lücken schließen können.
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