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Helmut Heuer wurde mit vielen Urkunden geehrt. [Foto: bwp]

Friedliche Konfliktbewältigung: Schlichten, statt richten

Heimbach: „Das Wichtigste ist, dass man neutral bleibt.“ Schließlich sei sein Auftrag immer gewesen: „Schlichten, statt richten.“ Streitereien über den Gartenzaun gebe es überall, weiß Helmut Heuer als ehemaliger Schiedsmann in Heimbach. Die Probleme waren während seiner zwölfjährigen Amtszeit vielfältig: Mal krähte ein Hahn zu laut und vor allem zu früh… Dann störte ein Mauerbewuchs… Oder eine Wäschespinne stand auf einem angeblich fremden Grundstück. Und wer muss eigentlich den Schnee wegschaufeln, wenn er vom Nachbardach vor die eigene Garage purzelt?

Heuer hat viele verfahrene Situationen mit Geduld, Menschenkenntnis und einer großen Portion Humor entschärft. Wenn ihm eine Anfrage allerdings „zu nahe“ kam, hat er solche Konflikte an seine Vertretung abgegeben. „Ich wollte nicht, dass irgendeiner auch nur vermuten könnte, ich sei parteiisch.“ Sein untrügliches Bauchgefühl gab ihm recht. In seiner Amtszeit gelang es ihm immer, eine einvernehmliche Lösung zu finden, ohne Gerichte zu beschäftigen.

Und das, obwohl sich manche Konflikte im Laufe der Jahre regelrecht hochschaukelten. Das weiß er aus Erfahrung. „Dann habe ich die Kontrahenten häufiger wiedergesehen.“ Doch mit trainierter Gesprächsleitung habe er es stets geschafft, den Streit zu zähmen und den gärenden Konflikt beizulegen.

Angelegenheiten aus Nachbarschaftsrecht, Strafrecht und Sühneverfahren – also körperliche Gewalt oder Beleidigungen – musste er aus dem Eff-Eff beherrschen, deshalb besuchte er regelmäßig Weiterbildungsseminare, um auf dem neuesten Stand der Rechtsprechung zu bleiben.

 Ich habe immer einen Kompromiss herbeiführen können, selbst wenn eine Sitzung dann auch mal gut viereinhalb Stunden dauerte.“

Nie fanden diese klärenden Gespräche in seinem eigenen Haus statt. „Das war mir viel zu privat. Ein Treffen im Rathaus, meist im Trauzimmer, war bei solchen Streitschlichtungen angemessener.“ Der offizielle Treffpunkt, die Nähe zur Verwaltung flößte so manchem Streitlustigen schon im Vorfeld Respekt ein. Und wollte manchmal ein eigens mitgebrachter Anwalt Druck machen, verwehrte ihm der Heimbacher Schiedsmann jegliche Einmischung. „Ich hatte dort das Hausrecht und die beiden Kontrahenten sollten ja – gemeinsam mit mir – eine konstruktive Lösung finden.“

Auch die Sitzordnung könne bereits „Druck aus dem Kessel nehmen“, beschreibt er viele seiner Vermittlungsgespräche. Deshalb hat Heuer stets darauf geachtet, dass sich die beiden Konfliktparteien nicht frontal gegenübersitzen. „Ich habe mich immer dazwischen gesetzt“, meint er mit entwaffnenden Lächeln.

Seine Vermittlungsprotokolle hielt Helmut Heuer stets handschriftlich fest. [Foto: bwp]

Schmunzelnd lässt Heuer so manche seiner friedensstiftenden Verhandlungsgespräche Revue passieren. Selbst bei dem stimmgewaltigen „Problem“-Hahn sei eine Lösung gefunden worden. „Er sollte morgens einfach länger im Stall bleiben… Doch das aufgeweckte Tier schien wohl einen großen Freiheitsdrang zu haben: Er fand stets ein Schlupfloch und verkündete den Sonnenaufgang. „Wir leben halt auf dem Land“, meint Heuer lächelnd. Da müsse man auch akzeptieren, wenn mal Nüsse vom Nachbarbaum aufs eigene Grundstück fallen.“

„Bei mir kostete eine Vermittlung höchstens 50,00 Euro. Zweidrittel davon waren Verwaltungskosten. 10,00 Euro gingen dann an die Stadt, zehn an mich. Wer wegen eines Nachbarschaftsstreits aber sofort zum Anwalt läuft, ist mindestens 500,00 Euro los“, beschreibt Heuer seine jahrelange Konfliktlösung auf dem kleinen Dienstweg.

Es gibt aber auch notorische Zanker. Wegen jeder Kleinigkeit rennen die zum Anwalt“,

weiß der ausgeschiedene Schiedsmann aus Erfahrung.

Ende vergangenen Jahres wurde Helmut Heuer unter dem Applaus von Rat und Verwaltung verabschiedet und seine Nachfolgerinnen ins neue Amt gewählt. Kay Hammerschmidt steht noch ganz zu Beginn ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit. „Letzte Woche bin ich vereidigt worden und hatte am Wochenende gleich ein Seminar, um mich in die Thematik einzuarbeiten.“ Ihre Stellvertreterin Brit Possardt agiert bereits seit zwei Jahren als damalige Stellvertreterin von Heuer: „Bislang war ich aber nur mit ‚Tür- und Angelfällen‘ beschäftigt, die sofort geschlichtet werden konnten.“

Langweilig wird es dem 72-jährigen Helmut Heuer auch in Zukunft garantiert nicht: Seit 2001 ist er erster Vorsitzender des Heimbacher Eifelvereins und führt weiterhin Wandergruppen durch die Region. Egal, ob im Wald, auf dem Pilgerpfad oder dem Wanderweg: Heuer ist stets schon von weitem zu erkennen. Bei Sonne, Wind und Wetter trägt er einen weißen, australischen Schlapp-Hut – ein Geschenk der dortigen Rettungsflieger an den engagierten Eifeler.

Eigentlich endet die Schiedsmannzeit automatisch mit Vollendung des 70sten Lebensjahres. Da in Heimbach jedoch nicht sofort ein Nachfolger gefunden werden konnte, erhielt Helmut Heuer vom Kreis Düren eine Sondergenehmigung, sein Ehrenamt noch länger auszuüben. Nun hat er seine Tätigkeit zu den Akten gelegt und alle Notizen über die verhandelten Fälle der Stadt Heimbach übergeben.
29.3.2019LebenHeimbach0 Kommentare bwp

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