Nettersheim: Auf der Leinwand tobt der Schneesturm, die Minusgrade sind förmlich zu spüren… Gut, dass der Saal im Naturzentrum Nettersheim geheizt ist. Der Eifeler Fotograf Sven Nieder und seine Frau Laali Lyberth waren es, die die Besucher kürzlich in Nettersheim in eine andere, faszinierende Welt entführten: nach Grönland. Im Mittelpunkt stand das Film- und Fotokunstprojekt Stella Polaris* Ulloriarsuaq (http://stella-polaris.org/de/). Amüsant und kurzweilig erzählte der Fotograf über die Idee und Umsetzung des Projektes, das alle Beteiligten vor große Herausforderungen stellte. Mitunter minus 40 Grad Celsius sind nicht nur für den Menschen schwer zu ertragen, sondern auch die technische Ausrüstung kam an ihre Grenzen.
Entstanden ist das Gesamtprojekt bei einem Besuch des Fotografen in Grönland. Schon vor Jahrzehnten sahen die Grönländer, wie das Eis ihrer Gletscher zu schmelzen begann und der junge Angaangaq Angakkorsuaq wurde in die Welt gesandt, um darüber zu berichten. Das tat er und wurde sogar vor der UN gehört. Für die Grönländer änderte sich nichts, außer dass ihre Gletscher weiter schmolzen. 2009 sollte ein Treffen von Schamanen und Ältesten aus der ganzen Welt in Grönland stattfinden, um ein Feuer anzuzünden. Mit Holz, das in Grönland gewachsen war. So sollte der Welt die Folgen des Klimawandels vor Augen geführt werden. Angakkorsuaq fragte Sven Nieder damals, ob er dieses Treffen im Bild festhalten wolle – der Fotograf sagte sofort zu und lernte bei dieser Arbeit die international renommierte deutsche Fotografin Nomi Baumgartl kennen. Eigentlich sollte es für Nieder ein einmaliges Projekt in Grönland sein, doch die Kultur und die Menschen berührten nicht nur ihn, sondern auch seine Fotografen-Kollegin. Es formte sich eine Idee heraus: den Klimawandel in Bildern zeigen. Doch wie sollte dies geschehen?Die Art der Realisierung verwundert nicht, wenn man sich vor Augen hält, woher das Wort Fotografie kommt: Es stammt aus dem altgriechischen und bedeutet malen, zeichnen mit Licht. Die beiden brachten mit Licht die Gletscher zum Leuchten. Kinder, Älteste, Menschen aller Generationen aus Grönland bekamen Taschenlampen in die Hand gedrückt und sie bestrahlten nachts die Eisberge bei eisigen Temperaturen. Die beiden Fotografen fingen diese Szenerie mit ihren Kameras ein. Sie freuten sich besonders, wenn sich bei den Langzeitbelichtungen das Polarlicht quasi „dazugesellte“. Majestätisch und mitunter mystisch wirken die Gletscher auf den Fotos und erzählen ihre Geschichte.
Auf das Ergebnis ist Sven Nieder stolz, doch er erinnerte sich auch an den ersten Abend in Grönland, bevor das Projekt starten sollte. Ein Schneesturm fegte über das Land und erste Aufnahmen in der Nacht gaben keinen Anlass für Euphorie. Verschwommen präsentierten sich die Eisberge, trotz ausgezeichneter Kameratechnik. War das Projekt gefährdet, die Idee nicht umsetzbar? Eine schlaflose Nacht folgte, doch dann war es soweit: Eine klare Nacht änderte die Szenerie komplett. Die „Lichtbotschafter“ konnten zum Einsatz kommen. Das Team reiste für dieses Projekt quer durch das Land und nahm sich die schönsten Gletscher als Motive vor. Jede Nacht ein anderer Eisberg. Entstanden ist ein Buch, das gleichermaßen fasziniert und berührt. „Nur indem wir das Eis im Herzen des Menschen schmelzen, hat der Mensch die Chance, sich zu ändern und sein Wissen weise anzuwenden,“ sagt der Schamane Angaangaq Angakkorsuaq. Nieder und Baumgartl leisten ihren Beitrag dazu.
Die Aufnahmen sind auch ein Zeitdokument, denn die Eisberge werden kleiner. Er könne jedes Jahr beobachten, wie das Eis schmilzt, meinte Nieder. Auch wenn das Fotokunstprojekt abgeschlossen ist, besucht er Grönland nun regelmäßig. Bei den Arbeiten zu Stella Polaris* Ulloriarsuaq lernte er seine heutige Frau Laali Lyberth kennen. Inzwischen leben sie mit ihrer Tochter in der Eifel – in Daun bei Sven Nieders Familie. Es sollten ursprünglich nur ein paar Monate sein, doch beide verliebten sich in die Eifel. Sven Nieder erneut und seine Frau erstmals. Also wurde der geplante Wohnort Kopenhagen gestrichen und es wurde die Eifel daraus. „Ich finde es hier gemütlich“, bekennt Sven Nieder.
Die Besucher in Nettersheim zeigten sich beeindruckt von der Schönheit der Eisberge und nahmen die Chance war, mit dem unkomplizierten Fotografen über die Fotos zu sprechen und sich über Grönland auszutauschen.
Es wird auch einen Kinofilm über das Projekt geben, die Fertigstellung ist für dieses Jahr geplant.
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.